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Ein Artikel von Chaya Venkat (clltopics.org) vom 14.10.2004 meldet gute und schlechte Nachrichten über die CLL-Therapie mit Rituxan (Markenname Rituximab und Mabthera) – und bewertet diese. Eine Übersetzung des Artikels auf clltopics.org aus dem Englischen.

(Übersetzung durch Roland Keilwerth - Kursive Texte zwischen Klammern sind Bemerkungen des Übersetzers. Es wird keine Gewähr für Übersetzungsfehler übernommen.)

Die guten und weniger guten Nachrichten über Rituxan
(Auch unter den Markennamen Rituximab und Mabthera bekannt)

Die Rituxan-Therapie, entweder als Monotherapie oder im Verbindung mit anderen Medikamenten, ist der Grundstein der CLL-Therapie geworden. Wir haben vermutlich mehr Artikel über Rituxan (vgl. Rituxan-Therapy auf clltopics.org, englisch) als über jedes andere Medikament, und das mit gutem Grund. Wichtig ist die eindeutige Fähigkeit von Rituxan zum Erkennen von CD20, einem Marker, der durch reife B-Zellen exprimiert wird, und zwar ausschließlich durch reife B-Zellen. Gerade diese Tatsache gibt Rituxan sein beneidenswertes niedriges Toxizitätsprofil. Es gibt zwar Einschränkungen, deren wir uns bewusst sein sollten. Bitte lesen Sie dazu die anderen Artikel über Rituxan auf der Website clltopics.org. Aber gute Therapieentscheidungen zu treffen beinhaltet vor allem, umsichtig vorzugehen, ohne überzureagieren – ein pragmatisches Abwiegen der Risiken gegenüber den Vorteilen ist erforderlich.

Dieser Artikel möchte sich mit dem Warnhinweis, der von Genentech (Hersteller von Rituxan) bezüglich der Medikamentensicherheit herausgegeben wurde, auseinandersetzen (Topics Alert, October 11, 2004) und eine neue Rituxan-Kombinationstherapie diskutieren, die als ziemlich vielversprechend bezüglich erhöhter Ansprecharten und niedrigerer Toxizität erscheint. Die "schlechten Nachrichten" sind nicht so schlecht - und was die "guten Nachrichten" anbetrifft: dieses neue wirksame Medikament zur Unterstützung von Rituxan ist bereits (in den USA) im Handel erhältlich und hat eine nachgewiesene niedrige Toxizität in klinischen Studien am Menschen gezeigt. Nicht viel spricht gegen einen Versuch mit dieser neuen Rituxan-Kombination. Nun zuerst zu den "schlechten Nachrichten".

Warnungsschreiben von Genentech an die Ärzte:

Eine der Bedingungen, die häufig durch die FDA (amerikanische Zulassungsbehörde) bei der Vermarktungszulassung eines neuen Medikaments auferlegt wird, ist, dass der Hersteller eine andauernde Beobachtung zur Feststellung wichtiger Probleme durchführt. Das ist sinnvoll, da klinische Versuche an einer kleinen Zahl von Patienten durchgeführt werden, und nur wenn das Medikament bei vielen Personen angewendet wird, werden alle Nebenwirkungen offensichtlich. Es gibt nun den Fall, dass die Marktbeobachtung von Rituxan einen neuen Risikofaktor aufgedeckt hat, und Genentech hat, wie durch die FDA gefordert, die Ärzte darüber informiert. Unter den untenstehenden (englischsprachigen) Links kann der Brief von Genentech sowie die neueste Rituxan-Produktinformation abgerufen werden.
Hier die Geschichte in einer Kurzfassung. Nachdem Rituxan (meistens im Verbindung mit anderen Chemotherapien) verwendet wurde, entwickelten einige Patienten mit einem früheren, abgeheilten Hepatitis-B-Virus eine vollständige Reaktivierung des Virus. Hepatitisreaktivierung ist kein kleines Problem, und zweifellos ist dieses eine wichtige Warnung. Dieses Warnung ist vergleichbar mit der uns allen bewussten Warnung vor der Reaktivierung des CMV (Cytomegalovirus) im Fall von Campath. Viele von uns erinnern sich an die Reaktivierung des Herpesvirus, den Entzündungen im Mundbereich, den schmerzlichen Perioden mit der Gürtelrose und dergleichen mehr bei einer Krebstherapie. Eine andere Reaktivierung, die in Foren nicht oft diskutiert wird, ist Tuberkulose. TB gewinnt an Bedeutung in den USA, und wenn Sie dieser sehr hartnäckigen Infektion bereits ausgesetzt waren, besteht die Gefahr einer Reaktivierung nach der CLL-Therapie.

Wo liegen die Gemeinsamkeiten? Im Allgemeinen etablieren viele dieser Viren (Herpes, Hepatitis, Epstein-Barr, TB, CMV usw.) kleine, schlummernde Populationen in Ihrem Körper, die nie ganz verschwinden - und einmal angesteckt bleiben sie Ihnen für das ganze Leben. Sehr hohe Prozentsätze unserer Bevölkerung sind jetzt mit Viren wie Herpes, EBV und dergleichen angesteckt. Bei gesunden Personen mit einem intakten Immunsystem werden diese Viren in Schach gehalten und können sich nicht in richtige Infektionen weiterentwickeln - es wird ein Waffenstillstand zwischen Ihrem Körper und dem Virus erklärt. Dieser Waffenstillstand wird gebrochen, wenn unser Immunsystem nicht mehr imstande ist, seine Arbeit zu erledigen. Genau dies ist möglich nach einer Therapie zur CLL-Behandlung. Althergebrachte Chemotherapien mit Medikamenten wie Fludarabine, Cyclophosphamid, Chlorambucil, Prednison, usw. waren immer wegen der geringen Selektivität unbeliebt, weil sie viele gesunde Zellen zusammen mit CLL Zellen vernichtet haben Der Grad der Toxizität war abhängig von dem spezifischen Medikament, seine Dosierung und die Kombination mit anderen Medikamenten. Es ist leicht zu erkennen, wie CLL- Patienten mit schlechter Immunfunktion zur leichten Beute werden, nachdem sie eine heftige Chemotherapie durchlaufen haben.

Obwohl monoklonale Antikörper als vergleichsweise "schlaue Medikamente" wegen ihrer Wirksamkeit auf ganz spezifische Ziele gelten, ist auch hier ein Risiko vorhanden. Campath z.B. zielt auf CD52, einem Marker, der auf allen reifen B-Zellen (gute und schlechte), sowie T-Zellen, NK Zellen, sowie verschiedenen anderen Zellen vorhanden ist. Darin liegt begründet, dass die Campath-Therapie immer von einem starken und umfassenden Verlust der Immunfunktion begleitet wird. Ein Problem, das bis einige Monate nach Ende der Therapie andauern kann. In der Tat erholen sich viele der Zellen nicht völlig innerhalb eines Jahres (vgl. Campath-Therapy auf clltopics.org). Die Gefahr ernsthafter Infektionen und der Reaktivierung einiger früherer "Feinde" ist ziemlich real, weshalb es sehr empfohlen wird, dass Patienten vorbeugend gegen virale und bakterielle Infektionen behandelt werden.
Viele Berichte haben sich mit verzögerte Neutropenie als Folge der Rituxan-Therapie beschäftigt. Der Anteil an Fällen, in denen das beobachtet worden ist gering, und niemand kann sich bisher den Zusammenhang hierfür genau erklären.

Auszug:

Br J Haematol. 2003 Jun;121(6):913-8.
Verzögerte Neutropenie in Zusammenhang mit einer Rituximab Therapie.

Chaiwatanatorn K, Lee N, Grigg A, Filshie R, Firkin F.
Abteilung für Hämatologie, St. Vincents Hospital, Fitzroy, Victoria 3065, Australien.

Die Eigenschaften einer starken, verspäteten Neutropenie nach einer Rituximab Therapie sind bei 53 nacheinander behandelten Patienten ausgewertet worden. Bis auf einen Patienten wurde Rituximab zur Behandlung des Non-Hodgkin.Lymphoms eingesetzt. Acht Fälle von Neutropenie des Grades 4 wurden zwischen 1 und 5 Monaten nach der Rituximab Behandlung festgestellt. 5 Fälle waren mit Rituximab als Monotherapie und 3 Fälle als Kombinationstherapie behandelt worden. Die Zahl der Neutrophile hatte sich vor Ausbruch der Neutropenie erholt. In drei Fällen hatten die Patienten eine Blutvergiftung. Die Entwicklung der Neutropenie korrelierte weder mit dem Vorhandensein einer nachweisbaren Krankheit, noch mit der Einnahme weiterer Medikamente. Bis auf einen Fall wurde die Neutropenie begleitet von Vorboten einer Verringerung der Neutrophile. In letzteren Fall war sie begleitet von einer gutartigen Zellvermehrung im Knochenmark...
Die Fälle von Neutropenie zeigten einen Zusammenhang mit einem beschädigten Immunsystem, das durch Lymphozytenreduzierung und Hypogammaglobulinanemie zum Ausdruck kam. Diese Beschädigung hervorgerufen durch Rituximab, kann die Neutropenie hervorrufen.
PMID: 12786803


Anders als die üblichen infusionsbedingten Nebenwirkungen bei einigen Patienten war die Rituxan-Therapie bemerkenswert frei von den ernsten Nebenwirkungen - bis jetzt. Die naive Annahme ist, dass Rituxan nur B-Zellen im Visier hat, und Viren im Allgemeinen durch T-Zellen bekämpft werden. Wir sollten daher von den nervtötenden Virenreaktivierungen verschont werden, die mit Campath behandelte Patienten quälen. Es ist nicht ganz so einfach. Es gibt eine sehr starke Verbindung zwischen B-Zellen und T-Zellen. Jede beeinflusst des anderen Wachstum und Reifung, und jede Zelle kontrolliert das eindeutige Funktionieren der anderen. Dieser neueste Warnhinweis von Genentech bestätigt diese Aussage. Die Rituxan-Therapie gibt uns keinen Freifahrtschein, was Virenreaktivierung betrifft. Es ist richtig, dass die meisten Fälle, über die in dieser Marktüberwachung berichtet wird, bei der Anwendung von Rituxan im Verbindung mit anderen Chemotherapien aufgetreten sind. Das hat stark zur Anfälligkeit beigetragen, wenn das Immunsystem bereits vorgeschädigt war.

Sollten wir deshalb Therapien meiden, die Rituxan enthalten? Überhaupt nicht. Rituxan ist nach wie vor das wichtigste Medikament, das uns heute zur Verfügung steht. Alles was dieser neue Warnhinweis sagt ist, dass wir uns dieser möglichen Gefahr bewusst sein sollten. Die erforderliche Aktivität ist ziemlich einfach: Wenn Sie glauben, dass Sie bereits Hepatitis gehabt haben könnten, informieren Sie Ihren Doktor, bevor Sie mit der Rituxan-Therapie beginnen. Lassen Sie sich auf Hepatitis-B testen, und wenn der Test positiv ist, stellen Sie sicher, dass Sie die richtigen Medikamente bekommen, um sich vor einer Reaktivierung zu schützen. Da dieses Schreiben von Genentech an die Gesundheitsämter (Ich weiß nicht wer ihn in Deutschland bekommen hat. Informieren Sie sich bei Ihren Arzt!) ging, sollte Ihr Doktor sich dessen bewusst sein. Falls Er/Sie ihn nicht bekommen hat, können Sie das Genentech-Schreiben über oben genannten Link ausdrucken - das sollte reichen, um Ihren Doktor zu überzeugen, dem Plan zu folgen. (Im amerikanischen Text wird ein Auszug aus dem Brief aufgeführt. Aus juristischen Gründen habe ich auf eine Übersetzung verzichtet. Kontaktieren Sie bitte Ihren Arzt oder den deutschen Vertreter von Rituximab: Roche)

Neue Rituxan-Kombination

Jetzt zu den "guten Nachrichten". Leider erhalten CLL-Patienten durch Rituxan ein nicht so gutes Ansprechen wie Patienten mit anderen B-Zell-Erkrankungen wie z.B. das follikulare Lymphom, Wir haben in früheren Artikeln einige Möglichkeiten zum Verbessern der Wirkung der Rituxan-Therapie durch Hinzufügen von anderer Medikamenten, behandelt. Das ist ein weites Feld. Angefangen mit Neupogen (G-CSF), Leukine (GM-CSF), EGCG, CPG-ODN, PT-100, Betaglukan, IL-2, usw., sowie ältere Chemotherapien, wie z.B. Fludarabine, Prednison, Cyclophosphamid, Chlorambucil usw. Insbesondere haben wir im Detail die Kombination von Rituxan mit Neupogen und EGCG (Der Wirkstoff in grünen Tee, der als Konzentrat in Deutschland noch nicht erhältlich ist. Sie können ihn über Ebay in USA bestellen. Informieren Sie sich in einem Artikel in clltopics.org (The Difficult Case of the Round-Headed Kid) über Vorteile und Nebenwirkungen, vor allem bei exzessiven Gebrauch auf die Leber und die Gefahr von Insektiziden und Pestiziden bei diesem Konzentrat) (Neupogen as Booster to Rituxan Monotherapie,) sowie die gegenwärtige "Goldstandard" von Rituxan mit Fludarabine behandelt. (Fludarabine Monotherapy Not Longer the Gold Standard, RF Therapie Clinical trial) (In einer Übersetzung bei Leukämie-Online erschienen: Fludara-Monotherapie ist bei CLL nicht mehr erste Wahl)

Ich bin erfreut, über eine neue Kombination berichten zu können, die vielversprechend zu sein scheint: Rituxan mit Fenretinide. Fenretinide ist vergleichbar mit dem Vitamin A. Es gehört der Retinoid-Familie an (der chemische Namen ist N-(4-hydroxyphenyl)retinamide oder 4-HPR). Es ist seit langem bekannt und wird als Unterstützung bei klinischen Studien für z.B. Brustkrebs, Prostatakrebs, Eierstockkrebs und von anderen festen Krebsarten eingesetzt. Es wird auch als Erhaltungsmedikament nach einer Therapie verwendet, um einen Rückfall zu vermeiden - oder einfach als Methode, um den Krebs zu verhindern. Es ist als Monotherapie (mit nur bescheidenen Resultaten) sowie im Verbindung mit anderen Medikamenten verwendet worden. Sie können einen Überblick über das Arbeitsvolumen dieses zu Vitamin A analogen Medikamentes erhalten, indem Sie das Wort "Fenretinide" in die Google-Suchmaschine eingeben. Sie erhalten im Web mehr als 6.000 Seiten. (In "Aus Deutschland" allerdings nur ca. 30, vorwiegend für die Anwendung beim Mammakarzinom. Dieses Medikament wird zur Zeit in USA mit sehr viel Erfolg bei Tierversuchen eingesetzt. Vor allem auch in unseren Fall beim Einsatz als Kombinationstherapie mit Rituxan gegen Leukämie und Lymphome. Die Erfolge sind zur Zeit etwa in der Größenordnung von RFC, bei einem viel weniger toxischen Mittel als Fludarabin oder Cyclophosphamid. Nachdem der Einsatz im humanitären Bereich erst in eigen Jahren zu erwarten ist, habe ich untenstehend nur die Titel einiger Artikel in deutsch aufgeführt. Die Abstracts bzw. die vollständigen englischen Titel könne Sie unter CLLTopics.org (Rituxan in the news) einsehen bzw. runterladen.

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Expert Opin Investig Drugs. 2003 Nov;12(11):1829-42.
Fenretinide: der Prototype eines krebsverhinderenden Medikaments
Malone W, Perloff M, Crowell J, Sigman C, Higley H.

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Blood. Mai 2004 1;103(9):3516-20. Epub Dez 2003 24.
Fenretinide erhöht die von Rituximab induzierte Zytotoxizität gegen B-Zellen. Verhinderung der Tumorweiterentwicklung.
Gopal AK, Pagel JM, Hedin N, Presse OW.

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Clin cancer Res. 2001 Aug;7(8):2490-5.
Synergistische Effekte des fenretinide (4-HPR) und der monoklonalen anti-CD20 Antikörper auf den Zelltod bösartige humaner B Zellen.
Shan D, Gopal AK, Presse OW.
Abteilung für Medizin, Abteilung der medizinischen Onkologie, Universität von Washington, Seattle, WA 98195, USA.
http://clincancerres.aacrjournals.org/cgi/content/full/7/8/2490

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Quelle: Rituxan in the news, clltopics.org vom 14.10.2004 (englisch), Übersetzung durch Roland Keilwerth

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