Der zusätzlich zur Standardtherapie aus Fludarabin und Cyclophosphamid gegebene monoklonale Antikörper Rituximab kann das Leben von Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) im Vergleich zur alleinigen Standardchemotherapie nachweislich verlängern. Dies ist das erste medikamentöse Therapie, die bei bislang unbehandelten CLL-Patienten einen Nutzen hinsichtlich der Gesamtüberlebensrate zeigt. Die Ergebnisse erscheinen in der aktuellen Krebs-Sonderausgabe von The Lancet und könnten die üblichen Erstlinien-Therapiepraktiken bei diesen Patienten verändern.
CLL ist der zweithäufigste Typ der Leukämie. Die Erkrankung ist zur Zeit unheilbar, bessere Therapien sind notwendig. Typischerweise werden Chemotherapien zur Behandlung der CLL eingesetzt, allerdings mit begrenztem Erfolg. Gegenwärtig ist auch keine Behandlung verfügbar, die das Gesamtüberleben verbessert. Allerdings wurden in Phase-II-Studien, die Rituximab mit den Chemotherapiemedikamenten Fludarabin und Cyclophosphamid kombinierten, viel versprechende Ergebnisse erzielt, so die bislang höchste Responserate bei Erstlinientherapien bei CLL-Patienten.
Die Deutsche CLL Studiengruppe (DCLLSG) richtete in 190 Zentren eine Phase-III-Studie zur weiteren Bewertung dieser therapeutischen Strategie ein. 408 bislang unbehandelte Patienten wurden per Randomisierung einer Chemoimmunotherapie mit Fludarabin, Cyclophosphamid und Rituximab zugeteilt, 409 Patienten einer Chemotherapie mit Fludarabin und Cyclophosphamid.
Nahezu die Hälfte aller Patienten der Chemoimmunotherapie-Gruppe erreichte nach 3 Jahren die vollständige Remission, verglichen mit weniger als einem Viertel in der Chemotherapie-Gruppe.
Zudem zeigten 65 Prozent der Chemoimmunotherapie-Patienten nach 3 Jahren Behandlung keinen Fortschritt der Erkrankung, verglichen mit 45 Prozent der Chemotherapie-Patienten.
Insbesondere wichtig erscheint, dass die Chemoimmunotherapie die Wahrscheinlichkeit signifikant steigerte, dass Patienten 3 Jahre und mehr überleben. Nach 3 Jahren lebten noch 87 Prozent der Chemoimmunotherapie-Patienten gegenüber 83 Prozent der Chemotherapie-Patienten.
Neutropenien 3. oder 4. Grades (34 Prozent vs. 21 Prozent) und Leukocytopenien (24 Prozent vs. 12 Prozent) traten in der Chemoimmunotherapie-Gruppe häufiger auf. Jedoch wurden durch die Chemoimmunotherapie keine weiteren Nebenwirkungen gesteigert. Es kam in der Chemoimmunotherapie-Gruppe zu 8 (2 Prozent) therapiebedingten Todesfällen im Vergleich zu 10 in der Chemotherapie-Gruppe.
Interessanterweise war das Überleben über alle klinischen und genetischen Untergruppen hinweg nicht einheitlich. Insbesondere Patienten mit einer Deletionsregion in Chromosom 17p (oder fehlendes Tumorsuppressorgen p53 in CLL-Zellen) zeigten eine schwache Response. Nicht einmal 5 Prozent erreichten trotz Chemoimmunotherapie die vollständige Remission. Im Gegensatz hierzu erhöhte sich bei Patienten mit einer Deletion auf dem Chromosom 11q, einer Gruppe mit nur schlechter Prognose, die Rate der vollständigen Remissionen durch die Chemoimmunotherapie um mehr als das Dreifache.
Die Autoren folgern: "Diese Ergebnisse mögen helfen, ein neues Therapiemodell zu etablieren, in dem die Wahl einer spezifischen Erstlinienbehandlung den natürlichen Verlauf der chronischen lymphatischen Leukämie verbessern kann."
In einem Kommentar bemerkt Peter Hillmen vom St. James University Teaching Hospital in Leeds: "diese Studie ist unter mehreren Gesichtspunkten ein Wendepunkt in der Behandlung der CLL, und kündet von elementaren Veränderungen im Behandlungsmuster dieser Erkrankung."
Hillmen fügt hinzu: "Wir können nicht länger dieselbe Therapie für alle Patienten anwenden und daher ist für uns das Zeitalter personalisierter Medizin zur Behandlung der CLL angebrochen. Wir können nun jene Patienten identifizieren, die von vornherein eine nur schlechte Prognose aufweisen werden, so dass sie für neue therapeutische Ansätze in Frage kommen."
Quelle: Wissenschaft-Online nach The Lancet vom 01.10.2010
Erstlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Randomisierung
Patienten mit einem oder mehreren gleichen Charakteristika (z.B. gleiche Erkrankung, Krankheitsstadium, Geschlecht, Alter) werden nach einem Zufallsverfahren in verschiedene Behandlungsgruppen (Arme der Studie) eingeteilt. Jede Gruppe erhält eine unterschiedliche Behandlung. Das Zufallsverfahren ist erforderlich, um die Ergebnisse bzw. Ansprechraten möglichst objektiv zwischen mehreren gleichartigen Gruppen vergleichen zu können.
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Antikörper
Von Immunzellen (B-Lymphozyten) gebildete Proteine, die gezielt Strukturen (Antigene) auf der Oberfläche von Krankheitserregern, Zellen oder Molekülen erkennen und sich an sie binden. Antikörper dienen dem Immunsystem zur Erkennung und Zerstörung von Erregern oder abnormen Zellen.
Neutropenie
Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut - bestimmter weißer Blutzellen, die besonders für die Abwehr gegen Bakterien und Pilze wichtig sind
monoklonal
von einem einzigen, genetisch identischen Zell-Klon ausgehend oder gebildet
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Deletion
Chromosomenmutation, bei der ein Teil eines Chromosoms fehlt, d.h.
Verlust von genetischem Material. Nomenklatur: beispielsweise bedeutet del(22)(q11) einen Verlust des Bandes q11 auf dem Chromosom 22.
Prognose
Wahrscheinliche zukünftige Entwicklung einer Erkrankung auf Basis der bestehenden Befunde
Klon
Meist Zellklon gemeint. Gruppe von genetisch identischen Zellen, die alle durch Teilung aus einer einzigen Mutterzelle hervorgegangen sind und identische Merkmale haben
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Monoklonaler Antikörper
Antikörperpräparation, die nur eine einzige Struktur erkennt. Monoklonale Antikörper werden im Labor mit Hilfe von unsterblich gemachten Immunzellen gebildet, die einer einzelnen Vorläuferzelle entstammen. Gleichartige Nachkommen eines einzelnen Vorläufers nennt man Klon.
Erstlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Chromosomen
Träger des Erbguts im Zellkern. Sie enthalten die riesigen Kettenmoleküle der DNA kompakt verdrillt und gefaltet als Aggregate mit speziellen Proteinen. Die Chromosomen dienen unter anderem bei der Zellteilung der gleichen Verteilung des Erbguts auf die Tochterzellen. Die normalen menschlichen Körperzellen haben 46 Chromosomen. Bei Krebszellen kann die Zahl und/oder Struktur der Chromosomen verändert sein.
Neutropenie
Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut - bestimmter weißer Blutzellen, die besonders für die Abwehr gegen Bakterien und Pilze wichtig sind
monoklonal
von einem einzigen, genetisch identischen Zell-Klon ausgehend oder gebildet
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
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