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Harmony

Big Data – ein Begriff, über den bereits seit einigen Jahren kontrovers diskutiert wird. Warum Big Data trotz aller Kritik großes Potential für die Gesundheitsforschung birgt, wie das von der Innovatives Medicines Initiative lancierte Projekt HARMONY es sich zunutze macht und inwiefern Patientenorganisationen dabei eine zentrale Rolle zukommt. 

"Big Data" geistert bereits seit einigen Jahren durch Medien, Politik und den öffentlichen Diskurs, ist aber trotzdem kaum jemandem wirklich ein Begriff. Meist wird die Bezeichnung von Kritikern hierzulande in Verbindung mit vermeintlichen Überwachungsmaßnahmen der Bundesregierung, etwa der Vorratsdatenspeicherung, oder dem obskuren Geschäftsmodell großer Social Media-Plattformen genannt, und auch die Corona-Warn-App geriet beispielsweise zu Beginn trotz dezentraler Architektur und Anonymisierungsmechanismen schnell bei Skeptikern in Verruf, sei sie doch nur ein weiteres Instrument, einen gläsernen Bürger zu schaffen. Dabei lohnt es sich durchaus, genauer hinzusehen – denn wo Kritiker große Gefahren im Sammeln und Auswerten dieser Daten sehen, betonen Befürworter die Chancen, die Big Data beispielsweise für die Gesundheitsforschung mit sich bringt.

Mehr Chance als Risiko: „Die Wahl der optimalen Therapie ist lebenswichtig für Patienten.“ 

Welches Potential birgt Big Data für die Gesundheitsforschung? Im Lichte der Entwicklung von einem organbasierten hin zu einem auf messbaren biologischen Merkmalen – zum Beispiel Eiweißmolekülen im Blut, die auf eine bestimmte Krebserkrankung hinweisen – beruhenden und damit personalisierten medizinischen Ansatz wird deutlich, dass Big Data ein zentrales Werkzeug auf dem Weg hin zu feingliedrigeren, spezifisch auf ein Krankheitsbild und eine Patientengruppe zugeschnittene Forschungsansätzen und Behandlungsmethoden sein kann – insbesondere bei seltenen Erkrankungen. Denn über das Generieren anonymisierter persönlicher Datensätze, etwa klinischer, bildgebender oder molekulargenetischer Art, und deren Analyse, dem sogenannten Data-Mining, lassen sich neue Erkenntnisse zu Krankheitsentstehung und -prävention, Diagnose sowie Therapie gewinnen. Konkret bedeutet das, über das Erfassen und Interpretieren der Daten möglichst vieler Patientinnen und Patienten unter Einsatz künstlicher Intelligenz bisher unbekannte Zusammenhänge und Querverbindungen ersichtlich zu machen und dadurch beispielsweise bestimmte Therapiemethoden von vornherein präferieren oder andere ineffektive Maßnahmen ausschließen zu können.

Die gewonnenen Erkenntnisse könnten die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolgs maßgeblich beeinflussen, schätzt Jan Geißler, der mit seiner Patientenorganisation LeukaNET in einem Projekt vertreten ist, das es sich zum Ziel gesetzt hat, das Potential von Big Data für die Entwicklung besserer Behandlungsmethoden und -strategien für Patientinnen und Patienten mit Blutkrebserkrankungen zu nutzen: HARMONY, ein 2017 gestartetes paneuropäisches Projekt der EU-Initiative Innovative Medicines Initiative. „Die Wahl der optimalen Therapie und das Vermeiden einer Über-,  Unter- oder gar unwirksamen Behandlung ist lebenswichtig für Patienten“, erklärt Jan Geißler, der eines der HARMONY-Arbeitspakete leitet, weiter. Es sei sehr schwierig, Ergebnisse, wie sie HARMONY bereits hervorgebracht hat, aus kleinen Datensätzen in einzelnen klinischen Studien zu generieren, „weshalb sich die Patientengemeinschaft an der HARMONY beteiligt: um die Forschung für bessere Therapieresultate für Patientinnen und Patienten voranzutreiben“.

Projekt HARMONY: sieben Blutkrebserkrankungen im Fokus

Zwar haben sich Diagnose und Behandlungsmethoden für Blutkrebserkrankungen in den vergangenen Jahrzehnten stark verbessert – viele sind dennoch nach wie vor unheilbar. Unter Beteiligung von 94 Partnern und Mitgliedern, darunter sieben Patientenorganisationen wie LeukaNET sowie Pharmaunternehmen und Universitätskliniken, sammelt HARMONY deshalb die genomischen Daten Tausender von den sieben Blutkrebserkrankungen AML, ALL, CLL, MM, MDS, NHL sowie Blutkrebs bei Kindern und Jugendlichen betroffener Patientinnen und Patienten. Anschließend wertet HARMONY die gewonnenen Informationen hinsichtlich leitender Forschungsfragen aus: Wie funktioniert der Körper unter einer krankhaften Veränderung und welche Mechanismen führen zu diesen Veränderungen? Welche molekularen Eigenschaften haben Krebszellen? Und an welchen Molekülen – sogenannten Zielmolekülen oder Targets – kann ein Wirkstoff am besten andocken? In all diese Bereiche und bei der Prüfung und Bewertung von Big Data-Forschungsanträgen sowie der Ethikprüfung des Projekts waren Patientenorganisationen von Beginn an eingebunden und maßgeblich beteiligt. Erste Erfolge und Erkenntnisse konnte das Projekt bereits durch das Auswerten der Genomdaten von knapp 5.000 AML-Patienten sowie mehr als 7.000 Patienten mit Multiplem Myelom verzeichnen.

Ein anderes zentrales Ziel des Projekts ist es dabei, Core Outcome Sets für diese sieben Erkrankungen zu entwickeln. Dabei handelt es sich um eine Methode, die festlegt, wie und was Forschende bei einer Erkrankung messen sollen, und ihnen dabei hilft, Endpunkte, also die Ziele einer klinischen Studie, für zukünftige Studien festzulegen. Zum Beispiel hat HARMONY Core Outcome Sets für AML definiert und führt derzeit einen Delphi-basierten Prozess durch.

 

Voraussetzungen und Anforderungen an die Daten

Um ein solches Big Data-Projekt durchführen zu können, müssen allerdings eine Reihe von Anforderungen erfüllt sein, etwa an die Qualität der Daten. Denn diese zeichnen sich durch eine hohe Komplexität, eine kaum vorhandene Struktur sowie eine hohe Schnelllebigkeit aus – und mit einer große Datenmenge allein lassen sich noch keine neuen Erkenntnisse gewinnen. Daher müssen die Ausgangsdaten möglichst strukturiert und konsistent sein und unter Zuhilfenahme analytischer und statistischer Auswertungsverfahren vereinheitlicht werden.

Daneben braucht es Verfahren, die personenbezogene Daten entweder anonymisieren, das heißt alle identifizierenden Merkmale wie etwa Namen und Geburtsdatum oder -ort des Patienten löschen, oder diese Informationen mit Pseudonymen ersetzen und dennoch verwertbar machen. Bei letzterem Verfahren müssen diese identifizierenden Merkmale zwingend von den personenbezogenen Daten getrennt gelagert werden, etwa bei einem Datentreuhänder, um eine eindeutige Zuordnung zu einer Person zu verhindern. Dieser Schritt ist vor allem vor dem Hintergrund der 2018 eingeführten Datenschutzgrundverordnung und besonders im Gesundheitsbereich zwingend notwendig, da anonymisierte beziehungsweise pseudonymisierte Daten nicht mehr unter die Datenschutzgrundverordnung fallen und zu Forschungszwecken genutzt werden können. Insbesondere im Bereich der Gesundheitsforschung wird dem Verfahren der Pseudonymisierung oft der Vorzug gegeben, da genomische Datensätze hochkomplex sind und deren Anonymisierung sie zu sehr verfremden und damit für die Forschung wertlos machen würde.

Um die Auflagen des Datenschutzes einzuhalten, verfremdet HARMONY alle Datensätze durch ein zweistufiges Pseudonymisierungsverfahren, schützt sie zusätzlich durch Zugriffsmechanismen und lagert sie auf einer eigens geschaffenen, den EU-Richtlinien konformen  Datenplattform. Um sie verwertbar zu machen, werden die Datensätze, die aus unterschiedlichen Datenbanken stammen und sich in Struktur und Aufbau unterscheiden, zudem harmonisiert, das heißt vereinheitlicht, werden. Derzeit fasst die HARMONY-Datenbank Informationen von 45.000 Patienten mit einer dieser sieben Blutkrebserkrankungen.

 

HARMONY PLUS erweitert das Forschungsprojekt um CML und weitere Erkrankungen

Auf den für HARMONY geschaffenen Strukturen baut auch das im Oktober vergangenen Jahres im Rahmen einer Public Private Partnership lancierte Projekt HARMONY PLUS auf, das den Fokus auf von HARMONY nicht abgedeckte Blutkrebserkrankungen legt – namentlich chronische myeloische Leukämie (CML), Polycythaemia Vera (PV), die essentielle Thrombozythämie (ET), Myelofibrose, Hodgkin-Lymphom, Morbus Waldenström und andere seltene Blutkrebserkrankungen. Darüber hinaus fokussiert HARMONY PLUS neben dem Einbezug von systematisch erhobenen, auf Erfahrungen basierenden Daten mehr noch als HARMONY die Beteiligung von Patientenorganisationen und der Patientengemeinschaft, „um die Forschung für bessere Therapieresultate für Patientinnen und Patienten voranzutreiben“, legt Jan Geißler dar. Denn schließlich sind sie es, die die primäre Quelle für diese Daten darstellen und maßgeblich zum Gewinn neuer Erkenntnisse beitragen können. 

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