Am Klinikum der Universität München verfolgt ein psychoonkologisches Forschungsprojekt das Ziel herauszufinden, wie Betroffenen bei der Bewältigung von Belastungen durch die Krebserkrankung geholfen werden kann. Das Forschungsteam begleitet derzeit etwa 50 Patienten, die an einer bösartigen Erkrankung des lymphatischen oder blutbildenden Systems leiden, und untersucht, ob eine Psychotherapie die Lebensqualität während und nach der Stammzelltransplantation verbessert.
Jährlich erkranken in Deutschland etwa 350.000 bis 400.000 Menschen an Krebs. Zwischen drei bis fünf Millionen Betroffene befinden sich in Behandlung oder im Anschluss an eine Therapie in der Nachsorge. Die Konfrontation mit einer lebensbedrohenden Erkrankung stellt meist eine schwerwiegende Belastung für den Patienten dar; aber auch das soziale Umfeld ist betroffen. Die Krankheit rückt schlagartig in den Vordergrund aller Lebensbereiche und viele Patienten berichten von Ängsten, Erschöpfungszuständen, Schlafstörungen, Depressionen, Kontroll- und Orientierungsverlust. Zusätzliche Belastungen bringen Therapien mit Nebenwirkungen und längere Krankenhausaufenthalte mit sich. Auch ein finanzieller Verlust durch die Erkrankung kann schwerwiegende Folgen haben.
Am Klinikum der Universität München verfolgt ein psychoonkologisches Forschungsprojekt das Ziel herauszufinden, wie Betroffenen bei der Bewältigung von Belastungen durch die Krebserkrankung geholfen werden kann. Die Forschungsmethoden sind in der Regel Interviews (Gespräche) und verschiedene Fragebogen, die sich mit dem Ausmaß der seelischen Belastung, den Bewältigungsstrategien, Beschwerden oder Schmerzen befassen. Die Auswertung ermöglicht, die Lebensqualität der Patienten in allen Phasen der Erkrankung zu erfassen: zum Zeitpunkt der Diagnosestellung, bei der Planung von Therapien, während der Krankenhausaufenthalte sowie in der Zeit nach der Entlassung.
Patienten nach BlutstammzelltransplantationDas Forschungsteam aus zwei Fachärzten, drei Psychologen und einer Fachkrankenschwester am Standort Innenstadt begleitet derzeit etwa 50 Patienten, die an einer bösartigen Erkrankung des lymphatischen oder blutbildenden Systems leiden, und untersucht, ob eine Psychotherapie die Lebensqualität während und nach der Stammzelltransplantation verbessert. "Bei diesen Erkrankungen ist durch den medizinischen Fortschritt in Chemo- und Radiotherapie die Diagnose und Therapie sehr klar umrissen und ermöglicht mittlerweile eine Bandbreite von einer deutlich längeren therapiefreien Zeit bis hin zu realen Heilungschancen", so Dr.Irmgard Bumeder, Onkologin in der Medizinischen Klinik, Ziemssenstraße. Die Ergebnisse der Untersuchungen können auf alle Krebspatienten übertragen werden.
Die psychoonkologischen Basistechniken reichen von Gesprächstherapien über Entspan-nungsverfahren und kreative Therapien wie Musik- und Kunsttherapie bis hin zur Krisenintervention und Angehörigenberatung. Der therapeutische Ansatz ist tiefenpsychologisch und sieht das aktuelle Verhalten des Patienten sowie sein Handeln in der Familie und seinem Umfeld. "Dabei geht es im Unterschied zur Behandlung beispielweise von Neurosen nicht um unbewusste Konflikte oder die Persönlichkeitsstruktur, sondern ausschließlich um die Verarbeitung der mit der schweren körperlichen Erkrankung und deren Behandlung eingehenden Belastungen," hält Dr. Eckhard Frick, Psychiater und Psychoanalytiker am Klinikum, fest.
Erste Ergebnisse zeigen, dass psychologische Unterstützung, kreative Therapien und Beratungsgespräche nicht nur zu einer subjektiven Entlastung, sondern auch zu einer objektiven Verbesserung des Lebensgefühls führen. "Unser Ziel ist es, für die Patienten Versorgungswege zu finden, die allen Bedürfnissen gerecht werden", so Frick. "Ein entsprechendes Netzwerk besteht zwischen den beiden Universitätskliniken und den vier städtischen Krankenhäusern in München. Wir hoffen auf eine Verzahnung medizinisch und psychologischer Hilfe, egal ob ambulant oder stationär".
Kontakt: Dr. Eckhard Frick
Psychiater und Psychoanalytiker
Abteilung für Psychotherapie und
Psychosomatik, Nussbaumstr. 7, 80336 München
Fax +49 (0)89/5160-3930 Fon -5381 oder 2386-2230
Weiterführende Informationen:Webseite Psychoonkologie.org Webseite des Klinikums der Universität MünchenQuelle: idw-Meldung vom 10.02.2004
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Psychoonkologie
Zusammenfassung von Aktivitäten auf einem Feld, in dem Krebskranke mit und in ihrer Umgebung in der krankheitsspezifischen Problematik Hilfe erfahren. Dabei wird eingegangen auf soziale und psychische Faktoren, auf direkte Auswirkungen der Krebserkrankung oder -therapie auf die Psyche, sowie die Auseinandersetzung der Patienten, ihrer Angehörigen und der medizinischen Betreuer mit der Krebserkrankung.
Psychosomatik
Lehre von den körperlich-seelischen Zusammenhängen bei Erkrankungen
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Blutbild
Untersuchung der Zusammensetzung der Blutzellen nach Art und Anzahl, besonders genau im Differentialblutbild
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
MR
Molekulares Ansprechen (= molecular response (engl.). Es wird ausgedrückt durch die Anzahl der CML-spezifischen Gene im Blut
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
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