Verloren..

Wie gehe ich mit Leukämie im Alltag um? Wie unterstütze ich als Freund oder Angehöriger? Welche Erfahrungen gibt es bezüglich Rente, Behindertenausweis, Psychotherapie, Kur?

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Joern
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Beitrag von Joern » 10.11.2008, 21:20

Hallo Maren,
erst einmal mal mein Beileid.
uff .. mhh ....
mir fehlen da die Worte.
Gottes Wege sind manchmal nicht so einfach zu verstehen.

Eines ist mir dazu aber eingefallen, es wird nicht jeden gefallen.
Bei den heutigen Krankenhäusern erstaunt mich deine geschilderte Geschichte leider nicht.
Was manchmal im Krankenhaus so passiert, bzw. wie es sich in den letzten Jahren entwickelt hat, einfach schrecklich.
Der Zeitdruck ist riesig und die Personaldecke ist dermaßen dünn, ganz nah an der grenze zum Machbaren. Eigentlich geht es manchmal schon nicht mehr.
Deswegen sehen sich diejenigen Doktores, die etwas können, nach besseren Stellen um (warum muss ich mir das antun), was ja kein Kunststück ist, da überall Leute gesucht werden.
Die jungen Ärzte kommen frisch von er Uni, um dann gleich im Schichtdienst zu arbeiten.
Manchmal eben auch allein, weil in einem Saal gerade operiert wird, im anderen ein Kind zur Welt kommt und ...
Wer erwartet ernsthaft nach einem Dienst von nicht selten 20 Stunden und mehr noch eine 100% arbeit.
Das geht schlicht nicht.
Wenn dann im Blutbild nicht genau hingesehen wird ist das nur eine Folge des augenblicklichen Systemes.
Maren, verstehe mich nicht falsch.
Nicht jedes Krankenhaus ist schlecht.
Du hast nichts falsch gemacht. Du bist kein Arzt, 'nur' die Tochter.
Behalte Deinen Papa so im Gedächtnis wie Du ihn erinnerst, in den besten Tagen!

Man könnte erwarten, im Krankenhaus die optimale Versorgung zu bekommen.
Allein, dem ist manchmal nicht mehr so.
Und ich sage voraus, es wird schlimmer, weil es keiner mehr bezahlen kann und schlicht weil es zu wenig Ärzte gibt.
Gruss Jörn
PS. Eins ist mir noch wichtig zu sagen: Maren, ich kenne den Verlauf der Erkrankung deines Vaters nicht. Manchmal ist es bei dieser Krankheit einfach zu spät. Da kann auch die beste Therapie nichts mehr machen. Da ist dann jede Hilfe zu spät. Und dann bleibt einem nur noch dazusitzen und die Situation zu akzeptieren und zu trauern. Das Leben kann so schön sein, manchmal aber auch eben nicht. Gerade das ist Leben.

Maren
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Beitrag von Maren » 10.11.2008, 20:14

Danke für deine Worte.
Ich werde einfach so schwer damit fertig, dass ich ihn morgens noch gesehen hab und es dann alles so wahnsinnig schnell ging..er war so optimistisch, er hat den Ärzten blind vertraut. Ich denke auch, er hatte sehr sehr viel Angst vor ner neuen Diagnose. Ich hab so oft gesagt, er soll doch bitte mal in ein anderes Krankenhaus, das wollte er nicht. Er sagte immer: Du siehst doch, sie haben mir geholfen mit der Chemo und wenn ich jetzt woanders hingehe, gehen alle Untersuchungen etc. wieder von vorne los.
Manchmal mache ich mir solche Vorwürfe, dass wir ihn net 2 Tage früher ins Krankenhaus gebracht haben. Aber die Ärzte sagen, die inneren Blutungen können schon Wochen vorher begonnen haben- dann hätte er vielleicht noch mitbekommen, dass ers nicht schaffen kann und das wäre noch viel viel schlimemr gewesen. Er war so optimistisch und wusste nicht, wie schlimm es um ihn steht, das ist ein großer Trost.

Ich will hier keinem Angst machen! Ich sage extra dazu, dass mein Papa keine ganz gesunde Leber hatte (die übrigens nie behandelt wurde, obwohl im Arztbericht-den einzigen den wir haben- Dez. 2007 was von Leberzirrhose stand) und dann wahrscheinlich so viele Faktoren zusammengespielt haben, die Organe habens einfach nicht mehr gepackt.
Mir ist es ein Rätsel, wie ein Arzt das Nasenbluten so sehr verharmlosen kann- er sagte dienstags noch: "Am Montag bekommen Sie die letzte Chemo, dann gehts in Reha"-4 Tage später war Papa tot.... <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_cry.gif">


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unknown

Beitrag von unknown » 10.11.2008, 19:57

Liebe Maren,
mein tiefes Beileid zum Verlsut von deinen Vater.
Das was du schreibst ist wirklich der Albtraum aller Angehörigen
und Patienten.
Es ist wirklich verwunderlich, dass die Ärzte anhhand von dem Quickwert
nicht stuzig geworden sind und dass ihr anscheinend nie die Blutbilder in die Hand bekommen habt,
um euch selber ein bisschen "zuversichern", dass alles in Ordnung ist.
Wenn man öfters so eine Tabelle in der Hand hat, bekommt auch der Laie
ein bisschen Routine.
Aber... was... wäre... wenn... Bitte Verzeih.

Deine Mutter kann auf den Arztbericht bestehen. Entwerder ihr holt ihn in der Ambulanz,
oder lasst euch eine Kopie von euren Hausarzt geben, der wohl den Bericht erhält,
da er deinen Vater wohl immer eine Überweisung für die Ambulanz gegeben hat.

Es ist sehr traurig deinen Bericht zu lesen und es macht mir Angst, wir groß doch die Unterschied alleine schon in Deutschland bei der Behandlung von Leukämie ist.

Ich kann nur allen Raten, die Maren ihren Beileid bekunden und Patient(in) oder Angehörige(r)
ist, tritt so etwas auf, nicht abwimmel lassen, eine zweite Meinung einholen,
denn es kann um Leben und Tot gehen.
Lernt nicht in Gottvertrauen zu versinken, und zu denken, der Arzt weiß was er da tut,
lernt ein selbstdenkender Patient/Angehöriger zu sein, der Blutwerte lesen kann
der intuitiv merkt, hier ist etwas nicht in Ordnung.
Beschäftigt euch mit dem Thema die zu Leukämie gehören.
Bekommt ein Gefühl für euren Körper.

<IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_cry.gif"> Gladys

Maren
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Beitrag von Maren » 10.11.2008, 18:01

Hallo,

nun endlich hab ich den Mut und die Kraft, hier wieder zu schreiben.
Ich habe Anfang des Jahres schonmal bei "Diagnose und Arztberichte" (Fragen über Fragen) gepostet, weil man bei meinem Papa Leukämie festgestellt hat. Es wurde erst sehr spät diagnostiziert, erst nachdem man ihm 3 mal Knochenmark entnommen hat.
Nach der Diagnose bekam er sofort Chemo, welche auch laut der Ärzte im Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern sehr gut anschlug. Er bekam sie einmal im Monat ambulant.
Er hatte zwar immer sehr starke Nebenwirkungen, aber danach gings ihm richtig gut.
Im Mai bekam er dann gesagt, dass er im August in Reha gehen könne. Danach wollte man ihn mit Tabletten behandeln.
Anfang Juli bekam Papa extreme Fieberschübe, aber die Ärzte gaben ihm Antibiotika und haben die letzte Chemo vor der Reha immer weiter hinausgeschoben.

Am Montag, 14.7.08 bekam Papa extrem Nasenbluten und fuhr direkt ins Krankenhaus. Da hieß es nur, das Blutbild sei völlig in Ordnung und es hätte nichts mit der Leukämie zu tun, er bekam daraufhin die Adern in der Nase verödet. Dienstags das Selbe, wieder die selbe Antwort von den Ärzten. Mittwochs hatte Papa über beiden Augen extreme Blutergüsse und redete nur noch verwirrt. Da er im letzten halben Jahr extrem viel Antibiotika bekommen hatte und zu diesem Zeitpunkt auch wieder Hammer-Antibiotika einnahm, dachten meine Mutter und ich, diese Verwirrtheit würde davon kommen (steht in der Packungsbeilage). Wir beschlossen,donnerstags morgens gleich ins Krankenhaus zu fahren. Morgens war er jedoch so schwach, dass wir den Krankenwagen riefen. Ich fuhr auf die Arbeit, mit dem Gedanken, dass er jetzt nochmal ordentlich durchgecheckt wird und wieder stationär ins Krankenhaus muss und dass ich ihn abends besuchen werde. Mittags kam dann der Schock-Anruf meiner Mutter. Ich solle sofort kommen, die Ärzte müssten mir alles erklären und es sähe nicht gut aus...auf der Intensivstation sagte man mir dann, dass Papa im künstl. Koma liegt. Er hatte unterwegs einen Herzinfarkt.
Er hatte innere Blutungen und die Organe würden nach und nach versagen, die Leber hatte zu diesem Zeitpunkt schon versagt. Er hatte zusätlich Krampfadern in der Speiseröhre. Dann war mir auch klar, dass die Blutergüsse und die Verwirrtheit von den inneren Blutungen kamen, diese hatten einen Schock bei ihm ausgelöst. Am nächsten Morgen um 11.15 Uhr ist mein Papa verstorben.

Ich kann mir bis heute nicht erklären, warum er montags und dienstags angeblich so gute Blutwerte hatte und man sicher war, dass das Nasenbluten nicht von der Leukämie kommt.
Den abschließenden Bericht aus dem Krankenhaus haben wir bis heute nicht bekommen.
Wisst ihr, ob den Angehörige anfordern können oder muss das über den Hausarzt laufen? Auf der einen Seite will ich es ruhen lassen, es bringt ihn mir nicht wieder, aber auf der anderen Seite brennt mir die Frage unter den Nägeln, ob die Ärzte über dieses Nasenbluten zu leicht hinweggesehen haben...mittlerweile denke ich einfach, dass seine Organe das alles nicht mehr mitgemacht haben, er hatte eine Fettleber und auch noch Diabetes, das spielt sicherlich auch eine Rolle, aber dass man einen Leukämiepatienten 2 mal hintereinander wieder heimfahren lässt, wenn er so stark Nasenbluten hat und angeblich die Blutwerte super sind, verstehe ich nicht. Dass er Blutergüsse über den Augen hat, hat er telefon. mitgeteilt, daraufhin hieß es, er solle am nächsten Tag mal vorbeikommen....

Gruß,

Maren
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