meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Wie gehe ich mit Leukämie im Alltag um? Wie unterstütze ich als Freund oder Angehöriger? Welche Erfahrungen gibt es bezüglich Rente, Behindertenausweis, Psychotherapie, Kur?

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ralf
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Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von ralf » 17.12.2011, 20:40

Hallo zusammen,
Wirklich ein wunderbarer und ehrlicher Thread von und für Angehörige, der mich als Betroffener CLL-Patient auch die "andere" Seite verstehen lässt, dafür meinen Dank.
Meine Frau fragte mich einmal, warum ich so weit weg von ihr sei und diese Frage beschäftigte mich einige Tage bis ich für mich eine stimmige Antwort gefunden habe, nämlich:
"Durch die Leukämie fühle ich mich wie im freien Fall und ich habe Angst davor jemandem beim Aufprall zu verletzen."
Vielleicht hilft euch diese persönliche Erkenntnis, denn wir meinen es nicht böse, ausgrenzend, eher das Gegenteil.
Euch allen alles Liebe
Ralf

Schnucki
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Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von Schnucki » 17.12.2011, 14:38

Auch ich mache gerade das gleiche durch,seit 6.11.11 bin ich mit meinem Schatz zusammen und eine Woche vorher bekam er das ergebnis.
Da kannten wir uns schon nur zusammen waren wir da noch nicht.Bin auch ständig am weinen und weis nicht was ich tun kann und jetzt woill er net mal seine Medis mehr nehmen...

Lilli

Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von Lilli » 10.08.2011, 21:41

Wenn ich dass so lese kommt mir das bekannt vor zum Teil,keinen miteinzubeziehen und so. Ich dachte auch das man eher andere mit einbezieht aber aus Erfahrung geht das nach Hinten los,leider.

Sophie

Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von Sophie » 09.08.2011, 12:48

Hallo Raik,

ich musste mich erstmal einlesen in dein Thema und ganz ehrlich, ich finde das Verhalten des Arztes auch mehr als fragwürdig. Ich habe noch keinen erlebt, der eine so enge Bindung zu einem Patienten aufbaut und andere soziale und zwischenmenschliche Kontakte untersagt (ich hoffe ich hab das alles richtig verstanden). Gerade Ärzte wissen doch, dass die engsten Familienmitglieder und Freunde, die wichtigsten Personen im Leben eines Erkrankten sind. Und alle müssen in ihrer Ausbildung etwas ganz wichtiges lernen: und das ist, das sie nicht jeden Patienten retten können und das kann man nur, wenn ein gewisser Abstand zum Patienten gehalten wird. Sicherlich gibt es auch das komplette Gegenteil davon und Familie und Freunde ziehen sich zurück, weil sie damit nich (oder nicht mehr) umgehen können. Mein Freund (42) ist an AML erkrankt (Ersterkrankung) und hat jetzt nach 1 Jahr schon keine Kraft mehr für sich und uns zu kämpfen. Da muss ich deiner Claudi nach 27 Chemos schonmal meinen absoluten Respekt aussprechen. Aber wofür Sie kämpft ist mir nicht ganz klar (für den Arzt, für sich, oder für euch?) Warum schließt man jemanden den man liebt aus seinem Leben aus? Warum spioniert dir der Arzt hinterher und checkt dich heimlich ab? Wollte er wissen, ob du es wert bist, dich mit einzubeziehen? Wie auch immer, für Dich und für Claudi alles Gute. Aber dass du mit deinem Schmerz so allein gelassen wirst, finde ich nicht in Ordnung! Liebe Grüße, Sophie

Gast

Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von Gast » 26.07.2011, 18:14

Hallo Alexandra,

es ist nicht immer so, das ich das einfach so mitmachen kann. Das mir das sehr schwer fällt laß ich schon meiner Freundin wissen, obwohl ich mir wünschte damit besser umgehen zu können. Dadurch entseht eben Druck den keiner brauch, vor allem nicht Claudi.
Das Problem ist eben vor allem das da ein Arzt ist, der unglaublich viel für sie tut, aber eben auch ihr Umfeld von ihr trennen möchte. Ich kenn ihn nunmal bis heute nicht obwohl es mir schon beruflich sehr leicht fallen würde das zu ändern. Und da gibt es eben so kleine Beispiele das er zB im Auto sitzt und beobachtet wie ich in meins steig und zur Arbeit fahre um dann Claudi zu sprechen oder eben möchte das wir uns nicht sprechen und an einen Tisch setzen.
Ich hab lange mit Claudi gesprochen gestern und ihr meine Sichtweise dargelegt. Sie versteht das auch und möchte nun von sich aus das Gespräch suchen und ihm deutlich sagen das das nicht der Weg ist und das er trotz seines Einsatzes einerseits, andererseits gewisse Grenzen überschritten hat.

Ich hab gestern etwas Zeit gehabt um in deinem Forum zu lesen. Wenn es da offene Fragen gibt wie du geschrieben hast, dann ist das sicher ein Grund weshalb du auch nach drei Jahren so sehr leidest. Der andere ist das du ihn sehr geliebt haben mußt und das die Krankheit dir damit soviel genommen hat in so jungen Jahren.

Ich denke mir würde es ähnlich gehen. Andererseits mußt du natürlich irgendwann weiter leben und ich wünsch dir das du das schaffst. Die ein oder andere Antwort gibt dir hoffe ich ein Stück Kraft dazu.

liebe Grüße, Raik

alexandra1103
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Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von alexandra1103 » 22.07.2011, 12:48

Lieber Raik,

danke, für deine nette Antwort und doch zugleich auch traurige Antwort.

Zu allererst: ich finde überhaupt nicht, dass du egoistisch bist oder irgrendetwas in der Art. Ich kann sehr gut verstehen, dass du das Forum hier als Ventil nutzt. Mir ging es damals ja genauso... Ich hatte auch niemanden, mit dem ich über die ganze Sache reden konnte.

Ich finde es allerdings wirklich erschreckend, dass der Arzt deiner Freundin sich so merkwürdig verhält... Ich bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll.. Normal ist es glaube ich nicht... Natürlich finde ich es gut, dass du sie nicht unter Druck setzen willst oder dergleichen. Aber irgendwie erscheint mir das mitlerweile doch alles etwas komisch...

Bewundernswert, dass du das alles so mitmachst. Nicht jeder Partner hat die Kraft, dass alles durchzumachen. Gerade in so einer schwerzen Zeit.

Um ehrlich zu sein, mir fehlen die Worte... Ich weiß nicht genau, was ich dir sagen soll... Nicht, dass du denkst, ich würde mich drücken vor einer Antwort. Aber es fällt mir wirklich schwer... Ich hoffe, ich konnte dir trotzdem ein wenig zureden.

Für dich/euch ebenfalls alles Gute!

Gast

Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von Gast » 21.07.2011, 21:10

Hallo Alexandra,

du hast da sicher schon recht, dennoch möchte ich mit ihr lieber über s Leben sprechen. Sie wollte darüber reden und das haben wir getan, vorbereitend im Fall des Falles, an den ich aber nicht denken möchte !

Ich kann mir gut vorstellen das es unglaublich schwer sein muß mit offenen Fragen leben zu müssen. Oft denke ich drüber nach, das das was mich so zerfrißt nie beseitigt wird und ich hab wirklich oft daran gedacht wie das sein würde wenn das passiert was ich niemals möchte.
Heute mußte Claudi zur 27. Chemo. Ich hab mich wieder verabschiedet von ihr, bin arbeiten gefahren (obwohl ich dies eh nicht tu´) und sie wurde von diesem Arzt abgeholt. Ich sprech sie auch nicht mehr darauf an das ich außen vor bin und der Arzt ihr eben in so vielen Stunden viel näher sein kann als ich. Er sagte ihr, als sie ihn darauf an sprach das ich damit sehr zu kämpfen hab, sie soll mich ignorieren und egoistisch sein, er wollte sie wohl sogar schon zu sich holen damit sie Ruhe hat. Ich hab noch nie mit jemandem sprechen können außer ihr. Aber ich weiß auch wenn ich sie unter Druck setze und wieder drauf anspreche, kostet ihr das zuviel Kraft.
Ich hoffe es wird nicht als egoistisch eingestuft wenn ich das hier schreibe, aber ich muß das irgendwie als Ventil nutzen weil ich sonst eigentlich mit niemandem reden kann darüber.
In ihrem Umfeld gibt es nur mich. Claudi´s Familie läßt sie wie bei ihrer ersten Erkrankung im Stich. Ihr Vater starb anfang des Jahres, ihre beste Freundin Ende letzten Jahres. Letzte Woche wollte Claudi das der Arzt mir die Chance gibt mit ihm zu reden weil ich immer der Meinung war und bin, das man ihr Umfeld (und das bin nunmal nur ich...und er ) ihr das Gefühl geben muß aufgefangen zu werden. Ich wollte darum bitten das wir endlich zusammen für Claudi kämpfen und offene Fragen beiseite lassen. Er hat abgelehnt und sie gebeten mir die Nummer nicht zu geben. Ich hab einfach keine Erklärung dafür und ich hab wirklich Angst davor, wenns schief gehen sollte, das Claudi nie das Umfeld hatte was sie eigentlich verdient hat.
Er ist zweifellos sehr selbstlos in seiner Art, das hat er oft bewiesen, aber als Arzt der so viel versucht hat bisher, sollte man doch auch der Mensch sein, der viel versucht...oder ?
Wenn ich zu hause bin werde ich das alles wieder wegdrücken, weil sie das Wichtigste ist, aber es zerfrißt mich fast jeden Tag, immer das Gefühl zu haben zu der anderen Welt keinen Zugang zu haben.

Ich war vor einiger Zeit bei meinem Pfarrer,den ich über 25 Jahre nicht gesehen hatte. Er war immer in erster Linie Mensch und dann Pfarrer. Anschließend hab ich ein paar Dinge gelesen. Sicher bin ich wirklich alles andere als ein perfekter Christ, aber was mir gesagt wurde war, das wir viele kleine Wunder garnicht mehr sehen, vor Wut, Enttäuschung und vor allem vor Traurigkeit. Uns bleiben viele dieser Dinge verborgen wenn wir die Zuversicht und den Glauben daran verlieren. Ich würde dir wünschen das so´n kleines Wunder geschehen würde für deine offenen Fragen.
Sicher hilft das eher nicht, aber irgendwie ist auch etwas Wahres dran.

Ich wünsch Dir alles Gute, Raik

alexandra1103
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Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von alexandra1103 » 19.07.2011, 10:42

Hallo Raik,

auch wenn es sich komisch anhört, "freue" dich darüber, dass sie mit dir über das Sterben redet. Ich weiß wie es ist, wenn man nicht darüber redet... Es gehört eben einfach dazu. Ich kann natürlich gut verstehen, wie schwer es für dich sein mag - aber ich bewundere sie dafür, dass sie mit dir darüber spricht. Es ist gut so. So sehe ich es zumindest... Mein Freund hat nie darüber mit mir gesprochen. Ich drücke euch beiden ganz feste die Daumen, dass ihr es schafft - dass Claudi es schafft.

Gerade heute morgen bin ich wieder einmal weinend aufgewacht, habe von meinem Freund geträumt. Und ich wünsche mir so oft, dass er mit mir über den Tod geredet hätte. Wir hätten so vieles klären können. Jetzt stehe ich immer wieder vor den gleichen Fragen - und immer wieder wünsche ich mir, dass es irgendwo jemanden auf der Welt gibt, der dafür sorgen kann, dass wir uns kurz sehen können... Nur ganz kurz. Und es bringt mich fast um zu wissen, dass es nicht geht... Es geht einfach nicht in meinen Kopf... Es muss irgendwie gehen.

Und deswegen meine ich, es ist gut, dass ihr darüber redet. Was auch immer einmal sein wird bei euch - für euch beide ist es besser so.

Alles Liebe für euch!

raik
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Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von raik » 13.07.2011, 20:24

Hallo Alexandra,

meine Freundin ist 41 Jahre. Sie hat jetzt 26 Chemo´s hinter sich und möchte nun keine mehr.
Wir reden viel zusammen, manchmal ganze Nächte durch. Ich sagte ihr oft das ich gern dabei sein möchte bei den Behandlungen, weil ich auch dort für sie da sein möchte.
Sie hat ein Problem damit sich schwach zu zeigen, sagte sie. Ich darf ihr nicht mal ein Pflaster wechseln. Das ist schon nicht einfach, aber es bleibt mir eh nichts anderes übrig, als das zu akzeptieren. Es geht ja nicht um mich, sondern um sie.
Ich bat sie letzte Woche darum, wenigstens dieses Versteckspiel mit diesem Arzt aufzuweichen. Er hat meine Nummer, er weiß wo ich zu erreichen bin und ich mußte sogar über mich ergehen lassen, das er mich auf Arbeit "begutachtete". Der Gipfel war s dann für mich, das er zu meiner Freundin meinte, das es normal ist das ich außen vor bin und das ich nie erfahren soll wo er wohnt. Ich bekam auch nie seine Telefonnummer um im Notfall anrufen zu können.
Ich kann damit überhaupt nichts anfangen.
Ich weiß das meine Freundin mich über alles liebt, aber es ist wahnsinnig schwer für mich das alles zu tollerieren.
Wir reden viel über unsere Zukunft, unser Haus welches wir zur Zeit bauen, über Reisen die wir gern machen würden. Wir machen viele einfache Dinge, die man wieder neu schätzen gelernt hat, am Lagerfeuer sitzen, raus in die Natur fahren, sie hört so gern die Vögel zwitschern, aber leider redet sie auch viel vom Sterben. Sie sagt mir nun oft, das sie nicht mehr lange bei mir sein kann, worauf ich immer versuche ihr die Hoffnung zu geben um ans Leben zu denken.. und an uns.
Meine Freundin heißt Claudi, ich hätte mir sehr gewünscht das seit dem 2. Ausbruch dieser Sch...krankheit einiges anders gelaufen wäre. Aber ich geb die Hoffnung nicht auf und den Glauben das wir s schaffen können. Ich liebe sie auch sehr und ich möchte sie nicht verlieren.

Danke für Deine Antwort und liebe Grüße zurück

Raik

alexandra1103
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Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von alexandra1103 » 26.06.2011, 21:22

Hallo Raik,

(jetzt schreibe ich mal wieder unter meinem Benutzernamen). Also ich glaube nicht, dass du NICHTS machen kannst. Aber ich kann gut nachvollziehen, dass du dich hilflos fühlst. Mir ging es ganz genauso. Ich habe mich total überflüssig gefühlt und ich wusste einfach nicht, was ich machen sollte. Weißt du, ich wäre mit meinem Freund überall hingefahren/hingeflogen, wo man ihm hätte helfen können. Wenn er nur gewollt hätte... Die Situation war bei uns sicher noch ein wenig anders. Deine Freundin lässt sich immerhin behandeln. Wie bereits geschrieben ist es wohl das beste, wenn du deiner Freundin so gut es geht zur Seite stehst und auf ihre Bedürfnisse eingehst. Wenn sie nicht möchte, dass du dabei bist, wenn sie die Chemo bekommt, dann lässt sich wohl nichts daran ändern. Könnt ihr denn wenigstens darüber reden? Ich meine, kannst du ihr sagen, dass du sehr gerne für sie da wärst, wenn sie in der Klinik ist? Sagen würde ich es in jedem Fall. Aber ich würde ihr auch sagen, dass du trotzdem hinter ihr stehst und natürlich alles machst, was ihr gut tut. Das mit dem Arzt verstehe ich jedoch nicht ganz... Das ist schon sehr krass, wenn ich das so sagen darf. Aber ich glaube, man kann als nicht direkt selbst Betroffener nicht nachempfinden, wie das ist. Der eine schottet sich ab, der andere redet nur noch darüber... Jeder Mensch geht eben anders mit dieser Situation um.

Wenn ich das höre, dass deine Freundin solche Gedichte schreibt, kommen mir die Tränen... Es ist wirklich hart, sowas zu hören. Darf ich fragen, wie alt sie ist?

Andererseits zeigt das wiederum, dass sie sich nämlich sehr wohl Gedanken darüber macht und dich in jedem Fall an ihrer Seite haben möchte. Und wenn ich dir einen Rat geben darf: mach dir keine Gedanken darüber, was ist, wenn es mal soweit sein sollte, dass du sie nicht begleiten kannst... Ich kann dir nur sagen, dass ich am liebsten mitgegangen wäre... Aber es geht nicht. Und letztendlich ist es für die Hinterbliebenen am schlimmsten. Denn der Betroffene ist dann ENDLICH von allem erlöst...

Aber darüber müssen wir jetzt nicht reden. Sie wird es schaffen, wenn sie es will. Sie muss kämpfen - ihr müsst kämpfen. Diese sch**** Krankheit hat es nicht verdient zu gewinnen!!

Du kannst jederzeit deine Gedanken hier runterschreiben - und wenn du es einfach nur loswerden willst. Ich habe auch einfach vieles runtergeschrieben ohne eine Antwort von den anderen Nutzern zu erwarten. Aber es tut einfach gut...

Ich schick euch ganz viel Sonnenstrahlen und viel Kraft!

Liebe Grüße
Anna

raik
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Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von raik » 26.06.2011, 19:04

hallo,
... ich möchte mich erst einmal bedanken für Eure Beiträge.
In den letzten Wochen hat mich diese Sache so sehr beschäftigt, das ich einsehen mußte mir irgendwo Menschen zu suchen, die damit Erfahrungen gemacht haben und die mir vielleicht helfen könnten.
Ich denke wenn ich einfach in die Klinik fahren würde, hätte ich irgendwie das Gefühl das Vertrauen meiner Freundin zu brechen und das möchte ich nicht.
Was ich aber ansprechen mußte ihr gegenüber, war die Sache, das sie, wenn sie bei ihrem Arzt ist, per Handy nicht erreichbar ist für mich. Andersherum geht sie nie ans Handy wenn der Arzt anruft wenn ich bei ihr bin. Ihr Arzt, der zweifellos sehr selbstlos ist, wird weggeschickt wenn er zu uns kommen möchte und darf erst da sein, wenn ich weg bin. Machmal hatte sie sogar ihr Handy leise gestellt damit ich nicht höre wenn er sie anschreibt. Für mich war es dann sehr schwer zu verstehen, das der Arzt zu mir auf Arbeit kam ( ich arbeite als Türsteher in speziellen Geschäften ) um sich ein Bild von mir ein Bild zu machen. Er stellte sich natürlich nicht vor. Ich weiß nicht wie ich darüber denken soll.
Meine Freundin schreibt mir viele Gedichte. eines davon endete mal mit: "...Danke das du da bist !
Und wenn der Tag kommt, an dem ich gehen muß,
weiß ich das du da bist und du begleitest mich über
die Brücke bis vor das Tor,
wo du nicht mitkommen kannst
...und wo wir Abschied nehmen"... ich versuche sie jeden Tag aufzubauen, damit genau dies nicht geschieht, aber sollte es irgendwann dazu kommen und ich könnte aus den genannten Gründen nicht bei ihr sein, wüßte ich nicht wie ich weitermachen könnte.
... hallo Anna, dir erging es ähnlich wie mir jetzt und es tut mir sehr, sehr leid, das dein Freund nicht mehr da ist. Du siehst einiges ähnlich wie Jan und ich denke auch, das ihr recht habt. Ich muß lernen zu akzeptieren das ich meiner Feundin nicht die Hand halten kann wenn sie ihre Chemo bekommt. So gehe ich zur Arbeit...und sie zur Chemo, sie möchte es so, aber es verlangt mir unwahrscheinlich viel ab, weil ich mich hilflos fühle und nicht dort sein kann wo ich ja in Gedanken eh nur bin.
.... danke für Eure Antworten

Raik

Gast

Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von Gast » 25.06.2011, 20:37

Hallo Raik,

ich sehe das ähnlich wie Jan. Als mein Freund 2007 einen Rückfall bekam, blockte er jedes Gespräch in Bezug auf die Krankheit ab. Ich durfte ebenfalls nicht mit in die Klinik. Er lehnte eine weitere Behandlung ab. Daher kam es dann zu keinen Klinikbesuchen mehr. Dennoch versuchte er zu Hause so "normal" wie möglich weiterzuleben. Was natürlich ziemlich schnell nicht mehr ging. Er erzählte sogar seinen Freunden nichts von seinem Rückfall. Jedes Mal wenn ich versuchte mit ihm darüber zu reden, wich er mir aus... Ich kann dich gut verstehen, dass es für dich schwer ist, damit umzugehen. Ich fand es damals auch furchtbar. Ich fühlte mich ebenfalls total ausgeschlossen - wo ich ihn doch in allem unterstützen und begleiten wollte.

Aber ich denke tatsächlich, dass es so ist, dass deine Freundin ihr "normales" Leben so gut es geht weiterleben möchte und dich nicht belasten möchte. Mein Freund hat damals zu mir gesagt, dass er nicht will, dass ich mir noch mehr Gedanken mache, als ohnehin schon.

Aus diesem Grund habe ich mich damals hier reingelesen. Das Thema "für immer eingeschlafen" ist von mir eröffnet. Bevor er starb habe ich viele Stunden hier imn Forum verbracht und mich mit Betroffenen unterhalten. Ich habe auch meinem Freund vorgeschlagen, sich mit dem Forum hier zu beschäftigen. Er wollte das jedoch nicht... Mir hat es jedoch sehr geholfen, hier meine Sorgen, Fragen und Bedenken loszuwerden.

Ich wünsche euch von Herzen alles, alles Liebe & Gute! Viel, viel Kraft und starken Zusammenhalt. Auch wenn es dir vielleicht schwer fällt, unterstütz sie einfach so gut es geht in dem was sie macht. Sie meint es sicher nicht böse.

Liebe Grüße
Anna

jan
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Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von jan » 25.06.2011, 18:27

Hallo Raik

Es ist von aussen natürlich etwas schwierig, sich in die Situation reinzuversetzen, ohne Euch beide zu kennen.

Was ich mir aber vorstellen könnte, ist, dass sie versucht, die Krankheit von dem Leben mit dir abzuschotten, um ihr nicht den letzten Rest normalen, glücklichen Lebens, den sie verzweifelt zu verteidigen versucht und den Du verkörperst, zu nehmen. Nach allem, was Du schreibst, hat sie schon einen sehr schwierigen Weg hinter sich, die Leukämie hat sie schwer mitgenommen, und Familie und Freunde sind unter schmerzhaften Umständen von ihr gegangen. Ich kann ja nur mutmaßen, aber vermutlich ist die Klinik für sie ein weiterer Platz der Hilflosigkeit und der Bedrohung, und sie will vermeiden, dass sich dies mit dem 'heilen' Leben mit Dir vermischt. Auch wenn es Dir sehr schwer fällt, dass sie dich daran nicht teilhaben lässt, aber vielleicht ist dies für sie die einzige Möglichkeit, eine Bedrohung auf Eure Beziehung abzuwehren. Ich würde nicht versuchen, zu erzwingen, dabei zu sein, und ich wäre auch mit unabgesprochenen Überraschungsbesuchen in der Klinik eher vorsichtig.

Gib ihr weiter das Gefühl, dass Du auch in der Welt der Leukaemieerkrankung für sie da sein möchtest, aber setze sie nicht unter Druck und respektiere ihre Entscheidung. Du erreichst vielleicht sonst nur Gegenwehr, die Eurer Beziehung nicht hilft.

Sicher wäre es schöner und ehrlicher, wenn sie Dich einbeziehen würde, aber wenn sie es offensichtlich partout nicht möchte, hilfst Du ihr auch nicht, wenn Du es erzwingst. Vielleicht ist Deine eigene Enttäuschung, nicht eingebunden zu sein, das geringere Übel.

Viele Gruesse
Jan

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Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von annachristine » 25.06.2011, 17:28

Hallo Raik,
ich kann vieles von Dir nach vollziehen.
Ich bin auch nicht betroffen, aber die Ehefrau. Als mein Mann die Diagnose erhielt, daß er an CLL erkrankt ist, hat er es erst begriffen, als ich ihn ins Krankenhaus brachte und die Ärzte es ihm sagten. Ich wußte es bereits aus der Einweisung unseres Arztes, nur nicht die Art der Leukämie.
Für meinen Mann ist es auch wichtig, daß ich möglichst nicht mit zu den Kontrolluntersuchungen, die jetzt noch erfolgen, kommen. Während der Chemo habe ich ihn ins Krankenhaus gebracht, täglich besucht, ihm Mut gemacht zu kämpfen. Bei der Kur war er glaube ich stolz, daß ich immer für ihn da war, auch mit zur Kur gekommen bin. Ich habe es ihm gegenüber nie gezeigt, wie es in mir aussieht. Das weis er bis heute nicht, denn ich habe auch Angst um ihn.
Schimm ist es für ihn, wenn er zu Untersuchungen ins Krankenhaus muß. Er hat panische Angst. Doch die große "Klappe" riskiert er dann immer, wenn er doch mal wieder dort bleiben muß. Nach den Chemos bisher drei Mal wegen Folgekrebserkrankungen, die aber im gesunden Gewebe entfernt werden konnte.
Seit seiner Erkrankung im März 2007 leben wir anders; wir planen nichts weit voraus sonder entscheiden spontan unsere Unternehmungen. Ich sehe aber auch, wie es ihm kräftemäßig am Tag geht. Darauf angesprochen möchte mein Mann nichts hören. Er will stark sein.

Weshalb Deine Freundin sich abblockt kann viele Ursachen haben. Sie war es gewönt bis zu Eurem Kennenlernen für sich zu entscheiden. Sie möchte in dieser Hinsicht frei sein, aber auch Deine Gegenwart haben.
Motiviere sie sich doch mal einen eigenen Rat hier im Forum zu holen. Reden (schreiben) ist für jeden gut.
Mach ihr klar, daß Du dich für sie trotz der Krankheit entschieden hast und sie zu Dir gehört. Es muß ja nicht sofort die Heirat sein, aber man kann diese doch evtl. anvisieren. Es macht Hoffnung beim Kampf gegen die Krankheit.
Wenn Du weißt in welchem Krankenhaus sie zur chemo ist, dann besuch sie einfach dort spontan. Auf welchem Zimmer Du sie findes sagt die Info im KH. Es kann sein, daß so ein anderes Verhalten von ihr kommt.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft.

Liebe Grüße
Anna-Christine

Aramis
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Re: meine Freundin hat Leukämie und schottet sich ab...

Beitrag von Aramis » 25.06.2011, 09:52

Hallo Raik,
schön das du dich überwunden hst und hier schreibst.
Vielleicht kannst du deine Freundin auch dazu bringen hier zu lesen. Sie kann auch anonym schreiben, das hilft vielleicht. Ich denke das sie einfach keinen anderen mit Ihrer Krankheit belasten will. Da mein Mann an CML erkrankt ist und nur Tabletten nehmen muss habe ich dieses Problem nicht. Aber ich denke das Sie doch bei einem onkologen in Behandlung ist und davon gibt es nicht so viele.Warum konntest du nicht in die Klinik? Verbietet Sie das du sie besuchen kommst ?Drücke Dir die Daumen das ihr das Problem lösen könnt.

LG Gabi

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