Patienten sind nach der Diagnose Krebs emotional stark belastet. Etwa jeder dritte Tumorpatient entwickelt nach der Therapie die Furcht vor dem Fortschreiten der Erkrankung - eine Progredienzangst -, die nicht mit psychiatrischen Angststörungen vergleichbar ist, so ein Bericht vom 29. Deutschen Krebskongress in der Ärzte Zeitung.
Schränkt die Progredienzangst die Lebensqualität ein, bietet sich eine kognitive Verhaltenstherapie an, in deren Verlauf die Patienten lernen, mit ihrer Angst umzugehen. Das berichtete Professor Peter Herschbach aus München beim 29. Deutschen Krebskongress in Berlin.
"Ich denke so oft an den Tod. Die Gedanken sind immer da, ich kann für nichts mehr Freude empfinden." "Ich habe Angst wie noch nie in meinem Leben. Ich möchte doch noch meinen Enkel aufwachsen sehen." Aussagen wie diese, so Herschbach, seien typisch für Patienten mit Progredienzangst (PA). "Wir haben in den vergangenen Jahren annähernd 3500 Patienten mit unterschiedlichen Diagnosen in unterschiedlichen Stadien befragt. Die Angst als wesentlichster psychischer Belastungsfaktor stand bei allen im Vordergrund." 36,9 Prozent der Befragten hatte Angst vor einem
Rezidiv, 27 Prozent vor dem nächsten Krankenhausaufenthalt. Mehr als jeder Fünfte fürchtete sich vor neuen Schmerzen und drohender Arbeitsunfähigkeit. Auf psychosozialer Ebene belasten vor allem die Sorge, ob die eigenen Kinder später am gleichen Krebs erkranken, sowie die Aussicht, im Alltag auf fremde Hilfe angewiesen zu sein.
Progressionsangst entspricht jedoch nicht den Kriterien einer Angststörung nach ICD-10. "Der gemeinsame Nenner von neurotischen beziehungsweise psychiatrischen Störungen ist, dass sie irrational sind. Progredienzangst ist jedoch real und berechtigt." Sie kann sich gedanklich, emotional, sozial und körperlich auswirken. Andauerndes oder leicht auszulösendes Grübeln, oft verknüpft mit trauriger Niedergeschlagenheit, bezeichnen die Experten als dysfunktionale Progredienzangst und raten aufgrund der massiven Einschränkung der Lebensqualität dringend zu einer Therapie.
Der Schweregrad der Erkrankung kann mit einem von Herschbach entwickelten Progredienzangst-Fragebogen (PA-F) ermittelt werden. Er enthält 43 Items, die in fünf Bereiche aufgeteilt sind: affektive Reaktionen, Partnerschaft/Familie, Autonomieverlust, Beruf und Angstbewältigung. Eine Kurzform mit zwölf Fragen liegt inzwischen vor. Ob Patienten mit ausgeprägter Progressionsangst tatsächlich häufiger ein
Rezidiv bekommen, dazu gibt es nach Angaben Herschbachs keine Daten.
Zentrale Elemente der Therapie sind eine Verhaltensanalyse, die Konfrontation mit der Angst und das Erlernen von Bewältigungsstrategien. "Die Verhaltensanalyse ist für die Patienten häufig wie eine Entzauberung der Angst. Der Tabubruch, über die Angst zu sprechen und sie zu Ende zu denken, bewirkt oftmals große Erleichterung", erläuterte Dr. Petra Berg aus München. Sie hat 265 auf diese Weise behandelte Krebspatienten in verschiedenen Reha-Kliniken viermal innerhalb von zwölf Monaten befragt. Im Vergleich zu einer unbehandelten
Kontrollgruppe hatten sich die Progredienzängste spürbar gelegt.
Quelle: Ärzte Zeitung vom 3.3.2010 Kontrollgruppe
In einer klinischen Studie erhalten die Teilnehmer in der „Kontrollgruppe" entweder ein Placebo (ein Scheinmedikament ohne Wirkstoff) oder die Standardtherapie, die mit der neuen Therapie verglichen wird.
Progression
Das Fortschreiten einer Krebserkrankung
Rezidiv
Neuauftreten akuter Krankheitszeichen, Rückfall nach einer Remission
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
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