Auf dem Europäischen Hämatologenkongress 2005, der in dieser Woche in Stockholm stattfindet, wurden die ersten Ergebnisse der Studien mit
Dasatinib (BMS-354825) vorgestellt. Auch wenn die Daten aufgrund den frühen Studienphasen mit geringen Patientenzahlen nicht repräsentativ sind, geben sie doch die ersten positiven Hinweise auf die Wirksamkeit des neuen Medikaments im Falle einer
Glivec-
Resistenz.
Dasatinib (BMS-354825) hat im Labor eine 300- bis 1300fach stärkere Wirkung gezeigt und scheint bei allen resistenzbildenden
BCR-ABL-
Mutationen außer
T315I wirksam zu sein.
In einer Phase-I-Dosiseskalations-Studie an der UCLA in Los Angeles (Dr. C. Sawyers, Dr. N. Shah) wurden acht Patienten für drei Monate mit
Dasatinib behandelt. Drei davon zeigten
Glivec-
resistente Mutationen vor Studienbeginn auf. Einer verließ die Studie nach nur einem Monat aufgrund
Dasatinib-Unwirksamkeit aufgrund einer bereits zu Studienbeginn vorliegenden
T315I-
Mutation. Alle anderen Patienten zeigten innerhalb von drei Monaten 1-3log-Reduktionen von BCR/ABL. Allerdings entwickelten sechs von sieben Patienten während der Studie die
T315I-
Mutation, wobei überraschenderweise nur drei einen hämatologischen Rückfall erlitten, während die anderen drei trotz
T315I weiterhin niedrige
BCR-ABL-Niveaus aufzeigten.
In einer weiteren Phase-I-Studie wurden 15 Patienten mit
Dasatinib behandelt, wobei davon 13 zu Studienbeginn
Glivec-
resistente Mutationen aufwiesen. Ein Patient mit
T315I verliess die Studie. Sieben Patienten erreichten eine 1-Log-Reduktion, zwei sogar eine 3-Log-Reduktion, wobei einer davon eine
Glivec-
resistente Mutation (S417Y) vor Studienbeginn aufgewiesen hatte. Ein Patient erreichte eine negative
PCR.
Insgesamt bewerten die Forscher die Ergebnisse mit
Dasatinib sehr positiv, da ein substantielle Reduktion von
BCR-ABL bei einer Mehrheit der
Glivec-
resistenten Patienten erreicht werden konnte. Die
T315I-
Mutation zeigte sich nur bei Patienten in fortgeschrittenen Phasen der CML.
In einer bereits Mitte Mai erschienenen Publikation berichtete Dr. Talpaz, Professor am M.D. Anderson Krebszentrum in Houston/Texas (MDACC), von aktualisierten Erkenntnissen der Phase-I-Studien mit
Dasatinib, die zuletzt auf der
ASH-Jahrestagung im Dezember 2004 vorgestellt wurde. Dabei wurde erstmals Näheres zur Dosierung von
Dasatinib bekannt: Eine Hälfte der 40 Patienten erhielten eine tägliche Dosis von 15mg-180 mg, die andere Hälfte Dosen von 25-70mg zweimal täglich. Laut Talpaz gibt es Erkenntnisse aus pharmakokinetischer Sicht, die für die Vorteilhaftigkeit einer zweimal täglichen Einnahme des Medikaments gegenüber der einmaligen Einnahme sprächen.
Dr. Talpaz berichtete weiter, dass 31 von 39 Patienten eine
Glivec-
Resistenz aufwiesen - davon sprachen 26 auf
Dasatinib an. Von acht Patienten, die
Glivec-Unverträglichkeit mit schweren Nebenwirkungen gezeigt hatten, sprachen alle auf
Dasatinib an. "Eine zytogenetische Antwort wurde bei diesen Patienten nicht unbedingt erwartet", so Talpaz. "Je länger die Krankheit bereits bestand, desto unwahrscheinlicher ist es, dass der Patient eine zytogenetische Antwort erreicht - wie wir bereits bei
Glivec und
Interferon beoabchtet haben." Immerhin erreichten 9 von 31 Patienten mit
Glivec-
Resistenz und vier der acht mit
Glivec-Unverträglichkeit unter
Dasatinib eine komplette zytogenetische
Remission.
Schwere Nebenwirkungen tauchten nur bei vier der Patienten in
chronischer Phase auf. Etwa jeder vierte hatte zeitweilig niedrige Blutwerte. Formal habe man zwar die maximal tolerierbare Dosis erreicht, deren Bestimmung für den Übergang einer
klinischen Studie von Phase-I auf Phase-II nötig ist, aber "wir fanden, dass wir bereits bei ausreichend hohen Dosen für eine
Phase II-Studien gelandet sind", so Talpaz. Die Phase-II-Studien sind bereits mit einer zweimal täglichen Dosis von 70mg gestartet, und kein Patient musste die Studien wegen Unverträglichkeit verlassen.
"Es scheint, dass das Ansprechen auf
Dasatinib in der
chronischen Phase bei 38 von 40 Patienten anhält, und ein Verlust des Ansprechens wurde selten beobachtet", so Talpaz. Er erwarte daher, dass
Dasatinib in mancher Hinsicht die Geschichte von
Glivec wiederholen wird, wo
Resistenzen in der
chronischen Phase selten sind. "Nach vier Jahren
Glivec in
chronischer Phase werden nur 16% der Patienten
resistent. In fortgeschritteneren Phasen wie der
Blastenkrise sind es 95%. Ich wage zu behaupten, dass vielleicht die gleiche Geschichte bei
Dasatinib passieren wird. In dieser Studie scheint
Resistenz in
chronischer Phase bisher überhaupt kein Problem zu sein." Zusätzlich sei
Dasatinib auch aktiv in fortgeschrittenen Phasen der Krankheit: 8 von 10 Patienten in
akzelerierter Phase und 71% der 32 Patienten in
Blastenkrise zeigten exzellentes hämatologisches Ansprechen auf
Dasatinib.
Übersetzt und zusammengefaßt von jan aus verschiedenen Quellen, u.a. auch "Molecular Responses and
Mutation Analysis in
Imatinib Resistant Patients with Ph+ Leukemia treated with the dual SRC/ABL Kinase Inhibitor BMS-354825". Researchers: S. Branford, T. Hughes, Inst of Med and Vet Science, Adelaide, Australia; C. Sawyers, N. Shah, David Geffen School of Medicin, UCLA Los Angeles, USA.
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Blastenkrise
Die dritte Phase der Entwicklung von CML; sie entsteht nach der chronischen und akzelerierten Phase. Ihr Merkmal ist das Vorkommen einer zunehmenden Anzahl von unreifen Blutkörperchen („Blasten") im Blut oder Knochenmark.
Hämatologe
Arzt, der sich auf Erkrankungen des Blutes, darunter auch Leukämien, spezialisiert hat (Der Wortstamm „Häm-" kommt aus dem Griechischen und "bedeutet „Blut")
Interferon
Im Zusammenhang mit Leukämien üblicherweise Interferon-Alpha gemeint. Interferon (von engl. to interfere eingreifen, sich einmischen) ist ein Protein, das eine immunstimulierende und Tumorzellen angreifende Wirkung entfaltet. Es wird als körpereigenes Gewebshormon gebildet, v.a. von Leukozyten, Monozyten und Fibroblasten, kann aber auch als Medikament in körperunüblich hohen Dosen gegen Leukämien eingesetzt werden.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Dasatinib
Handelsname Sprycel, Laborname BMS-354825, hemmt u.a. die BCR-ABL- und SRC-Tyrosinkinasen. Zugelassen in der EU seit 2006 für die Behandlung von CML und Ph+ALL.
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Phase II
Hat das Medikament die Prüfung in Phase I bestanden, wird es bei einer kleinen Patientengruppe bezüglich der Wirksamkeit untersucht. Ziele der Studie können dabei beinhalten: Sinkt die Restleukämie? Bei welchem Prozentsatz der Testpersonen sinkt die Resterkrankung ab? Wird das Fortschreiten der Krankheit verzögert? Üblicherweise beteiligen sich einige hundert Menschen an einer solchen Studie, um möglichst genaue Zahlen zu erhalten. Um zu klären, ob es sich bei der Wirkung um zufällige Effekte oder um tatsächliche Medikamentenwirkungen handelt, werden die Teilnehmenden in eine Untersuchungsgruppe und eine Kontrollgruppe eingeteilt.
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Blasten
Unreife Zellen, z. B. Blutzellvorläufer im Blut oder Knochenmark
Phase I
Die klinische Erprobung eines Medikaments erfolgt in der Regel in drei Phasen, um Menschen vor noch unbekannten gefährlichen und unerwünschten Nebenwirkungen zu schützen und um die finanziellen Mittel möglichst effizient einzusetzen. In einer Phase-I-Studie wird ein Medikament von wenigen Testpersonen eingenommen. Dabei wird untersucht, ob das Medikament gut verträglich ist, welche Nebenwirkungen auftreten und welche Dosierungsart optimal ist. Diese Studien werden ohne Kontrollgruppe durchgeführt.
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
T315I
Die T315I-Mutation ist eine Punktmutation, bei der an Position 944 des ABL-Gens Cytosin gegen Thymin ersetzt wird. Dadurch wird im kodierten Protein die Aminosäure Threonin gegen Isoleucin ausgetauscht.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
PCR
Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction: Untersuchungsverfahren zur schnellen Vervielfältigung (Amplifikation) bestimmter Abschnitte der RNA oder DNA.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Philadelphia-Chromosom
Charakteristisches Merkmal der chronisch myeloischen Leukämie. Die Chromosomenmutation entsteht durch Transfer des Hauptteils des langen Arms von Chromosom 9 nach Chromosom 22 (= Translokation).
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Hämatologe
Arzt, der sich auf Erkrankungen des Blutes, darunter auch Leukämien, spezialisiert hat (Der Wortstamm „Häm-" kommt aus dem Griechischen und "bedeutet „Blut")
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
T315I
Die T315I-Mutation ist eine Punktmutation, bei der an Position 944 des ABL-Gens Cytosin gegen Thymin ersetzt wird. Dadurch wird im kodierten Protein die Aminosäure Threonin gegen Isoleucin ausgetauscht.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
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