Eine langfristige Therapie mit dem Contergan-Wirkstoff Thalidomid verlängert bei Patienten mit multiplem Myelom die Überlebenszeit. Die Therapie wird allerdings nach den Ergebnissen einer
randomisierten Studie im Fachmagazin Blood nicht von allen Patienten vertragen. Ein weiteres negatives Ergebnis ist, dass die Gabe des Bisphosphonats Pamidronat eventuelle Komplikationen im Knochenbau offenbar nicht verhindern kann.
Da das multiple Myelom durch eine
Chemotherapie nicht kuriert werden kann, wird nach Möglichkeiten gesucht, das Leiden der Patienten zu verringern und die Überlebenszeit zu verlängern. Ein vielversprechendes Mittel ist der vor einiger Zeit wiederentdeckte Contergan-Wirkstoff Thalidomid, dessen antiangiogenetische Eigenschaften die Infiltration des Knochenmarks durch die Tumorzellen behindern. Deren Folge ist unter anderem ein erhöhtes Frakturrisiko. Diesem soll mit der Gabe von Bisphosphonaten vorgebeugt werden.
Beide Ansätze wurde in einer großen Studie der Inter-Groupe Francophone du Myélome (IFM) untersucht, an der sich 597 Patienten (Alter unter 65 Jahre) aus Frankreich und den frankophonen Anteilen von Belgien und der Schweiz beteiligten. Die Patienten wurden nach einer
Chemotherapie, welche die Tumorlast senkt, aber den Krebs nicht besiegt, auf drei
Arme randomisiert. Ein Teil der Patienten wurde mit Pamidronat, ein zweiter mit Pamidronat plus Thalidomid behandelt, während im dritten
Arm keine
Erhaltungstherapie erfolgte.
Die lang erwarteten Ergebnisse zeigen, dass Thalidomid die Ausbreitung des Tumors einschränkt, während die Hoffnungen hinsichtlich Pamidronat enttäuscht wurden. Nach drei Jahren waren ohne weitere
Erhaltungstherapie noch 38 Prozent der Patienten in
Remission, mit Pamidronat waren es 39 Prozent. Von den Patienten, die zusätzlich noch Thalidomid erhalten hatten, waren 51 Prozent noch ohne erneute klinische Tumorerkrankung. Pamidronat konnte auch nicht die Zahl der knöchernen Komplikationen senken. Hier gab es zwischen den drei Gruppen keine signifikanten Unterschiede.
Dagegen hatte Thalidomid einen gewissen positiven Einfluss auf die Lebenserwartung. Die 4-Jahres-Gesamtüberlebensrate betrug unter der Kombination von Thalidomid plus Pamidronat 87 Prozent. Sie lag damit etwas höher als im Kontroll-
Arm ohne
Erhaltungstherapie (77 Prozent), aber auch über dem Ergebnis der Pamidronat-
Monotherapie (74 Prozent), für die es, jedenfalls im Rahmen der
Erhaltungstherapie keinen Stellenwert mehr geben dürfte.
Aber auch das therapeutische Potenzial von Thalidomid sollte nicht überschätzt werden. Das Medikament ist nämlich keineswegs frei von Nebenwirkungen. In der Studie wurde Thalidomid ursprünglich in der Dosierung von 400 mg/die gegeben. Nach 15 Monaten wurde die Dosis jedoch wegen einer schlechten Verträglichkeit halbiert. 39 Prozent der Patienten brachen die Therapie wegen der Nebenwirkungen ab. Thalidomid führt zu Taubheitsgefühlen oder Parästhesien in den Händen oder Füßen sowie zu Abgeschlagenheit (
Fatigue) und Obstipation.
Am ehesten profitierten von Thalidomid jene Patienten, bei denen die
Chemotherapie nicht so erfolgreich war oder bei denen Deletionen am
Chromosom 13 vorlagen. Dieses genetische Merkmal findet sich bei 15 bis 20 Prozent der Patienten in den Tumoren. Es weist auf eine schlechte
Prognose der Patienten hin. Dennoch ist die Gruppe um Michael Attal vom Hôpital Purpan in Toulouse mit den Ergebnissen zufrieden. Jetzt komme es darauf an, jene Patienten zu finden, die Thalidomid am besten vertragen und bei denen die besten Langzeitergebnisse zu erwarten seien.
Quelle: Dt. Ärzteblatt 06.11.2006, basierend auf Blood 2006 108: 3289-3294)
Erhaltungstherapie
Über eine längere Zeitperiode fortgeführte Chemotherapie, die den Erfolg der Induktions- und Konsolidierungstherapie stabilisieren soll
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Monotherapie
Behandlung mit nur einem Medikament
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
Deletion
Chromosomenmutation, bei der ein Teil eines Chromosoms fehlt, d.h.
Verlust von genetischem Material. Nomenklatur: beispielsweise bedeutet del(22)(q11) einen Verlust des Bandes q11 auf dem Chromosom 22.
Prognose
Wahrscheinliche zukünftige Entwicklung einer Erkrankung auf Basis der bestehenden Befunde
Fatigue
Besonders quälende Form von Müdigkeit, oft bis zur völligen Erschöpfung, nach dem Schmerz belastendstes Symptom bei Tumorerkrankung. An der Erschöpfungssymptomatik können bei Krebskranken psychologische Faktoren, Blutbildveränderungen und Ernährungseinflüsse beteiligt sein. Sie kann durch durch die Erkrankung selbst oder im Zusammenhang mit einer Therapie ausgelöst werden. Typische Merkmale sind eine anhaltende Schwäche und Abgeschlagenheit trotz ausreichender Schlafphasen, eine Überforderung bereits bei geringen Belastungen und eine deutliche Aktivitätsabnahme im privaten und beruflichen Umfeld.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Randomisierung
Patienten mit einem oder mehreren gleichen Charakteristika (z.B. gleiche Erkrankung, Krankheitsstadium, Geschlecht, Alter) werden nach einem Zufallsverfahren in verschiedene Behandlungsgruppen (Arme der Studie) eingeteilt. Jede Gruppe erhält eine unterschiedliche Behandlung. Das Zufallsverfahren ist erforderlich, um die Ergebnisse bzw. Ansprechraten möglichst objektiv zwischen mehreren gleichartigen Gruppen vergleichen zu können.
Randomisierung
Patienten mit einem oder mehreren gleichen Charakteristika (z.B. gleiche Erkrankung, Krankheitsstadium, Geschlecht, Alter) werden nach einem Zufallsverfahren in verschiedene Behandlungsgruppen (Arme der Studie) eingeteilt. Jede Gruppe erhält eine unterschiedliche Behandlung. Das Zufallsverfahren ist erforderlich, um die Ergebnisse bzw. Ansprechraten möglichst objektiv zwischen mehreren gleichartigen Gruppen vergleichen zu können.
Randomisierung
Patienten mit einem oder mehreren gleichen Charakteristika (z.B. gleiche Erkrankung, Krankheitsstadium, Geschlecht, Alter) werden nach einem Zufallsverfahren in verschiedene Behandlungsgruppen (Arme der Studie) eingeteilt. Jede Gruppe erhält eine unterschiedliche Behandlung. Das Zufallsverfahren ist erforderlich, um die Ergebnisse bzw. Ansprechraten möglichst objektiv zwischen mehreren gleichartigen Gruppen vergleichen zu können.
Chromosomen
Träger des Erbguts im Zellkern. Sie enthalten die riesigen Kettenmoleküle der DNA kompakt verdrillt und gefaltet als Aggregate mit speziellen Proteinen. Die Chromosomen dienen unter anderem bei der Zellteilung der gleichen Verteilung des Erbguts auf die Tochterzellen. Die normalen menschlichen Körperzellen haben 46 Chromosomen. Bei Krebszellen kann die Zahl und/oder Struktur der Chromosomen verändert sein.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
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