Wissenschaftler am Münchner Klinikum rechts der Isar haben eine Methode entwickelt, mit deren Hilfe man Veränderungen im Genom von Krebszellen aufspüren kann, die die Zellen widerstandsfähiger gegenüber
Chemotherapie machen. So können nun Therapien entwickelt werden, die diese Mechanismen umgehen und so die
Ansprechrate der
Chemotherapie deutlich verbessern. Die Forschungsergebnisse wurden im aktuellen PNAS veröffentlicht.
Krebszellen, die sich wehren
Manche Krebszellen sind hart im Nehmen: Sie lassen sich selbst von den hochwirksamsten Medikamenten nicht vollständig besiegen. Um die Verteidigungsstrategie dieser Zellen zu unterlaufen, muss man zunächst ihre Mechanismen kennen. Am Klinikum rechts der Isar beschäftigt sich daher eine Forschergruppe um Prof. Justus Duyster und Dr. Cornelius Miething mit solchen "wehrhaften" Zellen: Sie erforschen die Verursacher der
chronisch myeloischen Leukämie (CML).
Bei dieser Tumorerkrankung zwingt ein defektes Molekül (
Bcr-Abl) die Leukämiezelle zu andauerndem Wachstum. Vor rund zehn Jahren wurde mit
Imatinib ein Medikament entwickelt, das dieses Molekül sehr gezielt und effektiv ausschaltet. Bei den Patienten, die sich in einem frühen Stadium der Erkrankung befinden, kann es einen kompletten Rückgang der Leukämiezellen aus Blut und
Knochenmark bewirken. Allerdings stellte sich heraus, dass die Leukämiezellen trotz der Therapie nie ganz verschwinden: Die Krankheit wird durch
Imatinib zwar kontrolliert, frei von Leukämie sind die Patienten aber nicht. Warum dies so ist, konnten die Forscher bislang nicht klären. Man vermutete, dass die Ursprungszelle der Erkrankung trotz der Therapie im Patienten "überwintert", um bei Wegfall des Medikaments wieder aktiv zu werden.
Verantwortliche Gene identifiziert
An diesem Punkt setzten die Münchner Forscher mit ihrer Untersuchung an. Ihr Ziel war es, herauszufinden, wie verschiedene genetische Varianten der Krebszellen auf die Therapie mit
Imatinib reagieren.
Um diese Varianten herzustellen, wurden Mäusen Blutstammzellen entnommen. Mit Hilfe von bestimmten Viren schleuste man dann an zufälliger Stelle in das Genom dieser Zellen
DNA-Sequenzen ein. So entstand eine Reihe von zufälligen
Mutationen der ursprünglichen Zellen. Gleichzeitig brachte man auch das Leukämie verursachende
Bcr-Abl-Molekül in die Blutzellen mit ein.
Nachdem den Mäusen die veränderten Zellen zurückgegeben worden waren, entwickelten sie nach kurzer Zeit eine CML-ähnliche Erkrankung. Durch die Behandlung mit
Imatinib wurden zunächst alle Zellen, die gegenüber dem Medikament empfindlich waren, eliminiert. Die Zellen, die
resistent gegen
Imatinib waren, wuchsen hingegen weiter. Auf sie richtete sich nun das Augenmerk der Forscher. Es gelang ihnen mit einer Reihe komplexer Untersuchungen, einige der durch die
Mutationen betroffenen
Gene zu identifizieren. Die Verantwortlichen für den hartnäckigen Widerstand gegen das Medikament waren damit gefunden.
Eine besonders interessante Entdeckung ist dabei das Molekül RUNX3. Es gehört zu einer Familie von Molekülen, die eine wichtige Rolle bei der
Gen-Regulation während der Blut- und Knochen-Entwicklung und -
Differenzierung spielen. Wie die Wissenschaftler sowohl in der Zellkultur als auch im Tiermodell zeigen konnten, verhindert ein Überschuss dieser Moleküle die Bekämpfung der Leukämiezelle durch
Imatinib.
Die Ergebnisse der Untersuchung ermöglichen nun den nächsten Schritt: Eine gezielte Ausschaltung der identifizierten
Gene, um die Effektivität der
Imatinib-Therapie bei CML-Patienten zu steigern und schließlich eine vollständige Heilung zu erreichen.
Literaturquelle
Cornelius Miething, Rebekka Grundler, Claudia Mugler, Simone Brero, Josef Hoepfl, Jochen Geigl, Michael R. Speicher, Oliver Ottmann, Christian Peschel and Justus Duyster: Retroviral insertional mutagenesis identifies RUNX genes involved in
chronic myeloid leukemia disease persistence under
imatinib treatment. PNAS published March 5, 2007, 10.1073/pnas.0604716104 (Medical Sciences)
Kontakt
Prof. Dr. Justus Duyster
Klinik für Innere Medizin III
Klinikum rechts der Isar der TU München
Quelle: idw-Pressemitteilung vom 06.03.2007 Differenzierung
In einem vielzelligen Organismus wie dem Menschen ist eine reibungslose Funktionsfähigkeit nur durch Arbeitsteilung möglich. Dazu erfolgt eine Spezialisierung von Zellen. Diese strukturelle und funktionelle Ausdifferenzierung von Zellen zu bestimmten Zelltypen (z.B. Muskelzellen, Blutzellen, Nervenzellen) bezeichnet man als Zelldifferenzierung.
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Ansprechrate
Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung sich durch eine bestimmte Behandlung zurückbildet
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
Insertion
Chromosomenmutation: ein Chromosom besitzt intern ein zusätzliches Stück
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
mutagen
Stoff oder äußerer Faktor (z.B. Bestrahlung), der erbgutverändernd wirkt, also Mutationen auslöst
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
DNA
Desoxyribonukleinsäure,bildet bei den meisten Lebewesen das genetische Material (Erbgut), ist im Zellkern, in den Chromosomen lokalisiert, Träger der genetischen Information eines Lebewesens
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
sequenzieren
Bestimmen der Reihenfolge von Nucleotiden.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
mutagen
Stoff oder äußerer Faktor (z.B. Bestrahlung), der erbgutverändernd wirkt, also Mutationen auslöst
mutagen
Stoff oder äußerer Faktor (z.B. Bestrahlung), der erbgutverändernd wirkt, also Mutationen auslöst
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
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