Mehrere neue Arzneimittel zur Behandlung der CML in verschiedenen Entwicklungsphasen sind in der Pipeline. Obwohl es immer noch zu früh zur Beurteilung der Effektivität dieser Arzneimittel gegen die CML ist und wie sich deren Nebenwirkungsprofil darstellt, sind Berichte von Patienten und Ärzten ermutigend. Viele Forscher konzentrieren ihre Anstrengungen auf die Entwicklung von Arzneimitteln, die beim Eintreten von
Resistenzen gegen die Standardtherapie wie z.B.
Glivec (Wirkstoff
Imatinib) Wirksamkeit zeigen. Dieser Artikel stellt drei Medikamente aus der Forschung vor.
BMS354825Dieses von Brystol-Myers-Squibb (BMS) entwickelte Arzneimittel hemmt beide Kinasen
Bcr-Abl als auch Src und wird momentan in Phase-I-Studien in den USA erprobt. [Gerüchte besagen, dass in Kürze auch eine Studie in Deutschland beginnen soll.]
Die Anfangsergebnisse sind sehr ermutigend beim Einsatz von BMS bei Patienten, die gegen
Imatinib resistent sind. Die meisten der bisher in
chronischer CML-Phase mit BMS behandelten Patienten haben ausgezeichnete hämatologische Antworten und einige zytogenetische Antworten erzielt, nachdem sie teilweise vorher komplett
resistent gegen
Imatinib waren. Patienten berichten nur von geringen Nebenwirkungen. Die Studie nimmt Patienten mit
philadelphia-chromosom-positiver CML in allen Phasen der Krankheit sowie mit
philadelphia-chromosom-positiver ALL auf, soweit ein fehlendes Ansprechen auf
Imatinib oder starke
Imatinib-Nebenwirkungen vorliegen. Phase-II-Studien werden in den nächsten Monaten erwartet. Die BMS-Studie läuft in den zwei US-Zentren M.D. Anderson Krebszentrum (MDACC, Dr. Moshe Talpaz und Dr. Hagop Kantarjian) und Universität von Kalifornien in Los Angeles (UCLA, Dr. Charles Sawyers). BMS354825 wird in Pillenform eingenommen. Der CML-Patient Jerry Mayfield berichtet über sein
Online-Tagebuch (englisch) über seine Erfahrung mit BMS354825.
AMN107Präklinische Untersuchungen haben gezeigt, dass der von Novartis entwickelte Wirkstoff AMN107 etwa 10- bis 30-mal potenter gegen CML-Zellen sein soll als
Imatinib. Zusätzlich soll es wirksam gegen viele
Imatinib-
resistente Zellformen sein.
Seit Juni 2004 wird AMN107 am MDACC sowie an der Johann Wolfgang Geothe Universität in Frankfurt in einer Phase-I-Studie erprobt. Die Studie ist nur CML-Patienten in
akzelerierter Phase oder
Blastenkrise sowie ALL-Patienten mit
Philadelphia-Chromosom zugänglich. Sobald eine effektive Dosis bestimmt ist, wird die Studie auch für Patienten der
chronische Phase mit
Imatinib-Versagen sowie für Hypereosinophilie oder Mastozytose geöffnet. In den ersten zwei Studienmonaten haben Patienten von wenigen Nebenwirkungen berichtet, so Quellen vom MDACC. AMN107 wird in Pillenform einmal am Tag eingenommen.
AP23464Entsprechend einigen präklinischen Untersuchungen wird angenommen, dass AP23464 ein onkogener Proteinkinasehemmer ist, der sowohl natürlich auftretende als auch mutierte Formen des Enzyms Abl blockiert, das CML-Zellen außergewöhnlich aktiv ist. AP23464 blockiert auch das Protein Src, das eine Schlüsselrolle dabei spielt, dass solide Tumoren vom Entstehungsort an entfernte Stellen wandern (Metastasen). Außerdem wird berichtet, dass AP23464 die Ausbreitung von Krebszellen blockiert, deren Aktivität von molekularen Zielen wie EGFR, HER2, Raf und KIT kontrolliert wird, die oftmals bei soliden Tumoren wie Prostata-,
Leber-, Lungen-, Nieren-, Gehirn-, Magen- oder Darmkrebs überexprimiert oder überaktiviert sind.
Entgegen früherer Begeisterung ist der Hersteller Ariad jetzt vom starken Optimismus abgerückt. Das Unternehmen wird nun zitiert: "Kürzlich erhaltene Ergebnisse von Tierversuchen in dieser Arbeit haben dazu geführt, dass wir unsere Entwicklung nun auf zwei chemisch verwandte alternative Wirkstoffe von AP23464 konzentrieren, um klinische Versuche mit einem Produktkandidat zu initiieren, der ein optimaleres und konkurrenzfähigeres metabolisches Profil hat." AP23464 wurde nachgesagt, dass es hilfreich sei, das Wachstum von Leukämieziellen zu blockieren, die mehr als 30 verschiedene
Mutationen des Abl-
Proteins beinhalten, die wiederum eine
Resistenz gegen
Imatinib verursachen könnten. Einige präklinische Studien haben laut Ariad gezeigt, dass AP23464 zehnfach kräftiger als
Imatinib beim Blockieren der natürlich vorkommenden Form von Abl sei. Die größere Potenz und das breitere Spektrum von Wirksamkeit von AP23464 sollen den Wirkstoff bei der Behandlung der CML besonders viel versprechend machen - sowohl bei
Resistenz als auch als
Primärtherapie, so Sprecher von Ariad. Unter den Forschern von AP23464 waren Brian Druker, der die Pionierarbeit für die Erforschung von Gleevec leistete.
Quelle:CML-Support Newsletter Herbst 2004, übersetzt aus dem Englischen von Jan (ohne Gewähr)
Weiterführende Links:CML/ALL Studie mit neuem Wirkstoff AMN107 startet in Frankfurt und Houston, Leukämie-Online vom 08.06.2004
Philadelphia-Chromosom
Charakteristisches Merkmal der chronisch myeloischen Leukämie. Die Chromosomenmutation entsteht durch Transfer des Hauptteils des langen Arms von Chromosom 9 nach Chromosom 22 (= Translokation).
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Primärtherapie
Therapieschema zur Behandlung von Patienten bei Erstauftreten der Erkrankung
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Eosinophilie
Die Erhöhung der Zahl eosinophiler Granulozyten (Eosinophile) im Blutbild. Sie ist eine Sonderform der Leukozytose, einer anormalen Erhöhung der Leukozyten.
Blastenkrise
Die dritte Phase der Entwicklung von CML; sie entsteht nach der chronischen und akzelerierten Phase. Ihr Merkmal ist das Vorkommen einer zunehmenden Anzahl von unreifen Blutkörperchen („Blasten") im Blut oder Knochenmark.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Blasten
Unreife Zellen, z. B. Blutzellvorläufer im Blut oder Knochenmark
Onkogen
Gen eines Tumorvirus, das für die Transformation einer befallenen Zelle verantwortlich ist. Auch gesunde Zellen besitzen Onkogene. Onkogene kodieren für zelluläre Wachstumsfaktoren und deren Rezeptoren oder Teile der Proliferationsmechanismen von Tumorzellen.
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
Leber
Die Leber (griech. Hepar) ist das zentrale Organ des gesamten Stoffwechsels. Zu den wichtigsten Funktionen gehören die Produktion lebenswichtiger Eiweißstoffe wie z. B. Gerinnungsfaktoren, die Verwertung von Nahrungsbestandteilen, die Galleproduktion und damit einhergehend der Abbau und Ausscheidung von Stoffwechselprodukten, Medikamenten und Giftstoffen. Nährstoffe, die aus dem Darm ins Blut aufgenommen werden, gelangen zur Leber und werden dann von dieser je nach Bedarf ans Blut abgegeben oder aus dem Blut entfernt. Sie ist maßgeblich für die Umsetzung von Medikamenten verantwortlich.
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Port
Zuführendes System, meist eine unter die Haut eingepflanzte Kunststoffkammer mit Venenkatheter, um eine kontinuierliche Medikamentengabe zu ermöglichen.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chromosomen
Träger des Erbguts im Zellkern. Sie enthalten die riesigen Kettenmoleküle der DNA kompakt verdrillt und gefaltet als Aggregate mit speziellen Proteinen. Die Chromosomen dienen unter anderem bei der Zellteilung der gleichen Verteilung des Erbguts auf die Tochterzellen. Die normalen menschlichen Körperzellen haben 46 Chromosomen. Bei Krebszellen kann die Zahl und/oder Struktur der Chromosomen verändert sein.
exprimieren
Als Genexpression bezeichnet man die Bildung eines von einem Gen kodierten Genprodukts, vor allem von Proteinen oder RNA-Molekülen. Das zugehörige Verb lautet exprimieren.
exprimieren
Als Genexpression bezeichnet man die Bildung eines von einem Gen kodierten Genprodukts, vor allem von Proteinen oder RNA-Molekülen. Das zugehörige Verb lautet exprimieren.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Onkogen
Gen eines Tumorvirus, das für die Transformation einer befallenen Zelle verantwortlich ist. Auch gesunde Zellen besitzen Onkogene. Onkogene kodieren für zelluläre Wachstumsfaktoren und deren Rezeptoren oder Teile der Proliferationsmechanismen von Tumorzellen.
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
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