Rund 80 bis 85 Prozent der Patienten, die ein allogenes Stammzelltransplantat benötigen, finden in Deutschland einen geeigneten Spender, aber 15 bis 20 Prozent eben nicht. Nabelschnurblut hat sich als Stammzellquelle vor allem für die Behandlung tumorkranker Kinder bewährt, für die Behandlung von Erwachsenen gibt es weniger Daten. Ältere Krebspatienten können ohnehin häufig nur dann mit allogenen Stammzellen transplantiert werden, wenn die Konditionierung intensitätsreduziert möglich ist. Das Risiko, dass der Empfänger die allogenen Stammzellen abstößt, kann allerdings bei intensitätsreduzierter Konditionierung erhöht sein.

Nabelschnurblut mit ein bis zwei HLA-Mismatches eignet sich offenbar als Quelle für allogene Stammzellen zur Therapie älterer Erwachsener, und zwar auch nach intensitätsreduzierter Konditionierung. Das belegen Daten der University of Minnesota in Minneapolis, die Navneet S. Majhail bei der Jahrestagung der American Society of Hematology in Atlanta vorgestellt hat.

An der Studie haben 90 Probanden (55 bis 70 Jahre) mit hämatologischen Malignomen, hautpsächlich akuten myeloischen Leukämien und Myelodysplastischen Syndromen, teilgenommen. 47 Patienten hatten einen HLA-gematchten Verwandten-Spender (matched related donor, MRD), 43 Patienten erhielten Stammzellen aus Nabelschnurblut (UCB), und zwar zu 88 Prozent zwei Einheiten UCB, sodass die Zahl der kernhaltigen Zellen durchschnittlich 40 Millionen/Kilogramm Körpergewicht betrug.

Bei 93 Prozent der Empfänger von UCB gab es ein bis zwei HLA-Mismatches. Die intensitätsreduzierte Konditionierung erfolgte bei allen Probanden mit Ganzkörperbestrahlung (200 cGy) und Zytostatika. Die behandlungsassoziierte Ein-Jahres-Mortalität unterschied sich zwischen den Gruppen nicht: Sie lag im MRD-Arm bei 23 Prozent, und bei den Empfängern von UCB bei 28 Prozent. Jeweils ein Drittel der Patienten überlebte in beiden Gruppen progressionsfrei drei Jahre lang.

Das Gesamtüberleben in diesem Zeitraum betrug 43 (MRD) und 34 (UCB) Prozent. Je höher die Komorbidität der Empfänger von Stammzellen (MRD und UCB), desto höher allerdings die behandlungsassoziierte Mortalität, unabhängig von der Herkunft der Stammzellen.

"Nabelschnurblut als Stammzellquelle wird erwachsen", so Jürgen Finke von der Universitätsklinik Freiburg gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. "Es erweist sich offenbar nicht nur für Kinder, sondern auch für Patienten in höherem Lebensalter als geeignet für die Stammzelltransplantation, selbst bei ein bis zwei HLA-Mismatches." Ein grundsätzlicher Vorteil sei die rasche Verfügbarkeit von Nabelschnurblut – sofern öffentliche Nabelschnurblutbanken entsprechend gefördert würden.


Quelle: Deutsches Ärzteblatt vom 17.12.2007

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