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Die Situation von Kindern eines an einem bösartigen Tumor erkrankten Elternteils ist ein bisher vernachlässigter Forschungsbereich. Die wenigen wissenschaftlichen Untersuchungen, vor allem aus dem angloamerikanischen Ausland, deuten darauf hin, dass einerseits die Lebenssituation der betroffenen Kinder wesentlich beeinflusst wird. Andererseits fühlen sich die erkrankten Eltern sowie das medizinische Fachpersonal oftmals hilflos und überfordert, die Krankheit kindgerecht und differenziert zu kommunizieren.

Die Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule Nürnberg, Fachbereich Sozialwesen, hat sich in einer Querschnittstudie mit Patienten befasst, die an Krebs erkrankt sind und gleichzeitig Kinder versorgten. Die Datenerhebung per standardisierten Fragebogen erfolgte zwischen 2001 und 2005. Die Patienten wurden über onkologische Abteilungen von Krankenhäusern, Internetfragebögen sowie Selbsthilfegruppen kontaktiert. 291 Patienten nahmen an der Befragung teil, davon 242 Frauen und 48 Männer. Das Mammakarzinom war die häufigste Neoplasie, die zweithäufigste Leukämie. 132 Teilnehmer waren jünger als 40 Jahre. 87 Prozent der Befragten geben an, nach der Diagnose mit ihren Kindern darüber gesprochen zu haben. Dies ist zwar die überwiegende Mehrheit der Studienteilnehmer. Andererseits bedeutet es, dass 13 Prozent nicht mit ihren Kindern über die Krankheit gesprochen haben. Fast ein Drittel der Befragten hat Kinder, die unter sechs Jahre alt sind, aber nur 50 Prozent erachteten es als notwendig, diese über die Krebserkrankung aufzuklären. Mit zunehmendem Alter der Kinder steigt die Anzahl derer, die es für unabdingbar halten, über die Erkrankung zu sprechen.

Informiert wurden die Kinder über die Erkrankung in erster Linie von den Eltern, gefolgt von den Großeltern, nahen Verwandten und Freunden der Familie. Hilfe von Ärzten, Psychologen oder Sozialarbeitern erfahren die Familien jedoch sehr wenig oder nehmen sie als solche nicht wahr. Lediglich vier Prozent der Befragten geben an, sehr intensiv von Ärzten über Möglichkeiten zur Aufklärung der Kinder und mögliche Verhaltensauffälligkeiten beraten worden zu sein. Weitere zwölf Prozent fühlen sich wenig informiert. Die große Mehrheit (76 Prozent) gibt an, dass sie durch Ärzte keinerlei Unterstützung zur Aufklärung der Kinder über die Krebserkrankung erhalten haben. Lediglich drei Prozent der Erkrankten fühlen sich durch klinisches Personal über Aufklärungsmöglichkeiten der Kinder ausreichend informiert.

Kinder reagieren auf traumatische Erlebnisse meist anders als Erwachsene. In der Regel können Kinder Sorgen und Ängste noch nicht ausreichend verbalisieren. Dass ein Kind sich in einer psychischen Krisensituation befindet, wird oft erst an Verhaltensauffälligkeiten erkennbar. Kinder sind daher auf die Beobachtungsgabe und Sensibilität der Erwachsenen angewiesen. Die Studie zeigte, dass am häufigsten ein Leistungsabfall in der Schule beobachtet wurde, nämlich bei 50 Prozent der Kinder zwischen elf und 14 Jahren und bei 39 Prozent der 15- bis 18-Jährigen. Aber auch die Verhaltensauffälligkeiten "zunehmende Aggression" (30 Prozent der 15- bis 18-Jährigen), "Veränderung im Spielverhalten" (39 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen), "Sichzurückziehen von der Familie" (30 Prozent der Elf- bis 18-Jährigen) und "Sichzurückziehen von Freunden" wurden signifikant häufiger nach der Diagnosestellung beobachtet. Als weitere beobachtete Verhaltensauffälligkeiten wurden Angst um den erkrankten Elternteil, erhöhte Anhänglichkeit und nicht altersentsprechendes Verantwortungsbewusstsein genannt. Unter geschlechtsspezifischer Betrachtung der Verhaltensauffälligkeiten zeigten Jungen tendenziell einen höheren Leistungsabfall in der Schule, während sich Mädchen ein wenig häufiger von Freunden zurückzogen und Veränderungen im Spielverhalten zeigten.

Große Belastung


Die Befürchtung, dass die Mutter oder der Vater an der Krebserkrankung stirbt, äußerte etwa ein Drittel der Kinder: 75 Prozent der Kinder fragten den krebskranken Elternteil, ob dieser wieder gesund werde. Dies ist eine enorme Belastung für die kindliche Psyche und zeigt zudem die Notwendigkeit einer professionellen Beratung der betroffenen Familien. Die krebserkrankten Eltern selbst beschreiben es als mittel- bis hochgradige Belastung, mit dem Kind über die Erkrankung zu reden beziehungsweise sie damit zu konfrontieren. Tendenziell geben die befragten Männer die empfundene Belastung etwas geringer an als die weiblichen Studienteilnehmer. Ein Wissens- und Informationsmangel des Fachpersonals zu diesem Thema wird von nahezu 90 Prozent der Eltern beanstandet. Hilfsmittel zur kindgerechten Kommunikation wurden nur selten eingesetzt.

Die Studienergebnisse zeigen, dass die Patienten sich sehr darum sorgen, wie ihre Kinder die Krebserkrankung verkraften. Dieser Aspekt der Krankheit wird von Ärzten und Pflegern zu wenig berücksichtigt. Die psychische Belastung für den Patienten und für die betroffenen Kinder ist sehr hoch. Notwendig ist ein spezifisches niedrigschwelliges Versorgungskonzept, das die Auswirkungen der Erkrankung auf die körperliche und psychische Gesundheit der Kinder berücksichtigt. Die Erkrankung sollte frühzeitig mit den Kindern thematisiert werden. Kindgerechte Broschüren, Bücher Videos oder Tonträger zur Aufklärung und Kommunikation sollten in Klinik und Ambulanz zur Verfügung stehen.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt 104, Ausgabe 24 vom 15.06.2007, Seite A-1728 / B-1525 / C-1465. Prof. Dr. Gerhard Trabert, Jasmin Axmann, Michael Rösch, Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule Nürnberg, Fachbereich Sozialwesen

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