Imatinib hat bei CML die Überlebensraten wesentlich verbessert. Jedoch müssen alle Patienten die Behandlung über einen unbestimmten Zeitraum fortführen. Eine Pilotstudie der ersten Patienten, die die Therapie mit
Imatinib unterbrachen, wurde vor kurzem veröffentlicht (Rousselot et al. Blood 2007;109:58–60). Die neue Studie mit mehreren Schwerpunkten "Stop
Imatinib" (STIM) wurde im Juli 2007 gestartet. Ziel dieser Studie ist es, bei einer größeren Gruppe die Beständigkeit einer kompletten molekularen
Remission nach Absetzen von
Imatinib auszuwerten und die Faktoren zu bestimmen, die die Beständigkeit einer kompletten molekularen
Remission beeinflussen könnten.
Die Kriterien zur Aufnahme war eine Behandlung mit
Imatinib (IM) über einen Zeitraum von mehr als 3 Jahren und aufrecht erhaltener kompletter molekularer
Remission (
CMR). Anhaltende komplette molekulare
Remission (
CMR) wurde definiert als
BCR-ABL/ABL-Spiegel unter einer Nachweis-Schwelle, entsprechend einer 5-log-Senkung (nicht nachweisbares Signal mit RQ-
PCR, Real-time quantitative Polymerasekettenreaktion) von mindestens 2 Jahren. Ein molekularer Rückfall, definiert als RQ-
PCR-Positivität, wurde berücksichtigt, wenn dies in zwei aufeinanderfolgenden Auswertungen bestätigt wurde. Im Falle eines molekularen Rückfalls wurden die Patienten erneut mit
Imatinib (IM) 400 mg täglich behandelt.
In der Pilotstudie erlitten 7 von 15 Patienten innerhalb von 6 Monaten einen Rückfall, jedoch wurde eine komplette molekulare
Remission (
CMR) in allen Fällen erneut erreicht, nachdem die Behandlung mit
Imatinib (IM) wieder aufgenommen wurde. Die anderen 8 Patienten (4 männlich, 4 weiblich) befinden sich immer noch in einem Zustand der kompletten molekularen
Remission (
CMR), mit einem durchschnittlichen Nachsorge-Zeitraum von 37 Monaten (zwischen 26 und 49 Monaten), nach einer Unterbrechung der Behandlung mit
Imatinib (IM). Alle Patienten wurden im Vorfeld mit
Interferon-alpha (
IFN) behandelt, und bei den meisten Patienten erfolgte ein Ansprechen auf das
Interferon-alpha (
IFN) vor der Behandlung mit
Imatinib (IM).
Die neue STIM-Studie umfasste 50 Patienten aus 18 Zentren (20 männlich, 30 weiblich), deren Durchschnittsalter bei 62 Jahren lag (zwischen 32 und 81 Jahren). Davon wurden 25 Patienten im Vorfeld nicht mit dem
Interferon-alpha (
IFN) behandelt. Bis Juli 2008 wiesen 34 Patienten eine Nachsorgezeit von ≥ 6 Monaten auf. 18 Patienten erlitten innerhalb der ersten 6 Monate einen Rückfall: 3 Patienten im 2. Monat (M2), 8 Patienten im 3. Monat (M3), 4 Patienten im 4. Monat (M4) und 3 Patienten im 5. Monat (M5). Ein Patient erlitt nach über 6 Monaten (M8) einen Rückfall. Unter den 19 Patienten, die einen Rückfall erlitten, wurden 11 Patienten nicht im Vorfeld mit dem
Interferon-alpha (
IFN) behandelt, und 8 Patienten wurden im Vorfeld mit dem
Interferon-alpha (
IFN) behandelt (Rückfallrate 44 % vs 32 %). 10 Patienten mit einer Nachsorgezeit von ≥ 6 Monaten, die im Vorfeld mit dem
Interferon-alpha (
IFN) behandelt wurden, erlitten keinen Rückfall (M12 bei 2 Patienten, M10 bei 5 Patienten, M8 bei 1 Patient, M7 bei 2 Patienten), und 5 Patienten mit einer Nachsorgezeit von ≥ 6 Monaten, die nicht im Vorfeld mit dem
Interferon-alpha (
IFN) behandelt wurden, erlitten keinen Rückfall (M12 bei 1 Patient, M10 bei 1 Patient, M8 bei 1 Patient, M6 bei 2 Patienten).
Diese Studien bestätigen, dass die komplette molekulare
Remission nach der Unterbrechung der Behandlung mit
Imatinib (IM) aufrecht erhalten werden kann, besonders bei Patienten, die im Vorfeld mit dem
Interferon-alpha (
IFN) behandelt wurden und eine lange Nachsorgezeit hatten (Pilotstudie).Unter den Patienten in der STIM-Studie, die im Vorfeld nicht mit dem
Interferon-alpha (
IFN) behandelt wurden, erlitten mehr als die Hälfte keinen Rückfall, und 20 % durchliefen einen Nachsorgezeitraum von mehr als 6 Monaten und erlitten keinen Rückfall. Aktualisierte Daten werden vorgelegt, allerdings schlussfolgern wir, dass es möglich ist, die Behandlung bei Patienten mit anhaltender kompletter molekularer
Remission (
CMR) zu beenden – sogar bei den Patienten, die lediglich mit dem Wirkstoff
Imatinib (IM) alleine behandelt wurden.
Quelle: ASH-Abstract Nr 187, Is It Possible to Stop
Imatinib in Patients with CML? An Update from a French Pilot Study and First Results from the Multicentre "Stop
Imatinib" (STIM) Study, Mahon, Guilhot et al, France. Übersetzung durch Jan und Alice, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.
Weiterführende Informationen zum Thema Therapiestopp
- Imatinib-Stopp nur unter engmaschiger Kontrolle, Rückfälle meist frühzeitig, Leukämie-Online 11.12.2008
- Erste Ergebnisse der israelischen Imatinib-Interferon-Studie, Leukämie-Online 23.06.2008
- EHA-Abstracts 2008 (englisch)
- Interferon kann Imatinib-induzierte Remission nach Imatinib-Stopp halten, Leukämie-Online 21.04.2008
- ASH: Anhaltende Remissionen mit IFN-Erhaltungstherapie nach Remission mit Glivec, Leukämie-Online 01.12.2007
- ASH: Zugabe von Interferon kann Remissionen unter Imatinib weiter verbessern, Leukämie-Online 04.12.2006
- Kombinationsstudien von Glivec und Interferon sowie Glivec und AMN107, Leukämie-Online 11.02.2006
- Interferone: Was macht die Wunderwaffe stumpf?, Leukämie-Online 11.06.2005
- Kombination von Interferon und Glivec: Gute und stabile Remissionen, Leukämie-Online 01.06.2005
- Glivec-Interferon-Kombinationsstudie nimmt weiterhin CML-Patienten auf, Leukämie-Online 16.10.2003
Weitere Berichte von der ASH-Jahrestagung 2008
- ASH 2008: Eindrücke und Fortschritte, Leukämie-Online 11.12.2008
- Imatinib-Stopp nur unter engmaschiger Kontrolle, Rückfälle meist frühzeitig, Leukämie-Online 11.12.2008
- Dasatinib hemmt Immunfunktion gegen CML deutlich stärker als Imatinib und Nilo, Leukämie-Online 11.12.2008
- Phase-II-Studie mit Bosutinib (SKI-606) als Zweitlinie bei CML, Leukämie-Online 11.12.2008
- ASH: Imatinib-Stopp in Vollremission denkbar, Mehrheit aber mit Rückfällen, Leukämie-Online 11.12.2008
- Verhütung bei Dasatinib zur Vermeidung einer Schwangerschaft weiterhin empfohlen, Leukämie-Online 11.12.2008
- Erste Ergebnisse der SPIRIT-Studie (Imatinib 400/600/+AraC/+PegIFN), Leukämie-Online 11.12.2008
- ASH: PCR nach 6, 12 und 18 Monaten korreliert mit Ansprechen nach 72 Monaten, Leukämie-Online 10.12.2008
- Rituximab bei Therapie von CLL: Ergebnisse der CLL8-Studie, Leukämie-Online 10.12.2008
- Sieben Jahre Imatinib: ASH-Update der IRIS-CML-Studie, Leukämie-Online 10.12.2008
- ASH: Studie zu Dasatinib in Erstlinientherapie bei CML, Leukämie-Online 10.12.2008
- ASH: Dasatinib bei CML mit Imatinib-Resistenz und Unverträglichkeit (START R/C), Leukämie-Online 10.12.2008
- ASH: PR1-Impfstoff mit oder ohne Peg-IFN kann minimale Resterkrankung verringern, Leukämie-Online 10.12.2008
- ASH: Phase-II-Studie mit Nilotinib als Erstlinienbehandlung mit gutem Ansprec, Leukämie-Online 10.12.2008
Minimale Resterkrankung
Eine Art von tiefer Remission bei CML, bei der BCR-ABL dennoch mittels PCR nachweisbar ist
Erhaltungstherapie
Über eine längere Zeitperiode fortgeführte Chemotherapie, die den Erfolg der Induktions- und Konsolidierungstherapie stabilisieren soll
Erstlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Interferon
Im Zusammenhang mit Leukämien üblicherweise Interferon-Alpha gemeint. Interferon (von engl. to interfere eingreifen, sich einmischen) ist ein Protein, das eine immunstimulierende und Tumorzellen angreifende Wirkung entfaltet. Es wird als körpereigenes Gewebshormon gebildet, v.a. von Leukozyten, Monozyten und Fibroblasten, kann aber auch als Medikament in körperunüblich hohen Dosen gegen Leukämien eingesetzt werden.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Dasatinib
Handelsname Sprycel, Laborname BMS-354825, hemmt u.a. die BCR-ABL- und SRC-Tyrosinkinasen. Zugelassen in der EU seit 2006 für die Behandlung von CML und Ph+ALL.
Nilotinib
Nilotinib, Handelsname Tasigna, Laborname AMN107, hemmt u.a. die BCR-ABL-Tyrosinkinase. Zugelassen in der EU seit 2007 für die Behandlung der CML und Ph+ALL.
Bosutinib
Bosutinib (Entwicklungsname SKI-606, Handelsname Bosulif), ein Tyrosinkinaseinhibitor der zweiten Generation.
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
PCR
Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction: Untersuchungsverfahren zur schnellen Vervielfältigung (Amplifikation) bestimmter Abschnitte der RNA oder DNA.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
CMR
Complete molecular response (engl.) = vollständiges molekulares Ansprechen bzw. nicht mehr nachweisbare Resterkrankung unterhalb einer technischen Erkennungsgrenze
MR
Molekulares Ansprechen (= molecular response (engl.). Es wird ausgedrückt durch die Anzahl der CML-spezifischen Gene im Blut
Minimale Resterkrankung
Eine Art von tiefer Remission bei CML, bei der BCR-ABL dennoch mittels PCR nachweisbar ist
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