Das indische Unternehmen NatCo Pharmaceuticals hat angekündigt, unter dem Markennamen "Veenat" in Indien ein Medikament mit dem Wirkstoff Imatinib an den Markt zu bringen. Der von NatCo angegebene Preis soll dabei bei rund einem Achtel des Preises von importierten Medikamenten liegen.

Imatinib ist ein spezifischer Hemmstoff für die Signalübertragung bei Chronischer Myeloischer Leukämie (CML). Erst kürzlich wurde der Wirkstoff von europäischen und amerikanischen Zulassungsbehörden als Primärtherapie für CML zugelassen.

Das Medikament "Veenat" (indisches Wort für "Musik des Lebens") wird von der in Hyderabad ansässigen und auf die Produktion von Wirkstoffen und Medikamenten spezialisierten NatCo Pharamaceuticals als Eigenentwicklung bezeichnet. Das Unternehmen hat die Einreichung eines entsprechenden Patents angekündigt. Eine 100mg-Kapsel soll mit einem Preis von rund $3 nur rund ein Achtel des Preises von ähnlicher importierter Medizin ($24 pro Kapsel) kosten.

Kommentar:

Die Ankündigung von NatCo wirft einige kritische Fragen auf. So ist das von Novartis auch in Indien unter dem Markennamen Glivec vertriebene Imatinib-basierte Medikament in vielen Ländern patentgeschützt. Ob dieser Patentschutz jedoch auch in Indien besteht, ist fraglich: Indien gilt momentan noch als relativ sicherer Hafen für Pharmafirmen, die mit generischen "Raubkopien" internationaler Pharmaprodukte gegen internationale Patente verstoßen. Der Grund hierfür ist in erster Linie, dass die indische Gesetzeslage im Moment lediglich den Patentschutz von (Produktions-)Prozessen, nicht aber von Produkten zulässt. Die Angst, die florierende indische Industrie von rund 16.000 indischen Pharmafirmen mit der Einführung des in den westlichen Ländern üblichen Produktpatententschutzes existentiell zu gefährden, führt dabei zu erheblichem innenpolitischen Widerstand gegen den von der Welthandelsorganisation WTO ausgeübten Druck zur Durchsetzung internationaler Patente. 

Genährt wird dies auch durch die Preise von importierten Medikamenten, deren Preis für eine Monatsdosis oftmals das Jahreseinkommen einer Familie in den Entwicklungsländern wie Indien bei weitem übersteigt. Vielen Patienten in diesen Ländern bleibt daher aus Kostengründen eine Therapie nach aktuellem Stand der Therapie verwehrt.

Andererseits sind die Medikamentenpreise ein Resultat der Forschungsaufwände, die von der Forschungsidee bis zur Zulassung eines Krebsmedikaments anfallen: Pharmaunternehmen investieren jährlich Milliardenbeträge in die Forschung, um neue Wirkstoffe und Therapiemethoden zu finden. Vom Substanzen-Screening bis zur Zulassung eines Wirkstoffes vergehen durchschnittlich 8 bis 11 Jahre; dabei entstehen pro Wirkstoff rund 800-900 Millionen US-Dollar Kosten. Ohne diese Investitionen in die Forschung wären noch heute viele agressive Krankheiten wie Leukämie kaum behandelbar. Pharmafirmen, die Produkte einfach kopieren, tragen nichts zu dieser Forschung bei bzw. schädigen die forschenden Unternehmen.

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