Auf spezielle Tumormerkmale spezialisierte Impfstoffe sind bereits seit Jahrzehnten in Diskussion. Auch bei der CML wird der Einsatz von Impfstoffen seit mehreren Jahren erprobt. Auf ASH2009 wurde nun ein aktualisierter Zwischenstand einer italienischen Studie mit dem auf
BCR-ABL spezialisierten Impfstoff CMLVAX100 zur weiteren Verbesserung einer unter
Imatinib erreichten guten molekularen
Remission vorgestellt. Dabei konnten bei zwei Dritteln der 43 Patienten eine spezifische Immunantwort nachgewiesen werden; ein Nachweis eines substantiellen Einflusses auf den Therapieerfolg bleibt jedoch weiterhin schwierig.
Die tägliche Dosis von 400mg
Imatinib ist die Standardtherapie für Patienten mit
chronisch myeloischer Leukäme (CML), eine
vollständige zytogenetische Remission wird von der Mehrheit der Patienten innerhalb eines Jahres der Behandlung erreicht. Zusätzlich erreicht eine beträchtliche Zahl von Patienten ein gutes molekulares Ansprechen (d.h.
BCR-ABL/ABL-Verhältnis kleiner 0.1), das
BCR-ABL-
Transkript ist aber bei den meisten Patienten noch nachweisbar was die
Persistenz einer
minimalen Resterkrankung zeigt. In einer vorausgegangen kleinen Pilotstudie schien die Impfung von mit
Imatinib behandelten Patienten mit einem von p210-b3a2 abgeleiteten Fusionspeptid zu einer peptidspezifischen Immunreaktion und damit zu einer Reduktion der
Imatinib überlebenden Resterkrankung zu führen.
Methoden: Um die Wirksamkeit dieses gezielten immunbasierten Ansatzes and einer grösseren Zahl von Patienten zu untersuchen, haben die Studienärzte eine multizentrische Phase-2-Studie angelegt (GINEMA CML0206), in der 5 von p210 b3a2 abgeleitete Peptide (CMLVAX100-Impfstoff) bei Patienten mit mindestens 18 Monaten
Imatinib-Behandlung und anhaltender molekularer Resterkrankung angewendet wurde. Jede Impfung bestand aus CMLVAX100 mit zwei Dosen
GM-CSF als immunologischen Adjuvans. Der Behandlungsplan war: 6 zweiwöchentliche Impfungen (Immunisierungsphase), gefolgt von drei jeweils monatlichen Impfungen (Verstärkungsphase), gefolgt von zwei Impfungen jeweils alle drei Monate (Erhaltungsphase). Das primäre Ziel der Studie war, die Ansprechensrate (Patienten, die eine mindestens 50%ige Reduktion der
BCR-ABL/ABL-Rate im peripheren Blut im Vergleich zur Rate vor der Impfung zeigen) nach Immunisierung und Verstärkung (Evaluation nach 6 Monaten) und
Persistenz im neunten Monat (nach der 10. Impfung) zu bewerten. Das sekundäre Ziel schloss die Bestimmung der Rate nicht nachweisbarer
BCR-ABL-Transkriptes zu jeder Zeit nach der Immunisierung und die Rate der durch die Impfung ausgelösten peptidspezifischen Immunantwort ein.
Zum Zeitpunkt des Berichts waren 57 der 69 geplanten Patienten in die Studie aufgenommen, bei 43 von 57 war das Ansprechen zu dem Zeitpunkt auswertbar. 27 sind männliche und 16 sind weibliche Patienten mit einem mittleren Alter von 56.5 Jahren (Bereich von 29 bis 78). Zum Zeitpunkt der Diagnose wiesen 25/34 (58%) der Patienten ein niedriges, 15/43 (35%) ein mittleres und 3/43 (7%) ein hohes Risiko nach Sokal auf. 21 von 43 Patienten (49%) begannen die Imatinibtherapie direkt nach der Diagnose. Alle Patienten traten dem Impfprotokoll nach mindestens 18 Monaten Imatinibtherapie bei, die mittlere Behandlungsdauer mit diesem
Tyrosinkinasehemmer betrug 54 Monate (Bereich von 23-100). Alle Patienten hatten eine
vollständige zytogenetische Remission vor Eintritt in die Studie (nach einer mittleren Zeit von 6 Monaten Imatinibtherapie) erreicht und befanden sich in vollständiger zytogenetischer
Remission mit einer mittleren Dauer der
Remission von 47 Monaten zum Zeitpunkt der Einschreibung in die Studie. Alle Patienten begannen die Impfung mit persistent im peripheren Blut messbarer molekularer Erkrankung (jedes
BCR-ABL-
Transkript-Niveau).
Ergebnisse: Die laufenden Zwischenuntersuchungen zeigen, dass die Impfungen (ingesamt über 400 Injektionen) sehr gut verträglich waren, die
Toxizität von CMLVAX100-GMCSF äusserte sich nur in Rötungen und Juckreiz an der Injektionsstelle. Nur 4/43 Patienten (9%) bekamen ein leichtes Fieber. Bezüglich der durch die Impfung induzierten Immunreaktion zeigten 29/43 (67%) Patienten eine signifikante in vitro b3a2-peptidspezifische CD4+-Zellproliferation. Bezüglich Ansprechens der
minimalen Resterkrankung registrierten wir eine mindestens 50%ige Reduktion der
BCR-ABL-Werte vor der Impfung nach 6 Monaten der Behandlung (d.h. nach 9 Impfungen) bei 22/43 (51%) der Patienten, die Reduktion wurde bei 14/29 (48%) der Patienten bestätigt, die die 9-Monatsuntersuchung erreichten (d.h. nach 10 Impfungen). Bei 14/43 (32%) der Patienten war während dieser Zeit mindestens einmal kein
BCR-ABL-
Transkript mehr nachweisbar. Bei 2/43 Patienten beobachteten wir einen signifikanten Anstieg der
BCR-ABL-Transkripe, nach drei bzw. 18 Monaten nach Beginn der Impfungen gefolgt vom Verlust der vollständigen zytogenetischen
Remission.
Schlussfolgerung: Der CMLVAX100-Impfstoff scheint eine Reduktion der langanhaltenden molekularen minimalen, die Imatinibbehandlung überlebenden Resterkrankung bei ungefähr der Hälfte der geimpften CML-Patienten zu induzieren und bestätigt so die vorläufigen Ergebnisse. Falls diese
BCR-ABL-spezifische Immunkontrolle der
minimalen Resterkrankung einen substantiellen Einfluss auf den Anteil der
BCR-ABL-
Mutationen haben sollte, können Fortschreiten der Krankheit und das Gesamtüberleben erst nach längerer Beobachtungsdauer bestimmt werden.
Quelle: ASH-Abstract 648:
BCR-ABL Derived Peptide Vaccine in Chronic Myeloid Leukemia Patients with Molecular Minimal Residual Disease During
Imatinib: Interim Analysis of a Phase 2 Multicenter GIMEMA CML Working Party Trial. Monica Bocchia.
Übersetzung durch Niko, Zusammenfassung und Kommentierung durch Jan, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit. Danke, Niko!Weiterführende Informationen:
Weitere Berichte zu Ergebnissen von ASH2009:
- ASH 2009 CML-Nachlese - und warum ich wieder hingefahren bin, Leukämie-Online 17.12.2009
- ASH09: Resistenz, Wirkung und Mutationen unter Dasatinib bei CML in chron. Ph, Leukämie-Online 27.12.2009
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Vollständige zytogenetische Remission
Vollständige Normalisierung des Blutbilds. Unreife weiße Blutkörperchen sind nicht mehr nachweisbar. Eine möglicherweise zuvor vergrößerte Milz hat ihre Normalgröße wieder erreicht.
Zweitlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Erhaltungstherapie
Über eine längere Zeitperiode fortgeführte Chemotherapie, die den Erfolg der Induktions- und Konsolidierungstherapie stabilisieren soll
Erstlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Proliferation
Vermehrung von Zellen
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Progression
Das Fortschreiten einer Krebserkrankung
IRIS-Studie
Phase-III, in der Imatinib mit Interferon+AraC verglichen wurde, und die zur Marktzulassung von Imatinib führte. Viele der 1106 Patienten werden bis heute weiter in der Studie betreut, wodurch Langzeit-Sicherheitsdaten gesammelt werden. IRIS steht für International Randomized trial of Interferon/Ara-C versus STI571.
Toxizität
Giftwirkung einer Substanz, zum Beispiel einer Chemotherapie. Diese führen zu unerwünschten Nebenwirkungen.
Interferon
Im Zusammenhang mit Leukämien üblicherweise Interferon-Alpha gemeint. Interferon (von engl. to interfere eingreifen, sich einmischen) ist ein Protein, das eine immunstimulierende und Tumorzellen angreifende Wirkung entfaltet. Es wird als körpereigenes Gewebshormon gebildet, v.a. von Leukozyten, Monozyten und Fibroblasten, kann aber auch als Medikament in körperunüblich hohen Dosen gegen Leukämien eingesetzt werden.
Persistenz
Dauerhafte Beständigkeit
Transkript
Mit Hilfe der PCR lassen sich kleinste Mengen an Erbinformationen in kurzer Zeit stark vervielfältigen, so dass auch das BCR-ABL-Gen so oft kopiert wird, bis es in ausreichender Menge vorliegt, dass es eindeutig nach- gewiesen werden kann. Diese BCR-ABL-Kopien nennt man Transkripte.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Dasatinib
Handelsname Sprycel, Laborname BMS-354825, hemmt u.a. die BCR-ABL- und SRC-Tyrosinkinasen. Zugelassen in der EU seit 2006 für die Behandlung von CML und Ph+ALL.
Nilotinib
Nilotinib, Handelsname Tasigna, Laborname AMN107, hemmt u.a. die BCR-ABL-Tyrosinkinase. Zugelassen in der EU seit 2007 für die Behandlung der CML und Ph+ALL.
Protokoll
Gebräuchlicher Ausdruck für ein Behandlungsschema; bei klinischen Studien auch Prüfplan genannt
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
GM-CSF
Granulozyten-Makrophagen-Koloniestimulierender Faktor (Wachstumsfaktor der Blutbildung)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Vollständige zytogenetische Remission
Vollständige Normalisierung des Blutbilds. Unreife weiße Blutkörperchen sind nicht mehr nachweisbar. Eine möglicherweise zuvor vergrößerte Milz hat ihre Normalgröße wieder erreicht.
Minimale Resterkrankung
Eine Art von tiefer Remission bei CML, bei der BCR-ABL dennoch mittels PCR nachweisbar ist
Transkript
Mit Hilfe der PCR lassen sich kleinste Mengen an Erbinformationen in kurzer Zeit stark vervielfältigen, so dass auch das BCR-ABL-Gen so oft kopiert wird, bis es in ausreichender Menge vorliegt, dass es eindeutig nach- gewiesen werden kann. Diese BCR-ABL-Kopien nennt man Transkripte.
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Protokoll
Gebräuchlicher Ausdruck für ein Behandlungsschema; bei klinischen Studien auch Prüfplan genannt
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
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