Leukämie-Patienten erhalten oft eine Stammzelltransplantation (SZT), quasi ein »neues« Immunsystem. Dieses greift jedoch nicht nur die Krebszellen an, sondern auch gesundes Gewebe. Spezielle Antikörper sollen künftig das gesunde Gewebe schützen.Früher hatte man gegen Leukämie keine Chance. Heute können Ärzte betroffenen Patienten Hoffnung geben: Sie transplantieren Knochenmark – quasi ein »neues« Immunsystem. Die transplantierten Zellen ersetzen die erkrankten, blutbildenden Stammzellen im Knochenmark, bilden gesunde Blutzellen und zerstören zudem die Leukämiezellen.
Das Problem: Das Immunsystem kommt aus einem fremden Körper und kann sich daher auch gegen gesundes Gewebe des Patienten richten. Betroffen sind vor allem die Haut, die Leber und der Darm – ihre Zellen können zerstört und die Organe somit schwer geschädigt werden, teilweise bis hin zum Organversagen. Ärzte sprechen von der Graft-versus-Host-Disease, kurz GvHD. Wie problematisch diese fehlgeleitete Immunreaktion ist, zeigen folgende Zahlen: 50 Prozent aller Patienten können Schäden durch die GvHD davontragen, bei 20 Prozent der Behandelten kann sie sogar zum Tod führen. Ein weiteres Risiko: Bei jedem fünften Patienten tritt die Leukämie nach der Transplantation erneut auf.
Um den Krebs möglichst effektiv zu bekämpfen, behandeln Ärzte Leukämie- Patienten vor der Transplantation mit Chemotherapie und Bestrahlung. Diese Behandlungen zerstören das gesamte blutbildende System des Patienten, sie schaffen also Platz für die gesunden Zellen des Spenders. Bleibt dennoch die eine oder andere Krebszelle durch die Behandlung verschont, wird sie von den neuen Immunzellen erkannt und zerstört. Damit sich das »fremde« Immunsystem nicht gegen gesundes Gewebe richtet, geben die Ärzte den Betroffenen zusätzlich Immunsuppressiva und unterdrücken das Immunsystem somit künstlich. Ein schwieriger Spagat, denn die Immunsuppressiva unterbinden die GvHD ebenso wie die gewünschte Immunantwort, das Abtöten der Krebszellen.
Risiko einer fehlgeleiteten Immunreaktion minimieren
Forscher vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI in Leipzig arbeiten daran, die Situation für die Leukämie-Kranken zu verbessern. »Unser Ziel ist es, GvHD zu vermeiden, ohne die neue Immunwirkung auf den Tumor zu verändern«, sagt Dr. Stephan Fricke, Gruppenleiter am Fraunhofer IZI und Arzt in der Abteilung »Hämatologie und internistische Onkologie« am Uniklinikum Leipzig. »Große Hoffnungsträger sind dabei monoklonale Antikörper: Sie binden spezifisch an die Oberfläche von Immunzellen und verhindern eine unerwünschte Reaktion der Immunzellen gegen das Gewebe des Patienten.«
Das Besondere: Die Antikörper wirken auch auf die Blutstammzellen, die transplantiert werden sollen, und auf alle Immunzellen, die sich daraus entwickeln. Somit können die Forscher die Zellen bereits vor der Transplantation modulieren, und sie dazu bringen, das gesunde Gewebe des Patienten zu »tolerieren«, statt es anzugreifen. »Wir können das Risiko einer GvHD somit effektiv und ohne Nebenwirkungen senken«, erläutert Fricke. Die Immunantwort gegen verbliebene Krebszellen ändert sich nicht durch die Antikörper – sie werden weiterhin zerstört. Das Risiko, dass die Leukämie nach der Transplantation erneut auftritt, wird somit gesenkt.
Derzeit erforschen die Wissenschaftler gemeinsam mit ihren Kollegen vom Translationszentrum für Regenerative Medizin der Universität Leipzig die zellulären Grundlagen dieser Effekte. Wann ist der optimale Zeitpunkt, um die Antikörper dem Spender-Knochenmark hinzuzufügen? Wie viele der Antikörper müssen verwendet werden? Um dies zu untersuchen, simulieren die Forscher zunächst mit verschiedenen und bereits etablierten Modellen sowohl die GvHD als auch das menschliche Immunsystem. An diesen ermitteln sie dann alle relevanten Parameter.
Den »Proof of Principle« haben die Forscher bereits erbracht – sie konnten also zeigen, dass die Therapie funktioniert. Nun laufen die ersten Versuche an Mäusen mit einem menschlichen Immunsystem. Noch in diesem Jahr, so hoffen die Wissenschaftler, könnte die klinische Studie beginnen.
Online Zeitung Mensch & Krebs vom 03.04.2013
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
immunsuppressiv
Eine Immunantwort unterdrückend
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
Antikörper
Von Immunzellen (B-Lymphozyten) gebildete Proteine, die gezielt Strukturen (Antigene) auf der Oberfläche von Krankheitserregern, Zellen oder Molekülen erkennen und sich an sie binden. Antikörper dienen dem Immunsystem zur Erkennung und Zerstörung von Erregern oder abnormen Zellen.
monoklonal
von einem einzigen, genetisch identischen Zell-Klon ausgehend oder gebildet
Blutbild
Untersuchung der Zusammensetzung der Blutzellen nach Art und Anzahl, besonders genau im Differentialblutbild
Leber
Die Leber (griech. Hepar) ist das zentrale Organ des gesamten Stoffwechsels. Zu den wichtigsten Funktionen gehören die Produktion lebenswichtiger Eiweißstoffe wie z. B. Gerinnungsfaktoren, die Verwertung von Nahrungsbestandteilen, die Galleproduktion und damit einhergehend der Abbau und Ausscheidung von Stoffwechselprodukten, Medikamenten und Giftstoffen. Nährstoffe, die aus dem Darm ins Blut aufgenommen werden, gelangen zur Leber und werden dann von dieser je nach Bedarf ans Blut abgegeben oder aus dem Blut entfernt. Sie ist maßgeblich für die Umsetzung von Medikamenten verantwortlich.
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Klon
Meist Zellklon gemeint. Gruppe von genetisch identischen Zellen, die alle durch Teilung aus einer einzigen Mutterzelle hervorgegangen sind und identische Merkmale haben
GVHD
Andere Bezeichnungen: Graft-versus-Host-Disease; Bedeutung: Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
SZT
Stammzelltransplantation
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Graft-versus-Host-Reaktion
Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion ist die immunologische Reaktion von transplantierte Immunzellen (z.B. Knochenmark) gegen den Empfängerorganismus. Diese kann in der Folge einer allogenen Knochenmark- oder Stammzelltransplantation auftreten. Am häufigsten äußern sich Symptomean der Haut, Leber, dem Darm oder Auge.
Monoklonaler Antikörper
Antikörperpräparation, die nur eine einzige Struktur erkennt. Monoklonale Antikörper werden im Labor mit Hilfe von unsterblich gemachten Immunzellen gebildet, die einer einzelnen Vorläuferzelle entstammen. Gleichartige Nachkommen eines einzelnen Vorläufers nennt man Klon.
Stammzelltherapien
Meist ist der Ersatz der Knochenmarkfunktion im Rahmen von Krebsbehandlungen gemeint. Bei hochdosierten Chemotherapien, mit dem Ziel der Zerstörung aller Krebszellen, wird als Nebenwirkung auch das Knochenmark geschädigt. Störungen der Blutbildung sind die Folge, die eventuell auch zum Tod des Patienten führen können. Durch die rechtzeitige, geplante Transplantation von Blutstammzellen, wird die Funktion ersetzt. Stammzellen für andere Organe, z.B. Leber, Herzmuskel, Nervengewebe, können in speziellen Laboren zu Zellverbänden gezüchtet werden. Diese können dann dem Patienten zum Ersatz der durch Krankheit zerstörten Gewebe transplantiert werden (derzeit noch experimentell).
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
monoklonal
von einem einzigen, genetisch identischen Zell-Klon ausgehend oder gebildet
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Ich habe auf den Link geklickt und gelesen, dass der Original-Titel genau so überschrieb en war. Ich halte diese Überschrift für etwas unglücklich, denn tatsählich geht es ja nicht um neue Stammzelltherap ien, sondern eher um die "Senkung des GvHD-Risikos bei allogener Stammzelltransp lantation durch Modulation der zu übertragenden Zellen mittels monoklonaler Antikörper".
KAM-Studie
Wir haben uebrigens kürzlich gemeinsam mit Frau Huebner einen Artikel zur Nutzung von Komplementärmedizin bei CML in einer Fachzeitschrift veröffentlicht .Wir müssen davon mal eine deutsche Zusammenfassung machen...
Originalquelle:
Survey on the worldwide CML Advocates Network regarding complementary and alternative medicine, Journal of Cancer Research and Clinical Oncology, T Elsner, J Geissler, J Huebner, J Cancer Res Clin Oncol, March 2013, DOI 10.1007/s00432-013-1414-4
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