Die Menschen in Weiß sind noch immer Alleinherrscher über die Therapiewahl. Patienten haben keine Stimme. Eine Psychiatrie- Forschungsgruppe ist wild entschlossen, das zu ändern - so ein lesenswerter Artikel auf NetDoktor.de.

(Gekürzte Fassung des Artikels von NetDoktor.de, vollständiger Artikel siehe untenstehender Link)

Der mündige Patient - gut klingt das: Das Bundesgesundheitsministerium möchte Patienten zum "Partner im medizinischen Entscheidungsprozess" machen. Bislang war dies aber eher ein Lippenbekenntnis. "Ich habe Kliniken erlebt, wo massiv gegen Patienteninteressen gearbeitet wurde" - keine Ahnung von den Nebenwirkungen der Medikamente, die er täglich schluckte, keine Mitsprache bei der Entscheidung, welche Pillen überhaupt richtig für ihn waren, keine Rede davon, welche Alternativen es gegeben hätte. Was gut war, entschieden andere - über seinen Kopf hinweg - so ein Betroffener mit 22 Jahren Erfahrung am eigenen Leib. Als Patientenvertreter ist er Teil des Pilotprojekts mit Psychiatrie-Patienten am Klinikum rechts der Isar in München. 

Der Patient sei kein Einzelfall, wie Zahlen aus England beweisen. "Bei weniger als 10% aller Entscheidungen werden die Patienten miteinbezogen", sagt Dr. Werner Kissling vom Centrum für Disease Management der Psychiatrischen Klinik der TU München und Leiter des Projekts. "Die Patienten wollen mitreden, dürfen aber nicht." Das soll sich mit dem Projekt "Shared decision making" (SDM) ändern: Vorlieben und Wünsche der Patienten sollen stärker in den Vordergrund rücken, Ärzte sollen mehr auf ihre Vorstellungen, Erwartungen, Bedenken, Ängste und Wünsche eingehen. Der Arzt bleibt Experte für das Wissen, der Patient für seine Vorlieben. Beide suchen gemeinsam nach der richtigen Therapie und teilen sich die Verantwortung dafür. Praktisch heißt das, die Patienten müssen sich informieren. Videos, Broschüren, Tonbänder oder das Internet sind Entscheidungshilfen für oder gegen eine bestimmte Therapie. Die Ärzte bekommen Anhaltspunkte, was die Patienten gut finden, und was nicht. Die Aussagen fließen in die Auswahl der richtigen Therapie ein. 

Derzeit seien rund 50% der Patienten nicht über die Nebenwirkungen von Medikamenten aufgeklärt, bei 60% gebe es kein Gespräch darüber, wie sich Rückfälle verhindern ließen, weiß Kissling. Viele Therapiekonzepte berücksichtigen das Individuum nicht, Ärzte stülpen ihnen Therapien über, bei denen die Patienten oft nicht wissen, wie ihnen eigentlich geschieht. Der Arzt trifft die Entscheidung, der Patient kooperiert und befolgt, was ihm die Menschen in weiß empfehlen oder verschreiben. Eine Gratwanderung ist das, zwischen wohlwollender Beratung und Bevormundung. Ein "paternalistisches Modell", jetzt soll es ausgedient haben. Denn bei vielen Patienten macht sich Unmut breit, sie betreiben "Ärztehopping", laufen von Arzt zu Arzt, so die Erfahrung Kisslings. [...]

Vollständiger Artikel/Quelle: NetDoktor.de vom 10.12.2002

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