Eine
Knochenmarkpunktion wird routinemäßig im Rahmen der
Diagnostik und Therapiekontrolle bei Leukämien und Lymphomen durchgeführt. Für viele Patienten ist die
Punktion trotz der üblichen örtlichen Betäubung mit zum Teil starken Schmerzen während der Untersuchung verbunden. Das mögliche Ergebnis der
Punktion kann zudem Ängste verursachen. Bei wiederholten Knochenmarkpunktionen stellt auch die Angst vor Schmerzen ein häufiges Problem dar.
Auslöser der Studie: DLH-Kongress in DresdenBeim bundesweiten
DLH-Patienten-Kongress 1999 in Dresden wurde im Rahmen der Diskussion nach einem Vortrag zur Schmerztherapie der Wunsch geäußert, Knochenmarkpunktionen für Patienten erträglicher zu machen. Wir befragten daraufhin in unserer Klinik 93 Patienten zu ihrer letzten
Punktion. Die Auswertung dieser Pilotstudie zeigte, dass ein hohes Maß an Angst vor Schmerzen mit einer hohen Schmerzstärke und einer niedrigen Schmerzerträglichkeit korrelierte.
Studienziel: Reduktion von Schmerzen und AngstWir konzipierten gemeinsam mit den Kollegen der psychosomatischen Ambulanz und der Schmerzambulanz des Universitätsklinikums Dresden eine Studie mit dem Ziel, Schmerzen und Ängste im Rahmen der erstmaligen sowie weiteren Knochenmarkpunktionen zu nehmen oder zu reduzieren.
Es wurden drei vorbeugende Maßnahmen geprüft und miteinander verglichen. In einem Behandlungsarm erhielten die Patienten vor der
Punktion eine CD mit Entspannungsmusik. Im zweiten
Arm erhielten die Patienten ein Beruhigungsmittel i.v., d.h. über eine Vene (Midazolam, Handelsname Dormicum). Im dritten
Arm wurde ein starkes Schmerzmittel (Piritramid, Handelsname Dipidolor®) i.v. gegeben. Diese drei Möglichkeiten wurden mit einem Plazebo verglichen, also einem wirkstofffreien Medikament.
Bei der Untersuchung handelte es sich um eine so genannte
randomisierte Studie, d.h. jeder Patient erhielt nach dem Zufallsprinzip eine der vier Maßnahmen. Die Studie wurde außerdem "
doppelblind" durchgeführt, d.h. die Ärzte erfuhren nicht, welcher Inhaltsstoff in der Spritze war (Midazolam oder Piritramid oder Plazebo). Alle Patienten erhielten eine örtliche Betäubung im Bereich der geplanten Punktionsstelle. Vor
Knochenmarkpunktion, direkt nach
Punktion und zwei Wochen später erhielten die Patienten einen Fragebogen, in dem sie zu ihren Schmerzen und Ängsten Stellung beziehen sollten. Die Angabe der Schmerzstärke, Schmerzerträglichkeit und Angst erfolgte auf visuellen Analogskalen (1-10).
StudienergebnisseIm Rahmen der Studie wurden 138 Patienten, die eine
Knochenmarkpunktion bekommen sollten,
randomisiert. Die meisten hatten eine Leukämie oder ein Lymphom. 134 Patienten konnten ausgewertet werden.
- das Beruhigungsmittel Midazolam reduzierte die Schmerzen, die eine Knochenmarkpunktion hervorrief, deutlich.
- Midazolam war effektiver als Plazebo, als Piritramid und als das Entspannungsverfahren.
- Der durch Midazolam hervorgerufene Erinnerungsverlust (Amnesie) schien die Schmerzwahrnehmung effektiver zu kontrollieren als die schmerzlindernde Wirkung des Schmerzmittels oder der Entspannungseffekt von Musik.
- Prozeduren (z.B. Magen- oder Darmspiegelung).
- Die Gabe von Midazolam ist sicher, wenn die Kontraindikationen beachtet werden, wie z.B. bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Midazolam, Einnahme von atemdepressiven Medikamenten, schwere Herz- oder Kreislaufschwäche, Herzrhythmusstörungen, Atemstillstand-Phasen während des Schlafs (= Schlaf-Apnoe-Syndrom), und eine Überwachung für mindestens eine Stunde gewährleistet ist. Kein Patient empfand die Midazolamgabe als belastend.
- Die in unserer Studie verwendete niedrige Dosis (0,035mg/kg Körpergewicht) war effektiv und sicher und lag deutlich unter den sonst üblichen Dosierungen bei diagnostischen Gaben.
FazitMidazolam sollte allen ängstlichen Patienten angeboten werden, die sich einer
Knochenmarkpunktion unterziehen müssen. Aufgrund des eingeschränkten Reaktionsvermö
gens müssen Patienten vor ambulanter
Knochenmarkpunktion im Rahmen der Aufklärung schriftlich bestätigen, dass sie nach der
Punktion kein Fahrzeug lenken werden, sondern sich z.B. von Angehörigen abholen lassen.
Autoren:PD Dr. Ralph Naumann, Ellen Schneider, Dr. Franziska Einsle, PD Dr. Volker Köllner, Prof. Dr. Gerhard Ehninger, Medizinische Klinik und Poliklinik I sowie Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und
Psychosomatik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Fetscherstraße 74, 01307 Dresden, E-Mail:
Quelle: www.selp.de Knochenmarkpunktion
Bei der Knochenmarkbiopsie wird lebendes Knochenmark z.B. aus dem Beckenknochen zum Zwecke der Untersuchung der Chromosomen der Zellen entnommen.
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Kontraindikation
Gegenanzeige; Umstand, der die Anwendung eines Heilmittels oder eines diagnostischen/therapeutischen Verfahrens verbietet
Psychosomatik
Lehre von den körperlich-seelischen Zusammenhängen bei Erkrankungen
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
Doppelblind
Art von klinischer Studie, bei der weder Patienten noch Studienärzte wissen, welche Teilnehmer das Testpräparat nehmen und welche nicht. Diese Methode wird verwendet, um eine Voreingenommenheit gegenüber dem Test- oder Vergleichspräparat zu vermeiden.
Diagnostik
Gesamtheit der Untersuchungen, die der Feststellung oder genaueren Abklärung einer Erkrankung dienen
Indikation
Begründung der Verordnung eines bestimmten diagnostischen oder therapeutischen Verfahrens in einem bestimmten Krankheitsfall
Punktion
Entnahme von Flüssigkeit oder Zellen zur zytologischen oder histologischen Untersuchung durch Einstechen einer Hohlnadel (Kanüle) in (Blut-)Gefäße, Körperhohlräume, Organe oder Tumoren zur Entnahme von Flüssigkeiten bzw. Gewebe (Biopsie, Feinnadelbiopsie) od. zur Einbringung (Injektion bzw. Infusion) von Medikamenten. Bei Leukämie wird eine Punktion meist im Beckenkammknochen zur Entnahme von Knochenmark vorgenommen.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
DLH
Die Deutsche Leukämie- und Lymphom-Hilfe ist der deutsche Bundesverband der Selbsthilfeorganisationen zur Unterstützung von Erwachsenen mit Leukämien und Lymphomen
GUS
ß-Glucuronidase ist ein Enzym
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Kontraindikation
Gegenanzeige; Umstand, der die Anwendung eines Heilmittels oder eines diagnostischen/therapeutischen Verfahrens verbietet
Randomisierung
Patienten mit einem oder mehreren gleichen Charakteristika (z.B. gleiche Erkrankung, Krankheitsstadium, Geschlecht, Alter) werden nach einem Zufallsverfahren in verschiedene Behandlungsgruppen (Arme der Studie) eingeteilt. Jede Gruppe erhält eine unterschiedliche Behandlung. Das Zufallsverfahren ist erforderlich, um die Ergebnisse bzw. Ansprechraten möglichst objektiv zwischen mehreren gleichartigen Gruppen vergleichen zu können.
Randomisierung
Patienten mit einem oder mehreren gleichen Charakteristika (z.B. gleiche Erkrankung, Krankheitsstadium, Geschlecht, Alter) werden nach einem Zufallsverfahren in verschiedene Behandlungsgruppen (Arme der Studie) eingeteilt. Jede Gruppe erhält eine unterschiedliche Behandlung. Das Zufallsverfahren ist erforderlich, um die Ergebnisse bzw. Ansprechraten möglichst objektiv zwischen mehreren gleichartigen Gruppen vergleichen zu können.
Doppelblind
Art von klinischer Studie, bei der weder Patienten noch Studienärzte wissen, welche Teilnehmer das Testpräparat nehmen und welche nicht. Diese Methode wird verwendet, um eine Voreingenommenheit gegenüber dem Test- oder Vergleichspräparat zu vermeiden.
Indikation
Begründung der Verordnung eines bestimmten diagnostischen oder therapeutischen Verfahrens in einem bestimmten Krankheitsfall
Punktion
Entnahme von Flüssigkeit oder Zellen zur zytologischen oder histologischen Untersuchung durch Einstechen einer Hohlnadel (Kanüle) in (Blut-)Gefäße, Körperhohlräume, Organe oder Tumoren zur Entnahme von Flüssigkeiten bzw. Gewebe (Biopsie, Feinnadelbiopsie) od. zur Einbringung (Injektion bzw. Infusion) von Medikamenten. Bei Leukämie wird eine Punktion meist im Beckenkammknochen zur Entnahme von Knochenmark vorgenommen.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
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