Was versteht man unter einer "
hämatopoetischen Stammzellentransplantation"? Dies ist sicherlich keine Frage, die man typischerweise einem Sprachwissenschaftler stellt. Doch Prof. Dr. Udo Hahn von der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat die richtige Antwort dennoch parat. Der Inhaber des Lehrstuhls für Angewandte Germanistische Sprachwissenschaft/Computerlinguistik arbeitet derzeit mit Kollegen daran, ein Wissensmanagementsystem aufzubauen, das es Medizinern ermöglicht, eben jene "
hämatopoetische Stammzellentransplantation" (HSCT) für Patienten sicherer zu machen. "Gleichzeitig wollen wir damit den klinischen Erfolg dieser Therapie verbessern, von der vor allem Patienten mit Leukämie und anderen bösartigen Blutkrankheiten abhängig sind", erklärt Prof. Hahn. Dazu startete der Jenaer Computerlinguist mit Forschern der Medizinischen Hochschule Hannover und der Clarity GmbH das gemeinsame Forschungsprojekt "StemNet", das vom Bundesforschungsministerium (BMBF) in den nächsten drei Jahren insgesamt mit 1,7 Millionen Euro finanziert wird.
Bei einer HSCT werden die kranken blutbildenden Zellen des betroffenen Patienten durch die eines gesunden Spenders ersetzt, was dem Patienten im Idealfall anschließend ein beschwerdefreies Leben ermöglicht. Doch bevor es dazu kommen kann, muss die Verträglichkeit der
Stammzellen eines Patienten mit der einer Reihe potenzieller Spender überprüft werden, denn in der Regel stimmen ihre Gewebemerkmale nicht genau überein. Im Extremfall kann es deshalb nach einer Stammzellentransplantation zu Abstoßungsreaktionen des Immunsystems bis hin zum Tod des Patienten kommen.
Um das Abstoßungsrisiko bzw. die
Gewebeverträglichkeit im Vorfeld einer
Transplantation beurteilen zu können, werden bislang die individuellen Gewebemerkmale des Empfängers mit denen möglicher Spender abgeglichen. "Dies ist jedoch eine rein numerische Analyse", weiß Prof. Hahn. "Ein solches Verfahren erlaubt es zwar, eine Rangfolge der am besten geeigneten Spender zu erstellen. Doch die Fehlerrate ist verhältnismäßig hoch, weil viele der nicht-numerischen Parameter, die in klinischen Dokumenten oder Fachartikeln diskutiert werden, so nicht erfasst werden können". Deshalb wollen Hahn und seine Projektpartner aus einer Vielzahl weiterer Patientendaten, z. B. genetischen Informationen, zusätzliche Parameter identifizieren, die auf die
Gewebeverträglichkeit Einfluss nehmen.
Dafür entwickeln die Sprachwissenschaftler von der Universität Jena im Rahmen des Forschungsprojekts ein System zur automatischen Analyse medizinischer und biologischer Fachtexte, mit dessen Hilfe sich diese relevanten Parameter in Datenbanken, wissenschaftlichen Veröffentlichungen und anderen Beständen über das Internet automatisch aufspüren und unter Verträglichkeitsgesichtspunkten bewerten lassen. "Idealerweise entsteht so eine biomedizinische Wissensdatenbank, die permanent aktualisiert, weiter ausgebaut und öffentlich zugänglich sein wird", erhofft sich Prof. Hahn von "StemNet".
Diese Datenbank soll Medizinern künftig als Grundlage dienen, geeignete Stammzellenspender mit noch höherer Sicherheit für die Patienten auszuwählen. Gelingt dieses Forschungsprojekt, könnte computerlinguistische und sprachwissenschaftliche Forschung einen wesentlichen Beitrag zur Rettung von Menschenleben leisten - eine bislang für kaum möglich gehaltene Konsequenz von Ergebnissen aus einem geisteswissenschaftlichen Umfeld.
Kontakt:Prof. Dr. Udo Hahn
Institut für Germanistische Sprachwissenschaft der Universität Jena
Fürstengraben 30, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944320
Fax: 03641 / 944321
E-Mail:
Quelle: idw-Mitteilung vom 19.07.2006
Gewebeverträglichkeit
Alle Zellen des Körpers tragen Strukturen auf der Oberfläche, die dem Immunsystem die Unterscheidung eigen/fremd ermöglichen. Fremde Zellen werden zerstört, eigene nicht. Bei Transplantationen von Organen oder von fremden Zellen muß das Erkennungssystem (HLA-System) umgangen werden. Man sucht daher nach möglichst ähnlichen Spendern für einen bestimmten Patienten (HLA-kompatibel) und unterdrückt medikamentös das Immunsystem des Patienten. Gewebeunverträglichkeit gehört zu den wichtigsten Todesursachen nach Fremdtransplantationen. Bei Eigentransplantationen steht das Problem nicht.
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Blutbild
Untersuchung der Zusammensetzung der Blutzellen nach Art und Anzahl, besonders genau im Differentialblutbild
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
sequenzieren
Bestimmen der Reihenfolge von Nucleotiden.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
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