Das Fred Hutchinson Krebsforschungszentrum (Seattle, USA) hat kürzlich neue Daten zu den Chancen einer Stammzelltransplantation bei Vorliegen von Zweiterkrankungen (
Komorbiditäten) bereits vor der Behandlung vorgestellt. In der Untersuchung wurden die Daten von 1055 transplantierten Patienten in Hinsicht auf das Vorliegen von
Komorbiditäten und deren Einfluss auf das Behandlungsergebnis untersucht. Der sogenannte Charlson Komorbiditäts-Index (CCI) wird dabei als hilfreicher Indikator für die Risikoprognose der nicht-rückfallbedingten Sterblichkeit gesehen und soll dazu dienen, bei der Abwägung verschiedener Behandlungsoptionen zu unterstützen.
Die Untersuchung analysierte die Daten von in den Jahren 1997-2003 behandelten Patienten, wovon 761 volle
myeloablative Stammzelltransplantationen und 294 Patienten dosisredizierte "Mini-
Transplantationen" oder nicht-
myeloablativen Transplantationen erhielten. Die Mehrheit (66%) der Patienten hatten
myeloische Leukämien. Bei etwas mehr als der Hälfte der Patienten stand ein Familienspender zur Verfügung, bei den anderen ein Fremdspender.
Die folgende, aus dem Originalartikel vereinfacht entnommene Tabelle listet in vereinfachter Form die verschiedenen Gesundheitsprobleme, die "
Komorbiditäten", auf, und ordnet jedem einen Punktwert zu. Die Addition der Punkte ergibt einen Zweiterkrankungs-Risikowert - je kleiner dieser ist, desto geringer ist das Transplantationsrisiko nach CCI.
Definitionen | Punkte |
Herzrhythmusstörungen, z.B. Vorhofflimmern, Sinusarrhythmie |
1 |
Am Herzen: Herzarterienerkrankung, Herzinsuffizienz, Herzinfarkt |
1 |
Gastrointestinal, z.B. Morbus Crohn, Geschwüre |
1 |
Diabetes mit erforderlicher Behandlung mit Insulin oder Tabletten (nicht nur Ernährung) |
1 |
Schlaganfall oder Verletzungen des Hirns |
1 |
Psychische Erkrankungen, z.B. behandlungsbedürftige Depression oder Angststörung |
1 |
Chronische Hepatitis, Bilirubin 1-1.5mal über oberer Normgrenze, oder AST/ALT 1-2.5mal über oberer Normgrenze |
1 |
Übergewicht, Patienten mit einer Körpermassenindex (BMI) über 35 kg/m2 |
1 |
Infektionen, Erforderlichkeit der Fortsetzung antimikrobieller Behandlung nach dem ersten Tag |
1 |
Rheumatologische Erkrankungen, z.B. Lupus, RA, Polymyositis, Mixed CTD, rheumatische Arthritis |
2 |
Behandlungsbedürftiges Magengeschwür |
2 |
Gemäßigte/schwerwiegende Nierenprobleme, Kreatinin im Serum über 2 mg/dl, Dialyse, oder vorherige Nierentransplantation |
2 |
Lungenerkrankung, z.B. erschwerte Atmung bei geringer Belastung |
2 |
Früher behandelter solider Tumor, außer nicht-melanomer Hautkrebs |
3 |
Herzklappenerkrankung |
3 |
Schwerwiegende Lungenkrankheit, z.B. Atmungsprobleme in Ruhe, oder erforderliche Sauerstoffbehandlung |
3 |
Gemäßigte/schwerwiegende Leberprobleme, z.B. Leberzirrhose, Bilirubin über 1,5mal obere Normgrenze, oder AST/ALT über 2,5mal obere Normgrenze |
3 |
Lungen- und Leberprobleme wiesen neben soliden Tumoren und Herzklappenfehlern die höchsten Risikoscores auf. Beispielsweise hatten 347 Patienten der Studie gemäßigte (2 Punkte) oder schwerwiegende (3 Punkte) Lungenprobleme, und 122 dieser Patienten starben aus nicht-rückfallbedingten Gründen.
Die folgende Grafik zeigt die deutlichen Unterschiede im allgemeinem Überleben von drei Patientengruppen: Die Gruppe ohne
Komorbidität, die Gruppe mit 1-2 Punkten, und die Gruppe mit 3 oder mehr Punkten. Nach zwei Jahren betrug das Überleben in den Gruppen 71%, 60% und 34%.
Comorbidity Index (Sorror, et. al.)Beim Lesen dieser Statistiken muß jedoch berücksichtigt werden, dass viele Studien (wie diese) zu Stammzellentransplantationen über verschiedene Leukämiearten berichten und unterschiedliche Risiken in der
Transplantation je nach Leukämieart und -Stadium bestehen (
chronisch oder
myeloisch, Diagnosezeitpunkt bzw. Stadium der Krankheit bzw. Remissionsstatus). Außerdem wiesen die Autoren darauf hin, dass die Daten nur von Patienten des Fred Hutchison Krebszentrums stammen und die Studien noch an anderen Instituten validiert werden müsste, bevor dem Ergebnis eine allgemeine Aussagekraft zukommen könne. Weiterhin kann noch auf keine Aussagekraft des CCI auf
autologe Transplantationen geschlossen werden.
Quellen (Übersetzung/Zusammenfassung in Auszü
gen - keine Gewähr auf Richtigkeit):
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Komorbidität
Das Vorkommen von zwei oder mehr diagnostisch zu unterscheidenden Krankheiten bei einem Patienten, wobei die eine Krankheit ursächlich nichts mit den anderen zu tun haben muss.
myeloablativ
stammzellzerstörend bzw. das blutbildende System zerstörend
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Morbidität
Krankheitshäufigkeit
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Prognose
Wahrscheinliche zukünftige Entwicklung einer Erkrankung auf Basis der bestehenden Befunde
autolog
körpereigen, vom Patienten selbst stammend, z.B. Eigenspende.
Leber
Die Leber (griech. Hepar) ist das zentrale Organ des gesamten Stoffwechsels. Zu den wichtigsten Funktionen gehören die Produktion lebenswichtiger Eiweißstoffe wie z. B. Gerinnungsfaktoren, die Verwertung von Nahrungsbestandteilen, die Galleproduktion und damit einhergehend der Abbau und Ausscheidung von Stoffwechselprodukten, Medikamenten und Giftstoffen. Nährstoffe, die aus dem Darm ins Blut aufgenommen werden, gelangen zur Leber und werden dann von dieser je nach Bedarf ans Blut abgegeben oder aus dem Blut entfernt. Sie ist maßgeblich für die Umsetzung von Medikamenten verantwortlich.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
MDS
Das Myelodysplastische Syndrom (MDS) bildet eine grosse Gruppe erworbener klonaler Knochenmarkskrankheiten, die durch ein zunehmendes Versagen der Knochenmarksfunktion gekennzeichnet sind. Im Gegensatz zur aplastischen Anämie ist das Knochenmark zellreich. Da jedoch die Blutbildung (Hämatopoese) ineffektiv ist, kommt es zur peripheren Panzytopenie.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
BID
zweimal täglich (lat. BID = bis in die)
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Komorbidität
Das Vorkommen von zwei oder mehr diagnostisch zu unterscheidenden Krankheiten bei einem Patienten, wobei die eine Krankheit ursächlich nichts mit den anderen zu tun haben muss.
myeloablativ
stammzellzerstörend bzw. das blutbildende System zerstörend
myeloablativ
stammzellzerstörend bzw. das blutbildende System zerstörend
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
autolog
körpereigen, vom Patienten selbst stammend, z.B. Eigenspende.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
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