Selbstverantwortlichkeit

Wie gehe ich mit Leukämie im Alltag um? Wie unterstütze ich als Freund oder Angehöriger? Welche Erfahrungen gibt es bezüglich Rente, Behindertenausweis, Psychotherapie, Kur?

Moderatoren: jan, NL, Marc

karin1956

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von karin1956 » 23.04.2012, 11:09

Ich habe mich eben mal durch alle Beiträge zu " Selbstverantwortlichkeit" gelesen. Nur ein kurzer Beitrag dazu.
Ich bin betroffen (cml ED 2/10 in remmission dank Tasigna)
Mir ist es ehrlich gesagt wurscht wer an den Studien und Medikamenten wieviel verdient.
Dank der Forschung und der Studien habe ich eine gute Lebensqualität
und meine Krankenkasse zahlt ohne zu murren monatlich fast 4000 Euro für meine Medis. Es ist einfach nicht wahr, das die Therapie
nur ein Ausgewählter Kreis bekommt.
Es hätte mir auch freigestanden an einer studie teilzunehmen, ich wollte es aber aus verschiedenen persönlichen Gründen nicht.
Ich bin selbst seit fast 40 Jahren krankenschwester und weis wovon ich rede.

jan
Beiträge: 2271
Registriert: 19.07.2010, 10:14
Wohnort: bei München
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von jan » 21.04.2012, 18:27

Hallo Ralf,

es ist eine gute Idee, diese Diskussion zu beenden, und ich bitte darum.

Mit freundlichem Gruß,
Jan

ralf
Beiträge: 63
Registriert: 11.11.2011, 08:16
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von ralf » 21.04.2012, 13:15

Hallo cicici,
ich schließe mich dir an die Diskussion zu beenden.
Die ganze Zeit über fragte ich mich in diesem Diskussionsverlauf, warum angefeindet, Täterschaft unterstellt wird, Unwissen, Halbwissen, usw. vorgeworfen wird, Aggressionen zum Vorschein kommen, und dies aufgrund meiner ursprünglichen Empathie für die unter Schmerzen Leidenden.
Nun, mit diesen Dingen kann ich gut umgehen und sie berühren mich auch nicht persönlich, bewirken aber noch mehr Fragen in mir, die Frage nach dem Warum.
Die Pharma ist anscheindend nur der Nutznießer von alten Denkstrukturen, die uns daran hindern, unser Leben zu reflektieren, zu hinterfragen, denn solange es Medikamente gibt, brauche ich meinen Lebensstil nicht zu ändern, mein Leben nicht kritisch betrachten.
Und jeder, der sich anschickt, diese vermeindliche "Idylle" in diesem Forum zu hinterfragen, kann nur auf heftigsten Widerstand stoßen.
LG Ralf

NL
Beiträge: 1164
Registriert: 08.10.2010, 16:09
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von NL » 21.04.2012, 07:21

ralf hat geschrieben:...
@NL: Ich habe Jan nie "Käuflichkeit" unterstellt, weder direkt noch indirekt, sondern lediglich angeführt, ob es nicht unbewusste Interessensüberschneidungen geben könnte hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten von Leukämien.
Eine Frage, die mir durchaus stimmig erscheint, wenn man nachliest, wie "gnadenlos" jegliche alternative Methode abgewürgt wird.
Evidenz ist schön und gut, bedeutet jedoch auch gleichzeitig die neuen Erkenntnisse aus der Quantenphysik, der Bioenergetik, der Physiokardiologie, ... , die durchaus von einem Zellbewusstsein und einem höheren energetischen Bewusstsein sprechen, in Frage zu stellen.
Gott kann man auch nicht nachweisen, aber der Glaube und der Geist heilen trotzdem.
....
Ralf,
Deine Formulierungen haben für mich aber nahegelegt, dass du zumindest unbewusst Jan eben doch Käuflichkeit unterstellst, deshalb mein Kommentar. Mit Deinem Kommentar oben wirst Du übrigens in dieser Hinsicht zum Wiederholungstäter.
Wenn Du mich mit dem Abwürgen meinst: ich werde mich hüten, neue Therapien, die eine echte Alternative darstellen, abzuwürgen. Ich rate aber jedem Patienten dringend dazu, alle "Methoden" mit seinem Onkologen abzusprechen, was den Verkäufern der "alternativen Methoden" meistens natürlich nicht passen dürfte. Die Verkäufer der "alternativen Methoden" scheuen die "Evidenz" (also den Beweis der Wirksamkeit ihrer Methode) meist wie der Teufel das Weihwasser.
Die größte Gefahr durch Inanspruchnahme alternativer Methoden besteht meines Erachtens darin, den Beginn einer wirksamen, schulmedizinischen/konventionellen Therapie zu verzögern, zu spät mit einer wirksamen Therapie zu beginnen, die wirksame Therapie zu behindern oder sogar ganz zu versäumen.
Der behandelnde Arzt muss auch alles wissen, was man "nebenher als Mittelchen" einnimmt, weil diese oft Einfluss auf die Therapie haben. Ein Arzt kann dann auch Warnungen vor schädlichen Ansätzen aussprechen.
Eine medizinische Studie dient dazu, die Umsetzbarkeit und Wirksamkeit einer neuen Erkenntnis zu untersuchen und Beweise dafür zu liefern. Die Ergebnisse sind oft enttäuschend, neue Erkenntnisse führen eben nicht immer automatisch zur Heilung. Leider.
Ich habe den Eindruck, dass Du bezüglich Quantenphysik und Bioenergetik keinen blassen Schimmer hast, wovon Du sprichst. Unter Bioenergetik verstehst Du möglicherweise etwas Esoterisches, in meinem Vokabularium ist damit etwas sehr Schulmedizinisches gemeint. Über den Rest breite ich lieber den Mantel des Schweigens.
Gruss & schönes Wochenende
Niko

bertheo
Beiträge: 80
Registriert: 22.11.2010, 17:23
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von bertheo » 20.04.2012, 23:04

Wenn ich dazu neige, den Krebs zu verallgemeinern und nicht auf die differenzierten Krebsbilder eingehe, dann deswegen, weil ich den Krebs, genauso wie jede andere Krankheit auch, nicht als eine "Kriegserklärung der Mutanten an den Körper" sehe, sondern eher als ein Hinweis unseres Körpers, unseres Bewusstsein, unseres wahren Selbst (die Quantenphysik spricht vom reinen Bewusstsein) verstehe, dass wir nicht in Harmonie, in Balance, leben und unser Leben selbstreflektieren, hinterfragen und ändern sollten.
Hallo Ralf,

ich gehe mal davon aus, dass Jan das mit der "Kriegserklärung" nur symbolisch meinte. Du hingegen scheinst die These vom "reinen Bewusstsein" wirklich ernst nehmen zu wollen. Dabei handelt es sich aber nicht um einen Begriff aus der Quantenphysik, wie du behauptest, sondern um eine in keinster Art und Weise fundierte oder belegte, sehr gewagte Interpretation quantenphysikalischer Zusammenhänge. Wer an diese esoterische Sicht der Dinge glauben mag, soll es tun. Ich halte diese Art von Theorie für einen naiven Erklärungsversuch komplexer Zusammenhänge weit jenseits dessen, womit sich Physiker beschäftigen. Gefährlich wird es, wenn im Namen dieser esoterischen Theorie zum Verzicht auf Chemotherapie oder andere Krebsmedkamente aufgerufen wird.

Viele Grüße
Bertheo

Utissima
Beiträge: 277
Registriert: 22.11.2010, 17:23
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von Utissima » 20.04.2012, 21:43

Die Aussage, Krebs entstehe durch "Disharmonie und mangelnde Selbstreflexion" empfinde ich als Schlag ins Gesicht eines jeden Krebspatienten, suggeriert sie doch eine Mitschuld, eine intellektuelle Unfähigkeit, die diese Erkrankung begünstigt habe. Als hätten Betroffene nicht schon genug Belastungen durch den Krebs zu schultern.

annachristine
Beiträge: 387
Registriert: 22.11.2010, 17:23
Wohnort: Magdeburg
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von annachristine » 20.04.2012, 20:36

Hallo Ralf,
ich bin Angehörige eines am 26.3. verstorbenen CLL-Patienten. Ich hätte mir gewünscht, daß mein Mann 2009 bereits eine erneute Chemo erhalten hätte; evtl. würde er jetzt noch bei mir sein. Man hat bei ihm immer wieder gesucht, den die Tumormarker waren da. Aber wo die "Begleiterkrankungen der CLL" herkamen konnte nicht geklärt werden. Erst 4 Wochen vor seinem Tod fand man den Auslöser. Leider zuspät.
Zum anderen, wenn er 2007 nicht in die Medikamentenstudie aufgenommen wäre und er keine Chemo bekommen hätte, dann hätte er nicht einmal das Jahresende von 2007 erreicht, geschweige denn 5 Jahre mit der Krankheit gelebt. Es gab zu diesem Zeitpunkt keine Zeit für eine Überlegung mit der Chemo sofot zu beginnen oder nach Alternativen zu suchen. Es wurde uns 6 Monate später von seiner behandelnden Ärztin gesagt, daß er ohne die Chemo keine 4 Wochen mehr gelebt hätte.

Jede CLL verläuft anders; es bekommt auch nicht jeder die gleiche Chemo. Sie ist aber auch bei einigen überhaupt nicht notwendig. Wo soll man dann mit der Behandlung beginnen? Wo soll die Forschung ansetzten?

Wie Jan schreibt, war die Diagnose einer Leukämie vor mehr als 20 Jahren mit keiner langen Überlebensmöglichkeit versehen. Die Forschung stand in den berümten Kinderschuhen.
Egal wer mit der Forschung Geld verdient; ob es ein Aninstitut an einer Uni ist, welches von der Phar.-Ind. die Gelder erhält oder der Hersteller selbst.
Es gibt Förderkreterien für die Unis, denn diese wurden vom Gesetzgeber vor einigen Jahren verändert. Ich weiß wovon ich da rede. Es geht um die "selbstständigkeit" der Forschungseinrichtungen. Nur so kann es zu einem Geldfluß kommen. Bei einem Unternehmen gibt es diese Forderung nicht und so kann man an Mittel heran kommen.
LG
Anna-Christine

cicici
Beiträge: 337
Registriert: 22.11.2010, 17:23
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von cicici » 20.04.2012, 20:16

Hallo Ralf,

deine Aussage, Krebs entstehe durch Disharmonie im Leben (falls ich das richtig verstanden habe), ist wirklich Unsinn. Ich denke, es sollte mittlerweile allen klar sein, dass weder Stress noch besonders disponierte Persönlichkeiten ("Krebspersönlichkeit") solch bösartige Krankheiten auslösen. Zumindest ist das bis heute nicht bewiesen. Ist auch nicht logisch. Keine Evolution der Welt würde derart instabile Kreaturen schaffen.

Ich habe das schonmal geschrieben. Du hast mit deiner CLL schlichtweg Glück. Du brauchst keine Chemotherapie. Viele hier im Forum müssen aber immer wieder eine machen. Ich kann mir vorstellen, dass solch eine Diskussion sie zusätzlich belastet.

Ich bin mir sicher. Wenn es die Möglichkeit gibt, Chemotherapien verträglicher zu machen, wird das auch passieren. Aber solange man lediglich ein Grundwissen (wenn überhaupt) über die Krebsentstehung an sich hat, bleibt so etwas utopisch. Mein Gott, Ärzte wissen in Wahrheit garnicht, warum/wieso Krebs entsteht!!! Wir können diese Diskussion gerne In hundert Jahren weiterführen, finde ich. Und da das nicht realistisch ist, schlage ich vor, wir lassen sie ganz bleiben.

Viele Grüße!

Toni

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von Toni » 20.04.2012, 16:45

ralf hat geschrieben:Ihr Lieben,
Jan hat mit seinem kritischen Hinweis im CML-Forum "Schmerzen ohne Ende" mir gegenüber sicherlich Recht gehabt, dass ich meine CLL (seit 1998) nicht mit einer anderen Krebserkrankung vergleichen und somit therapeutische Medikationen, die dem Überleben dienen, nicht brandmarken kann.
Nun, ich bin Laie (wie Recht du wieder damit hast, Jan), aber in erster Linie bin ich Betroffener und somit durchaus kompetent.
Der Preis der Freiheit ist die Selbstverantwortlichkeit!!!!
Und diese Selbstverantwortung macht auch nicht vor den Ärzten halt, die nach amerikanischen Studien zufolge zu 80 Prozent sich selbst oder nahen Angehörigen keine chemotherapeutische Behandlung zumuten würden.
Als ich meinen Arzt fragte, nachdem er mir wieder eine Chemo ans Herz legte, ob er eine Chemo machen würde, antwortete selbst er mir, dass man Alternativen haben sollte. Leider offerierte er mir nicht welche.
Aber das nur nebenbei angemerkt.
Wenn ich das Beispiel Jan anführen darf - ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel - hat er wirklich einen für ihn selbstverantwortlichen Weg gewählt:
nach der Diagnose sich erst einmal informiert und dann für eine Therapie entschieden, die anscheinend einen lebenswerten Weg, mit scheinbar wenig Nebenwirkungen, ermöglicht.
Dass diese Therapie existiert, aber nur einem relativ kleinen Patientenstamm zugute kommt, obwohl die Studie anscheinend seit 2001 läuft, zeigt doch, dass es durchaus weniger schmerzbehaftete Alternativen gibt. Ich frage mich, warum diese nicht als Basis dienen kann, um auf ihr aufzubauen.
Warum pochen wir als Krebsgemeinde mit immerhin 1,4 Millionen Angehörigen alleine in Deutschland nicht auf menschenwürdige Behandlungsmethoden?
Sicherlich kann man nicht jede Therapie auf alle Patienten übertragen, aber die Kernfrage des Leidens bleibt zentral.
Mein Professor in der Onkologie offerierte mir ein neues Chemomittelchen, als gut verträglich, mit der Einschränkung, dass es sich auf mein Herz und meine Haut auswirken wird.
Ich bin vielleicht an Krebs erkrankt, aber in erster Linie bin ich ein Mensch, den man genauso behandeln sollte wie sich selbst (Arzt, Gesellschaft,...), und dies macht auch nicht vor meinem Körper halt.
Oder nehmen wir die Frage nach der Schwerbehinderung: laut Gesetz wird es immer schwerer einen gewissen Grad zu bekommen, da Heilung ja möglich ist, und gleichzeitig gibt es kein gesetzliches Hebelwerk, dass die Versicherungen dies auch anerkennen müssen. Nach wie vor bekommen wir keine Krankenzusatzversicherung bzw Rentenzusatzversicherung. Wie bigott seitens der Politik, die doch lautstark postuliert, dass man rententechnisch private Initiative ergreifen muss um der Altersarmut zu entkommen.
Und wo bleiben wir?
Die Selbstverantwortlichkeit des Einzelnen betrifft sicherlich die Wahl, der für ihn richtigen und stimmigen Therapie, ob schulmedizinisch oder ganzheitlich (wie ich sie für mich wählte), und die Verantwortlichkeit der Gesamtgruppe Krebserkrankter liegt darin, ein menschliches Procedere auf der medizinischen und gesellschaftspolitischen Ebene zu verlangen.
Frei abgewandelt nach dem Spruch "stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin" möchte ich zum Schluss sagen: "stell dir vor, es gibt Chemo und keiner geht hin."
Alles Liebe
Ralf
Hallo Ralf,
wen du nicht im Krieg gehts,kanst du troztem 100 Jahre alt werden?
wen du keinem Sex machts,kanst du troztem 100 Jahre alt werden?
aber wen du Nicht zu Chemo gehts, dan bist du tot in wenigen monaten!

Viele Grüße aus München

ralf
Beiträge: 63
Registriert: 11.11.2011, 08:16
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von ralf » 20.04.2012, 14:42

Hallo Ultissima,
ich wollte sicherlich keine Werbung gegen Chemotherapien vom Stapel lassen, die ja durchaus in bestimmten Krankheitsfällen ihre Berechtigung haben und Leben retten können. Mein Satz "stell dir vor, es gibt Chemo und keiner geht hin" sollte vielmehr eine Anforderung an die Hersteller dieser Produkte sein, ihre Mittel so zu konzipieren, dass kein zusätzlicher Schmerz entsteht, denn wo kein Nachfrager kein Umsatz. Und dies sollte meinem Verständnis nach doch umsetzbar sein.
Natürlich bin ich von meiner CLL in dieser Hinsicht gegenüber dem Einsatz von Chemotherapien besonders kritisch gegenüber eingestellt, da sie in unserem Krankheitsbild nur in der Schlussphase verabreicht werden sollten, und mehr oder weniger nichts bewirken. Man fühlt sich irgendwie verarscht.
Natürlich freut mich zu hören, dass es deinem Partner wirklich gut geht und wünsche diesen Erfolg jedem Krebspatienten.
@NL: Ich habe Jan nie "Käuflichkeit" unterstellt, weder direkt noch indirekt, sondern lediglich angeführt, ob es nicht unbewusste Interessensüberschneidungen geben könnte hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten von Leukämien.
Eine Frage, die mir durchaus stimmig erscheint, wenn man nachliest, wie "gnadenlos" jegliche alternative Methode abgewürgt wird.
Evidenz ist schön und gut, bedeutet jedoch auch gleichzeitig die neuen Erkenntnisse aus der Quantenphysik, der Bioenergetik, der Physiokardiologie, ... , die durchaus von einem Zellbewusstsein und einem höheren energetischen Bewusstsein sprechen, in Frage zu stellen.
Gott kann man auch nicht nachweisen, aber der Glaube und der Geist heilen trotzdem.
@Jan: Wenn ich dazu neige, den Krebs zu verallgemeinern und nicht auf die differenzierten Krebsbilder eingehe, dann deswegen, weil ich den Krebs, genauso wie jede andere Krankheit auch, nicht als eine "Kriegserklärung der Mutanten an den Körper" sehe, sondern eher als ein Hinweis unseres Körpers, unseres Bewusstsein, unseres wahren Selbst (die Quantenphysik spricht vom reinen Bewusstsein) verstehe, dass wir nicht in Harmonie, in Balance, leben und unser Leben selbstreflektieren, hinterfragen und ändern sollten.
Natürlich steht auch hier das Überleben an erster Stelle und man muss bei allen akuten und chronischen Leukämiearten wie der CML (wie ich jetzt begriffen habe), die sofortige Wirksamkeit der Mittel in den Vordergrund stellen. Somit sind Chemotherapien natürlich nicht zu verurteilen, was ich auch nie beabsichtigt habe. Mein Problem damit ist, dass ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass es nach jahrzehnterlanger Forschung nicht möglich ist, nebenwirkungsfreie Mittel anbieten zu können.
@Doro: Ich habe in meinem Leben noch nie den Kopf eingezogen und werde ihn auch nicht vor dir neigen, denn deine Worte sind ja geradezu eine Einladung an alle auf Profit ausgerichteten Institutionen den Krebs zu materialisieren, in bares Cash. Dass du Äußerungen eines ehemaligen Präsidenten der Berliner Ärztekammer als "nichtssagendes Zitat" klassifizierst, zeigt ja geradezu wie sehr der medizinische Ansatz des letzten Jahrhunderts, den Menschen als unbeseeltes "Uhrwerk" zu sehen, Heilung reduzieren kann. Nichtsdestotrotz hast du die wirtschaftlichen Überlegungen sehr verständlich dargelegt, so dass ich das Procedere der Forschungsarbeit gut nachvollziehen kann. Durchaus kompetent.

Ich wünsche euch allen eine schönes Wochenende
Ralf

Doro
Beiträge: 26
Registriert: 22.11.2010, 17:23
Wohnort: Südschwarzwald
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von Doro » 19.04.2012, 23:09

Thomas55 hat geschrieben:Hallo Doro,

lange wurde in Deutschland die Forschung an den Uni´s und den Krankenhäusern betrieben, bezahlt von uns Bürgern. Zwischenzeitlich wird die Forschung hauptsächlich von den Pharmafirmen gemacht, natürlich in Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern und den Ärzten (die haben ja die Patienten) aber von den Firmen finanziert.
Hi Thomas,
das stimmt so nicht. Die pharmaunabhängige Forschung gibt es unverändert, und zusätzlich gibt es die Forschung der Pharmaindustrie, die für die Zulassung von Arzneimittel notwendig ist.
An den Unis sind es nicht Gewinne, die erwirtschaftet werden müssen,dennoch sollte man sich nicht dazu verleiten lassen anzunehmen, dass deshalb nur der Patient im Mittelpunkt steht. In der akademischen Forschung müssen nämlich Publikationen über erfolgreiche Projekte veröffentlicht werden, um den eigenen Marktwert zu steigern, um weitere Forschungsgelder zu bekommen etc. etc. Schwarze Schafe gibt es hier auch.

Im übrigen ist es so, dass sich die meisten großen Pharmafirmen Programme leisten, in denen sogenannte Orphan Drugs für seltene Krankheiten entwickelt werden. Nichtsdestotrotz müssen sie ihre Ausgaben vor den Investoren rechtfertigen, sonst haben sie bald keine mehr.

Forschung wird auch von Stiftungen und öffentlichen Geldern finanziert, aber auch hier gilt in der Regel: es müssen reelle Erfolgsaussichten bestehen, sonst fliesst kein Geld. Verständlich ist, dass man die eigene seltene Erkrankung im Blick hat, und sich darüber ärgert, das in einer bestimmten Richtung nicht geforscht wird, objektiv gesehen wird klar, dass Gelder da eingesetzt werden müssen, wo die meisten Menschen profitieren.

In USA engagieren sich viel mehr Patienten aktiv und sammeln Spenden für eine zuständige Organisation; jeder kann also etwas tun:

http://www.lightthenight.org/

Krankenkassen finanzieren übrigens eigentlich keine klinischen Studien, diese müssen immer komplett vom Sponsor bezahlt werden, insofern verstehe ich nicht, warum in deinem Beispiel überhaupt angefragt wurde. Derjenige, der die Studie geplant hat, muss sich natürlich auch um die Finanzierung kümmern!
Die Krankenkassen dürfen streng genommen nicht mal mit den Kosten für Spritzen und Kanülen belastet werden, von den Medikamenten ganz zu schweigen.
Dass es, gerade bei kleinen Studien in Krankenhäusern, oft ganz anders gehandhabt wird, steht auf einem anderen Blatt.

NL
Beiträge: 1164
Registriert: 08.10.2010, 16:09
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von NL » 19.04.2012, 20:26

Salü Thomas,
ich halte es für verfehlt, über "die (medizinische) Forschung" generell zu schimpfen. Ich kann allerdings einen gewissen Frust verstehen, wenn für die eigene Erkrankung (noch) nichts wirklich Gutes zur Verfügung steht.

Ich bin auch der Ansicht, dass es schwarze Schafe z.B. in der Ärzteschaft ( http://www.spiegel.de/wissenschaft/medi ... 34,00.html ) oder in "der Industrie" oder den Versicherungen gibt, und das offensichtlich nicht zu knapp. Diese Geschichten sind meines Erachtens eigentlich zur Genüge bekannt.

Der Zweck eines Unternehmens ist es, Gewinne zu erzielen. Dafür benötigt man Produkte. Diese werden im Fall der pharmazeutischen Industrie von deren Forschung beispielsweise selbst entwickelt, oder durch Zukauf von Fremdentwicklungen erhalten. Ein Unternehmen mit guten (=wirksamen) Medikamenten wird normalerweise mehr Gewinn machen als eines mit schlechten im selben Markt. Deshalb gibt es auch das Interesse daran, bessere Produkte als die Konkurrenz zu entwickeln, möglichst für Erkrankungen mit vielen, möglichst auch zahlungskräftigen Patienten. Im Falle der CML ist Interferon weitestgehend von Glivec verdrängt worden, weil Glivec einfach weit überlegen ist (Forschung). Auch Antibiotika, Impfungen (nicht nur gegen Vogelgrippe) oder Cortikoide sind das Ergebnis von Forschung. Mir ist diese Kritik an der Forschung viel zu pauschal.
So lange die Industrie forscht, ist sie ausschliesslich am eigenen, zu erwartenden Gewinn interessiert. Dieses Geld kann sie aber nur dann bekommen, wenn das Zeugs etwas taugt un sich die Wirksamkeit beweisen lässt (wobei man hier in der Vergangenheit wohl sehr grosszügig war).

Insbesondere wegen der Pflicht, die Wirksamkeit zu beweisen (wobei auch da desöfteren getrickst wird) unterscheide ich zwischen der "Schulmedizin" und der "alternativen "Medizin, bei der man sich nicht damit aufhält, überflüssige Fragen :twisted: nach der Wirksamkeit zu beantworten. Die Schulmedizin versucht wenigstens, mit ihrer Forschung etwas zu erreichen. "Komplementäre Medizin" halte ich, wenn sie evidenzbasiert durchgeführt wird, für sehr nützlich.

Ich arbeite selber als Forscher in der chemischen Industrie (habe aber mit der pharmazeutischen Industrie keinerlei Berührungspunkte). Ich arbeite für ein Unternehmen, das Spezialitäten herstellt. Die Renditen sind hier sehr hoch, weil die Produkte unseren Kunden Vorteile bieten, die unsere Konkurrenz nicht bieten kann (und weil sie zum Teil auch durch Patente geschützt werden). Auch hier ist die einzige Bewertungsgrundlage das Ergebnis, das ist in einer kapitalistischen Wirtschaft ganz normal.

Die politische Diskussion können wir gerne mal von Angesicht zu Angesicht über einem Bier führen, würde mich freuen. Herr Ackermann ist in meinen Augen viel extremer als irgendein Pharmaboss, seine Gewinne sind reines Schmarotzertum, nahezu ohne jede eigene Wertschöpfung.

Gruss & alles Gute
Niko
PS.: alles nur meine persönliche laienhafte Meinung.
PPS.: Ich habe viel gesabbelt, Doro hat es vorher schon etwas kürzer geschafft. Es gibt aber auch Erkrankungen, für die mangels zahlungskräftiger Patienten nicht oder zu wenig geforscht wird. Ich glaube, Malaria vs. Erektionsstörungen wäre ein Beispiel...

Thomas55
Beiträge: 1744
Registriert: 22.11.2010, 17:23
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von Thomas55 » 19.04.2012, 18:57

Hallo Doro,

lange wurde in Deutschland die Forschung an den Uni´s und den Krankenhäusern betrieben, bezahlt von uns Bürgern. Zwischenzeitlich wird die Forschung hauptsächlich von den Pharmafirmen gemacht, natürlich in Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern und den Ärzten (die haben ja die Patienten) aber von den Firmen finanziert. Der Unterschied ist, dass einmal Gewinne erwirtschaftet werden müssen (das war vorher nicht so) und dass auch möglichst nur da geforscht wird wo Gewinnaussichten sind. Bezahlt wird im Endeffekt nicht von den Firmen sondern von uns Patienten/Krankenkassenbeitragszahlern, genauso wie früher, nur dass auch die (sehr hohen) Gewinne der Firmen mitfinanziert werden müssen. Problematisch wirds vor allem auch dann für uns Patienten wenn Therapiemöglichkeiten mangels Gewinnaussichten nicht beforscht werden können. So kenne ich konkret ein Beispiel dass die Kassen die Finanzierung einer Studie zur Cll-Behandlung abgelehnt haben mit Hinweis, dass die Pharmaindustrie dies finanzieren müsste. Die hat aber kein Interesse dran weil kein interessanten Gewinn absehbar war.

Im Pharmabereich sind wir leider inzwischen in einer Situation in der nicht immer der Mensch im Mittelpunkt steht, sondern der Gewinn, das sollten wir Patienten manchmal im Hinterkopf haben. Auch sind Selbsthilfegruppeninitiativen wie hier z.B. Leukämie Online, oder ich selbst als Leiter einer Selbsthilfgruppe für die Marketingstrategien neuer Medikamente wichtige Adressaten, da bin ich mir durchaus bewußt und versuche möglichst ohne Gelder auszukommen.
Deutschland hat wohl eine der höchsten Medikamentenpreise der Welt und die Pharmafirmen können über Gewinnabsichten wie der vielgescholtene Ackermann von der deutschen Bank verkündet hatte (24 %) nur müde lächeln....

Nun kommen wir aber doch heftig ins Politische und ich weiß nicht so richtig ob dies hier das richtige Forum ist ....

Gruß
Thomas

Doro
Beiträge: 26
Registriert: 22.11.2010, 17:23
Wohnort: Südschwarzwald
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von Doro » 19.04.2012, 17:48

Thomas55 hat geschrieben:Leider ist anders wie Nico schreibt, die Forschung nicht immer für die Patienten da sondern oft auch für den Geldbeutel der Pharmafirmen.
Warum eigentlich leider? Die Aussicht auf Geld ist doch die beste Triebfeder für Forschung und Fortschritt. Von Steuergeldern könnte man die komplette Forschung jedenfalls nicht finanzieren, das Geld kommt überwiegend aus dem Geldbeutel der Pharmaindustrie, und ohne Aussicht auf finanziellen Erfolg würden sie es kaum investieren.

Niemand wäre doch so naiv anzunehmen, dass Volkswagen Autos entwickelt und verkauft, nur weil das Management die Menschen mit tollen Autos beglücken will, sondern weil sie damit Geld verdienen - diese Tatsache schliesst jedoch nicht aus, dass am Ende gute Autos verkauft werden.

Dass im Einzelfall auch mal Fehlentscheidungen getroffen werden, liegt meines Erachtens nicht am System, sondern daran, dass Menschen beteiligt sind, die aus den unterschiedlichsten Gründen auch mal Fehler machen.

Thomas55
Beiträge: 1744
Registriert: 22.11.2010, 17:23
Kontaktdaten:

Re: Selbstverantwortlichkeit

Beitrag von Thomas55 » 19.04.2012, 10:27

ralf hat geschrieben: die Heftigkeit der Antworten
Hallo Ralf,

hier ist - ein sehr wertvolles - Forum, dass zum großen Teil von CML-Patienten geführt wird. Die CML-Therapie wird auf jedem Krebsvortrag (berechtigt) als der Erfolg moderner Krebstherapie präsentiert und ist ja auch eine tolle Sache, wir können nur hoffen dass dieser Weg auch für andere Krebsarten beschreitbar wird. Sicher teilweise berechtigte Kritik an Chemos und Krebstherapien gerade an der CML-Therapie festzumachen ist dann etwas unglücklich.

Schon bei der Cll sieht es etwas anders aus. Lediglich die FCR-Therapien haben nach langen Studienjahren bei einer leider eher kleinen Patientengruppe das Gesamtüberleben (etwas) verlängern können, die anderen Therapien wirken eher palliativ. Leider ist anders wie Nico schreibt, die Forschung nicht immer für die Patienten da sondern oft auch für den Geldbeutel der Pharmafirmen. Es gibt da im Cll-Bereich ein aktuelles trauriges Beispiel aus dem Beneluxraum wo eine Studie mit FCCR (Fludarabin/Cylophosphamid/Campath/Rituximab) angefangen wurde. Jeder einigermaßen informierte Patient weiß wie problematisch eine solche Studie ist. Auch wurde einem Cll-Mitglied unserer Selbsthilfegruppe über die Uniklinik Freiburg eine völlig unsinnige Studie angeboten.....es gäbe da schon eine Anzahl problematischer Beispiele auch über die Verquickung der Studienärzte mit der Pharmaindustrie (das war poltisch aber so gewollt !)
Man muß aber das Thema differenziert führen und die CML ist da das denkbar ungeeignetste Beispiel.....

Gruß
Thomas

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast