Trotz der Fortschritte der Therapie der CML mit Tyrosinkinaseinhibitoren haben Patienten, bei denen Nilotinib oder Dasatinib versagen, oder Patienten mit T315I-Mutation, bisher keine medikamentöse Therapieoption. Ponatinib (Laborname AP24534) ist ein in Tablettenform verfügbarer pan-BCR-ABL-Inhibitor, der gegen BCR-ABL und alle untersuchten Mutationen einschliesslich der gegen alle anderen TKIs resistenten T315I-Mutation wirksam ist. Das Molekül wurde speziell dafür entworfen, die T315I-Mutation in der BCR-ABL-Tasche zu überwinden. Auf ASH wurden nun die 5-Monats-Daten der Phase-II-Studie mit Ponatinib vorgestellt.
Die PACE-Studie (Ponatinib Ph+ALL und CML-Evaluation) wurde im September 2010 gestartet. Das Ziel dieser internationalen, einarmigen Phase II-Studie ist die Feststellung der Wirksamkeit und Sicherheit von Ponatinib. Patienten mit refraktärer CML in chronischer (CP), akzelerierter (AP) oder Blastenphase (BP) oder mit Ph+ALL, die gegenüber Dasatinib oder Nilotinib resistent oder intolerant sind oder mit der resistenten T315I-Mutation bekamen 45mg Ponatinib einmal täglich oral in einer von 6 Patientengruppen verabreicht:
Das primären Untersuchungsziel der Studie sind gutes zytogenetisches Ansprechen (MCyR) für Patienten in chronischer Phase und gutes hämatologisches Ansprechen (MaHR) für Patienten in akzelerierter oder Blastenphase sowie mit ALL. Als weitere Ziele sind die klinischen und molekularen Ansprechraten, die molekulargenetischen Veränderungen und die Arzneimittelsicherheit genannt.
Zum Zeitpunkt der Analyse waren 449 Patienten in der Studie. Sie nimmt keine weiteren Patienten auf. 271 Patienten waren bei Studieneinschluss in chronischer Phase, davon 64 mit T315I-Mutation; 79 in akzelerierter Phase (19 mit T315I), und 94 in CML-Blastenkrise oder Ph+ALL (46 mit T315I). Insgesamt hatte die Hälfte der Patienten zuvor alle 3 TKIs (Imatinib, Dasatinib und Nilotinib) erhalten, weitere 39% Imatinib und eines der Zweitgenerationsmedikamente. Die mittlere Dauer seit erster Diagnose bis zum Start mit Ponatinib betrug 6.2 Jahre.
Insgesamt hatten 129 Patienten die T315I-Mutation. Die häufigsten anderen Mutationen waren F317L, F359V, G250E, Y253H, V299L, E255V und M244V. Bis jetzt verblieben 301 (67%) der Patienten unter Therapie mit Ponatinib, 33% haben die Therapie abgebrochen: 50 Patienten (11%) wegen Progression (35 davon in Blastenphase/ALL); 12 Patienten (3%) wegen fehlendem Ansprechen, 35 (8%) wegen Nebenwirkungen (3 Schmerzen, 3 Thrombopenie, je einer mit Hämorrhagie, Bewustlosigkeit, Enterocolitis, Lebertoxizität und pleuropericardialer Effusion nach Überdosis). 16 Patienten (4%) starben, davon 11 in Blastenkrise oder ALL.
Die wichtigsten Nebenwirkungen (>=10%) von Ponatinib waren Thrombozytopenie (31%, 25% schwer), Hautausschlag (32%, 3% schwer), Trockene Haut (24%), Bauchschmerzen (19%, 5% schwer), Kopfschmerzen (17%), Müdigkeit (15%), Muskelschmerzen (14%), Gelenkschmerzen (14%), erhöhte Leberwerte (14%), Übelkeit (12%), Erbrechen (11%), Bauchspeicheldrüsenentzündung (6%, 5% schwer).
Von den Patienten in chronischer Phase erreichten 39% eine komplette zytogenetische Remission - 58% der Patienten mit T315I-Mutation und 33% der Patienten mit Intoleranz oder anderen Mutationen. 33% der Patienten mit T315I-Mutation erreichten gar eine gute molekulare Remission (BCR-ABL <0,1%). In akzelerierter Phase erreichten 24% der T315I-Patienten und 11% der anderen Patienten eine komplette zytogenetische Remission.
Schlussfolgerung
In dieser ersten Analyse der PACE-Studie zeigt Ponatinib ein gutes Sicherheitsprofil ähnlich dem aus der Phase I-Studie. Die ersten Daten nach relativ kurzer Therapiedauer weisen auf eine substantielle anti-leukämische Aktivität von Ponatinib in diesen bereits schwer vorbehandelten Patienten und Patienten mit multiresistenter T315I-Mutation hin. Die Ansprechraten verbessern sich über die Zeit noch weiter. Die Studienärzte schließen dahe, dass Ponatinib das Potential einer vielversprechenden Therapieoptionen für multiresistente CML oder im Falle eines CML-Rezidivs ist.
Erweitertes Zugangsprogramm
Die Studie nimmt keine weiteren Patienten auf. Ein erweitertes Zugangsprogramm wurde jedoch gestartet. Patienten, die die Einschlusskriterien der Studie erfüllen würden, können über dieses Zugangsprogramm in den (deutschen) Studienzentren der PACE-Studie Zugang zu Ponatinib erhalten. Das Unternehmen bereitet zudem auch eine Erstlinienstudie vor.
Quelle: ASH-Präsentation von Dr. Jorge Cortes, MD Anderson, "Initial Findings from the PACE Trial: A Pivotal Phase 2 Study of Ponatinib in Patients with CML and Ph+ ALL Resistant or Intolerant to Dasatinib or Nilotinib, or with the T315I Mutation", sowie Gespräche während ASH. Übersetzung und Zusammenfassung von Niko und Jan.
Einschlusskriterien
Einschlusskriterien bestimmen, wer an einer klinischen Studie teilnehmen darf. Teilnehmer müssen diese Kriterien erfüllen (z.B. Geschlecht, Alter, Vorerkrankungen), damit das Risiko verfälschender Einflüsse auf das Studienergebnis gering gehalten wird.
Thrombozytopenie
Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten), kann eine Blutungsneigung mit kleinfleckigen Blutungen in Haut und Schleimhäuten oder in Organen hervorrufen
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Lebertoxizität
Die Eigenschaft chemischer Stoffe, für die Leberepithelzellen giftig zu sein. Diese Stoffe werden als hepatotoxische Substanzen (Lebertoxische Substanzen, Hepatotoxine, Lebertoxine oder Lebergifte) bezeichnet
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Ansprechrate
Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung sich durch eine bestimmte Behandlung zurückbildet
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Blastenkrise
Die dritte Phase der Entwicklung von CML; sie entsteht nach der chronischen und akzelerierten Phase. Ihr Merkmal ist das Vorkommen einer zunehmenden Anzahl von unreifen Blutkörperchen („Blasten") im Blut oder Knochenmark.
Progression
Das Fortschreiten einer Krebserkrankung
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
Toxizität
Giftwirkung einer Substanz, zum Beispiel einer Chemotherapie. Diese führen zu unerwünschten Nebenwirkungen.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Zytopenie
Zellzahlverminderung im Blut. Je nach dem, welcher Zelltyp verringert ist, spricht man auch von z.B. Leuko-, Granulo-, Lympho-, Mono-, Erythro- oder Thrombozytopenie.
Dasatinib
Handelsname Sprycel, Laborname BMS-354825, hemmt u.a. die BCR-ABL- und SRC-Tyrosinkinasen. Zugelassen in der EU seit 2006 für die Behandlung von CML und Ph+ALL.
Nilotinib
Nilotinib, Handelsname Tasigna, Laborname AMN107, hemmt u.a. die BCR-ABL-Tyrosinkinase. Zugelassen in der EU seit 2007 für die Behandlung der CML und Ph+ALL.
Ponatinib
Ponatinib (Entwicklungsname AP24534, Handelsname Iclusig), ein Tyrosinkinaseinhibitor der dritten Generation
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Phase II
Hat das Medikament die Prüfung in Phase I bestanden, wird es bei einer kleinen Patientengruppe bezüglich der Wirksamkeit untersucht. Ziele der Studie können dabei beinhalten: Sinkt die Restleukämie? Bei welchem Prozentsatz der Testpersonen sinkt die Resterkrankung ab? Wird das Fortschreiten der Krankheit verzögert? Üblicherweise beteiligen sich einige hundert Menschen an einer solchen Studie, um möglichst genaue Zahlen zu erhalten. Um zu klären, ob es sich bei der Wirkung um zufällige Effekte oder um tatsächliche Medikamentenwirkungen handelt, werden die Teilnehmenden in eine Untersuchungsgruppe und eine Kontrollgruppe eingeteilt.
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Rezidiv
Neuauftreten akuter Krankheitszeichen, Rückfall nach einer Remission
Blasten
Unreife Zellen, z. B. Blutzellvorläufer im Blut oder Knochenmark
Phase I
Die klinische Erprobung eines Medikaments erfolgt in der Regel in drei Phasen, um Menschen vor noch unbekannten gefährlichen und unerwünschten Nebenwirkungen zu schützen und um die finanziellen Mittel möglichst effizient einzusetzen. In einer Phase-I-Studie wird ein Medikament von wenigen Testpersonen eingenommen. Dabei wird untersucht, ob das Medikament gut verträglich ist, welche Nebenwirkungen auftreten und welche Dosierungsart optimal ist. Diese Studien werden ohne Kontrollgruppe durchgeführt.
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
T315I
Die T315I-Mutation ist eine Punktmutation, bei der an Position 944 des ABL-Gens Cytosin gegen Thymin ersetzt wird. Dadurch wird im kodierten Protein die Aminosäure Threonin gegen Isoleucin ausgetauscht.
Leber
Die Leber (griech. Hepar) ist das zentrale Organ des gesamten Stoffwechsels. Zu den wichtigsten Funktionen gehören die Produktion lebenswichtiger Eiweißstoffe wie z. B. Gerinnungsfaktoren, die Verwertung von Nahrungsbestandteilen, die Galleproduktion und damit einhergehend der Abbau und Ausscheidung von Stoffwechselprodukten, Medikamenten und Giftstoffen. Nährstoffe, die aus dem Darm ins Blut aufgenommen werden, gelangen zur Leber und werden dann von dieser je nach Bedarf ans Blut abgegeben oder aus dem Blut entfernt. Sie ist maßgeblich für die Umsetzung von Medikamenten verantwortlich.
oral
Den Mund betreffend, am Mund gelegen, durch den Mund
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Philadelphia-Chromosom
Charakteristisches Merkmal der chronisch myeloischen Leukämie. Die Chromosomenmutation entsteht durch Transfer des Hauptteils des langen Arms von Chromosom 9 nach Chromosom 22 (= Translokation).
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Ansprechrate
Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung sich durch eine bestimmte Behandlung zurückbildet
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
T315I
Die T315I-Mutation ist eine Punktmutation, bei der an Position 944 des ABL-Gens Cytosin gegen Thymin ersetzt wird. Dadurch wird im kodierten Protein die Aminosäure Threonin gegen Isoleucin ausgetauscht.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
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