Der Informations- und Beratungsbedarf von Bürgerinnen und Bürgern in Gesundheitsfragen nimmt stetig zu. Erstmals gibt es in Deutschland ab sofort ein bundesweites Netzwerk unabhängiger Beratungsstellen für die Patientenberatung, das diesem Bedarf entgegenkommt. Wer mit einer Behandlung unzufrieden ist, sich mit der Krankenversicherung streitet oder einen Arztbrief nicht versteht, kann sich ab sofort auch an die "Unabhängige Patientenberatung Deutschland" wenden. Das neue von Sozialverbänden und Verbraucherzentralen getragene Netzwerk hat bundesweit 22 Beratungsstellen mit Gesundheits-, Rechts- und Sozialexperten sowie eine Telefon-Hotline.

Finanziert wird der Modellverbund zunächst bis 2010 mit rund 5,1 Millionen Euro jährlich von den gesetzlichen Krankenkassen. Dazu wurden sie mit der Gesundheitsreform 2000 verpflichtet, wie die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel, sagte. Die Informationen sollen jedoch neutral und unabhängig sein. Vorläufer des Verbunds waren 30 Modellberatungsstellen, die zum Teil in das neue Netz eingebunden wurden. Am 30. Januar 2007 hat der Modellverbund "Unabhängige Patientenberatung Deutschland" offiziell seine Arbeit aufgenommen.

Damit stehen den Rat suchenden Patientinnen und Patienten in 22 Orten bundesweit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für eine kostenfreie persönliche Beratung zur Verfügung. Gleichzeitig startet eine telefonische Beratungshotline, die über eine bundeseinheitliche Telefonnummer 01803-117722 (9 Cent/Minute aus dem deutschen Festnetz) zu erreichen ist. Ergänzend zu diesem Angebot wird in vier überregionalen Beratungseinrichtungen z.B. über Essstörungen oder Arzneimittel informiert. 

Als Gesellschafter der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland haben sich der Sozialverband VdK Deutschland e.V., der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. sowie der Verbund unabhängige Patientenberatung e.V. zusammengeschlossen. Die jahrelange Erfahrung dieser drei Gesellschafter soll für hohe Qualität und Glaubwürdigkeit in der Beratung bürgen.

"Das politische Ziel ist es, ein von Kassen und Leistungserbringern unabhängiges Beratungs- und Informationsangebot in Deutschland als Regelleistung aufzubauen" sagte die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel, bei der Pressekonferenz zum Start des Angebots in Berlin. Sie beschrieb den Informationsmangel vieler Patienten als Schwachstelle im deutschen Gesundheitswesen. Ein Ländervergleich ergab zum Beispiel, dass fast jeder zweite Patient in Deutschland keine Aufklärung über die Behandlungsziele erhält, 61% vermissen Aufklärung über Behandlungsalternativen, 40 Prozent beklagen Koordinationsprobleme zwischen den verschiedenen Leistungsebenen, 23% bekommen widersprüchliche Informationen von Ärzten.

Im "Dschungel" des Gesundheitswesens sollen nun die Berater weiter helfen, wie Susanne Angerhausen vom Verbund unabhängiger Patientenberatung - neben Sozialverband VdK und Verbraucherzentrale Bundesverband einer der drei Träger des neuen Netzwerks - sagte. Tatsächlich suchen Patienten häufig in Krisen Rat: Im Alltag der Beratung gehe es um Behandlungsfehler, um alternative Behandlungsmethoden, um verweigerte Fahrtkostenerstattung oder um Übersetzungshilfe für medizinisches oder juristisches Fachchinesisch, berichtete die Berliner Beraterin Havva Arik.

Wo die 22 Beratungsstellen zu finden sind, lässt sich auf der Webseite des Modellverbunds einsehen. Sie sind allerdings verbindlich nur 16 Stunden die Woche offen, während die Telefonberatung montags bis freitags von 10-18 Uhr zur Verfügung steht. Die Beratung erfolgt kostenfrei, neutral und unabhängig. Diese Unabhängigkeit ist eine Voraussetzung, um Autonomie und Eigenverantwortung von Patientinnen und Patienten zu stärken.

Neben der internen Qualitätssicherung im Rahmen des Modellverbundes stellt die wissenschaftliche Beratung durch einen Beirat und die wissenschaftliche Begleitung durch die Prognos AG eine externe Evaluation und einen Informationstransfer sicher. Die Erfahrungen aus dem Modellvorhaben werden zusammengefasst als Entscheidungsgrundlage der Politik dienen, ob und wie die unabhängige Patientenberatung aus ihrem Modellcharakter hinauswachsen soll.

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