Freund mit CML, KMT geplant, bin gerade etwas verzweifelt...

Wie gehe ich mit Leukämie im Alltag um? Wie unterstütze ich als Freund oder Angehöriger? Welche Erfahrungen gibt es bezüglich Rente, Behindertenausweis, Psychotherapie, Kur?

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Lilly2507
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Re: Freund mit CML, KMT geplant, bin gerade etwas verzweifel

Beitrag von Lilly2507 » 12.01.2013, 16:42

Hallo Jan!

Vielen lieben Dank für deine Worte, sie haben mir sehr gut getan.

Ich denke auch dass es meinem Freund nach überstandener KMT und der anschließenden Aufbauphase des Immunsystems irgendwann wieder so gut gehen wird, das er sein Leben wieder alleine meistern kann. Nur scheint er im Moment in einer wirklich tiefen Phase seiner Depression zu stecken und dazu kommt natürlich noch die Angst zu sterben. Leider hat es seine Psychologin vorher nicht geschafft ihn wieder aufzubauen, ihm Mut zu machen, weil einfach der Blastenschub dazwischen kam. Ich hoffe sehr für ihn das die Uni Köln gute Psychologen hat, denn ich denke das ist für ihn im Moment sehr wichtig! Er hatte ja in seinem Brief an mich betont das wir weiterhin Freunde sein können und das versuche ich ihm jetzt zu geben. Freundschaft, Mut, Lebenswillen und sei es nur das ich ihn alle paar Tage anrufen und versuche ihn auf andere Gedanken zu bringen. Ich kann mir gar nicht vorstellen wie furchteinflößend und beängstigend die Vorbereitung auf eine KMT sein muss. Aber er hat einen sehr starken Willen (er ist ein Widder), Feigheit vor der Krankheit gibt es bei ihm nicht. So bleibt uns nichts anderes übrig als abzuwarten und die Daumen zu drücken.

LG Steffi
Frauen sind Engel! Nimmt man uns die Flügel weg reiten wir einfach auf unserem Besen weiter, wir sind ja schließlich flexibel!!! :-)

jan
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Re: Freund mit CML, KMT geplant, bin gerade etwas verzweifel

Beitrag von jan » 12.01.2013, 16:09

Liebe Lilly,

herzlichen Dank, dass Du Deine sehr rührende Geschichte mit uns teilst. Ich kann gut nachvollziehen, wie schwer Dir diese Situation fällt. Als CML-Patient, für den 2001 die Aussicht auf Transplantation sehr real war (zu der es dann aber nicht kam), kann ich andererseits auch die "Schneckenhaus-Reaktion" deines Freundes gut nachvollziehen. Auch mir gingen damals ähnliche Zweifel durch den Kopf, ob ich denen, die mir wichtig sind, überhaupt in Zukunft noch zuzumuten bin. Ich hatte damals das Glück, von meiner damaligen Freundin und heutigen Frau sowie meiner Familie aufgefangen zu werden, denn ohne diese wäre es für mich kaum zu schaffen gewesen. Die Depressionen Deines Freundes rühren sicher auch daher, dass aus seiner Perspektive in seinem Leben so viel in Scherben liegt und es Dir, als einem der wenigen, die ihm wichtig sind, nicht zumuten will, mit ihm über den Scherbenhaufen laufen zu müssen. Hilfe bekommen wäre gut, Hilfe annehmen ist in der familiären Situation aber so schwierig.

Wie Du das mit ihm gemeinsam überwinden kannst und ihn in dieser Phase auf andere Gedanken bringen kannst, kann ich natürlich, der ich Euch beide nicht kenne, kaum beurteilen. Was ich jedoch halbwegs überblicken kann, ist die Transplantation einer CML in Blastenkrise mit passendem Spender. Ich möchte das ganze nicht beschönigen, und hoffe, dass Du dies nicht als unangemessen empfindest. Die Chance, eine Transplantation in Blastenkrise zu überleben, steht etwas fifty-fifty - also deutlich schlechter als bei Transplantation in früheren Entwicklungsstufen der CML, die die meisten Patienten überleben. Dies ist aber nur Statistik und gilt nicht für den Einzelfall, und auch wenn Dein Freund einige Risikofaktoren zu haben scheint, ist Statistik nur Statistik. Ich kenne Patienten, die heute trotz mieser Prognose noch Geburtstag feiern.

Was aber nach meiner Erfahrung gar nicht stimmt, ist, dass er aus der Transplantation mit hoher Wahrscheinlichkeit als Pflegefall hervorgeht. Im Gegenteil - auch wenn die erste Phase nach der Transplantationen sicherlich hart ist, weil das neue Immunsystem noch nicht stabil ist, die Immunfunktion noch eingeschränkt ist, und auch Immunreaktionen der Spenderzellen gegen die Zellen des Empfängers ("Spender-gegen-Wirt-Reaktion, GvHD) anfangs akute Probleme verursachen, sind doch gut zwei Drittel der Überlebenden langfristig wieder "normal". Ich kenne eine ganze Menge CML-Patienten, die nach überstandener Transplantation und des ersten steinigen Jahrs heute ein normales Leben führen, in Partnerschaft leben, arbeiten, Freude und Leid im Rahmen des Normalen erleben. Nur eine Minderheit der Patienten hat eine schwerwiegende chronische GvHD, die das Leben stark erschwert - es ist nicht ausgeschlossen, aber eben nicht die Regel.

Dein Freund, auch aufgrund der Depression und auch, weil er diese aus heutiger Sicht nahezu unüberwindbar scheinende Herausforderung vor sich sieht, überschätzt momentan vermutlich die Risiken und glaubt nicht an den guten Ausgang. Das ist durchaus nachvollziehbar, aber rational gesehen nicht richtig. Vielleicht findest Du ja einen Zugang zu ihm, ihm dabei beizustehen.

Ich wünsche Dir dabei viel Fingerspitzengefühl und viel Glück, und Deinem Freund natürlich besonders und von Herzen, dass der 7.2. in Zukunft als sein zweiter Geburtstag gefeiert werden kann - gemeinsam mit Dir.

Liebe Grüße
Jan

Lilly2507
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Freund mit CML, KMT geplant, bin gerade etwas verzweifelt...

Beitrag von Lilly2507 » 12.01.2013, 02:08

Hallo an euch da draußen!

Also erstmal vorweg, dies ist ein tolles Forum und ich habe schon sehr viel gelesen. Darum habe ich mich auch hier angemeldet um vielleicht an euren Erfahrung teilzuhaben, euren Rat zu hören oder auch nur ein tröstendes Wort.
Für alle die nicht gerne viel lesen, dieser erste Eintrag könnte etwas länger werden, ich entschuldige mich schon im voraus.

Ich muß mit meiner Geschichte etwas ausholen, damit der Zusammenhang klar wird. Am besten fange ich einfach an.

Im Jahr 2010 lernte ich in einer Reha einen sehr tollen Mann kennen. Er war dort wegen seiner CML und ich wegen einem Lip-Lymphödem. Schnell war klar das zwischen uns mehr war als nur reine Freundschaft. Leider waren wir beide zu der Zeit in festen Beziehungen und bei ihm waren noch Kinder da, so dass nichts zwischen uns gelaufen ist. Ich fand es damals hochanständig von ihm das er an seine Kinder gedacht hat, obwohl seine Ehe damals wohl schon sehr kaputt war. So haben wir 5 Wochen einfach eine Menge Spaß miteinander gehabt (wir waren eine lustige 4er Gruppe, 3 Mädels und 1 Mann), viel gelacht, viel miteinander geredet und auch miteinander geschwiegen. Nach der Reha ist man über das Internet in Kontakt geblieben, hat sich alle paar Wochen mal geschrieben, aber nie gesehen. Anfang letztens Jahres war es dann bei mir so das ich emotional etwas am Boden war (mein Vater war gerade gestorben, Ärger um das Erbe mit der Schwester und mein damaliger Freund hat anderen Frauen eindeutige Angebote gemacht. Für mich war klar, wenn ich wieder leben will, ich wieder "ich" sein will, muß ich mich von meinem Freund trennen.) Zeitgleich habe ich auch meine Reha-Bekanntschaft wieder angeschrieben, einfach nur um zu hören wie es ihm geht, ob er überhaupt noch lebt.
Er lebte noch und wir haben wochenlang fast täglich miteinander geschrieben, haben unsere Sorgen und Nöte geteilt. Meine Beziehung kaputt, ich war gerade im Begriff eine eigene Wohnung zu nehmen, seine Ehe am Ende. Irgendwie wurde alles immer inniger, die Worte immer liebevoller bis er dann die magischen Worte aussprach das er mich liebt und das wir uns unbedingt sehen müssen!
Geplant, viele Hürden überwunden und im Juli trafen wir uns in meiner Heimatstadt und verbrachten 5 wundervolle Tage miteinander! Er war, er ist!!! die große Liebe meines Lebens, einfach weil er ist wie er ist und das gleiche empfand er auch für mich. Im September kam er mich dann für 2 Wochen besuchen und es waren wieder wundervolle Tage. Wir fingen an vage Pläne für die Zukunft zu machen und uns ein gemeinsames Leben vorzustellen.

Im November war er dann für 3 Wochen bei mir, zwischenzeitlich hatte er sich auch von seiner Frau getrennt. Da merkte ich schon das es ihm nicht mehr so gut geht, da er auch manisch-depressiv ist (aber in Behandlung). Weihnachten habe ich dann bei ihm verbracht. Es waren tolle Tage auch wenn ich merkte das es ihm noch schlechter ging. Zu dem Zeitpunkt war sein HB Wert wohl im Keller und er hat Erypo-Spritzen bekommen. 2 Tage nach Weihnachten als ich schon wieder zuhause war, rief er an weil er mit mir reden müsse. Er machte Schluß!! Einen Tag später bekam ich einen Brief von ihm das er mich nie geliebt hat. Ich war am Boden zerstört. Durch Gespräch meiner Freundin mit ihm konnte wir uns zusammenreimen was passiert ist. Er war zu dem Zeitpunkt wohl in einer so tiefen depressiven Phase, das er gemeint hat mich beschützen zu müssen. Er wollte es mir nicht antun, das ich ihn in ein paar Jahren pflegen müsste, da er ja sowieso ein Pflegefall wird. Nebenbei gemerkt er ist ein sehr sturer und stolzer Mensch.

Vor 3 Tagen habe ich dann erfahren das er zusammengebrochen ist und in der Uni-Klinik Köln liegt mit Verdacht auf Blastenschub. Heute habe ich mich dazu durchgerungen ihn anzurufen. Mittlerweile liegt er auf der Isolierstation! Das zweite Medikament ( April 2012 Blastenschub unter Glivec, Umstellung auf Sprycel) hat auch versagt! Zu seinem großen Glück ist ein Spender vorhanden, die KMT soll am 07.02. stattfinden. Wieder habe ich das Gefühl das mir der Boden unter den Füßen weggezogen wird! Dazu kommt, das er ein Risikopatient ist weil er Asthma hat und eine Herzinsuffiziens. Meine große Angst ist nun ihn völlig zu verlieren weil er die Behandlung vielleicht nicht übersteht. Ich liebe diesen Mann noch immer sehr, bin mir aber auch bewusst, das er vielleicht die richtige Entscheidung "für uns" getroffen hat, da ich selber auch nicht ganz gesund bin. Und wenn ich ihm ein bisschen Zerstreuung geben kann, nur wenn ich mit ihm telefoniere, so mache ich das gerne und stelle meine Gefühle hintenan. Nur ist er sehr negativ, er meint immer noch das er ein Pflegefall wird, auch nach überstandener KMT, das er in betreutes Wohnen kommt wenn er aus dem Krankenhaus kommt und das das auch immer so bleiben wird. Es zerreist mir das Herz und ich kann fast nicht mehr aufhören zu weinen, weil er mir so viel noch bedeutet.

Vielleicht habt ihr ein paar Ideen wie ich ihn aufmuntern kann, oder einfach nur ein paar Worte des Trostes für mich, damit ich weiß das ich nicht alleine in dieser Situation bin.
Ich danke euch fürs Lesen und das ich mich hier "ausheulen" darf.

LG Lilly
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