Oblimersen (Handelsname Genasense), ein neuartiges Antisense-Medikament, das gezielt die Synthese von
Proteinen in der Zelle verhindert, hat in einer Phase-III-Studie im Journal of Clinical Oncology (2007, 10.1200/JCO.2006.07.1191) die Ergebnisse einer
Chemotherapie der
chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) verbessert.
Antisense-Moleküle sind chemisch modifizierte Oligonukleotide. Sie enthalten die komplementäre Erbinformation eines
Gens. Die Antisense-Moleküle binden fest an die Messenger-
RNA des
Gens, was die Translation, also die Umsetzung in ein Protein in den Ribosomen verhindert. Im Prinzip kann so jedes beliebige Protein in der Zelle ausgeschaltet werden. Die Firma Genta hat für ihr Antisense-Medikament Oblimersen (Handelsname Genasense) das
Gen für das
Bcl-2-Protein ausgewählt. Dieses Eiweiß wird von Tumorzellen gebildet, die damit eine
Apoptose, also den gezielten Zelltod verhindern, der durch viele
Zytostatika angestoßen wird. Es ist deshalb sinnvoll Oblimersen in Kombination mit einer
Chemotherapie einzusetzen.
Dies geschah auch in einer internationalen Phase-III-Studie mit 241 Patienten mit CLL. Bei allen Teilnehmern war es unter einer Fludarabin-basierten Therapie zu einem
Rezidiv gekommen. Sie erhielten jetzt eine
Chemotherapie mit Fludarabin plus Cyclophosphamid. Etwa die Hälfte wurde auf eine zusätzliche Gabe des Antisense-Wirkstoffs Oblimersen
randomisiert. Es handelte sich um die erste Phase-III-Studie in dieser
Indikation. Oblimersen war bereits vorher beim
malignen Melanom eingesetzt worden, wenn auch mit bescheidenem Erfolg.
Bei der CLL kam es dagegen zu einer deutlichen Steigerung im primären Endpunkt, einer hämatologischen Vollremission (CR), bei der aber ein "nodulärer" Befall des Knochenmarks (nPR) erlaubt war (offen blieb, ob sich darin Tumorzellen befanden). Wie Susan O'Brien vom M.D. Anderson Cancer Center in Houston und Mitarbeiter berichten, erzielten 20 von 120 Patienten (17 Prozent), die zusätzlich zur
Chemotherapie Oblimersen erhalten hatten, eine CR/nPR, gegenüber 8 von 121 Patienten (7 Prozent) unter der alleinigen
Chemotherapie.
Bei allen Patienten mit CR/nPR kam es zur Besserung aller prädefinierten CLL-
Symptome, darunter Fieber, nächtliche Schweißausbrüche, Abgeschlagenheit, Abdominalbeschwerden (infolge
Splenomegalie) und eingeschränkte Beweglichkeit (infolge Lymphadenopathie). Auch die Dauer von CR/nPR, einer der sekundären Endpunkte, war verlängert: Von 22 Monaten unter alleiniger
Chemotherapie auf mehr als 36 Monate bei der Kombination mit Oblimersen.
In dem klinisch wichtigsten Endpunkt Gesamtüberleben wurde nur in der Untergruppe der weiterhin Fludarabin-sensitiven Patienten eine Steigerung erzielt. Die wesentlichen Nebenwirkungen von Oblimersen waren eine
Thrombozytopenie und selten ein Tumorlysesyndrom und Zytokin-Release-Reaktionen. Ob diese Ergebnisse für eine Zulassung des Medikaments ausreichen, bleibt abzuwarten. Für das
maligne Melanom hat die
FDA dies bisher abgelehnt. Den prinzipiellen Wirkungsbeleg eines Antisense-Medikamentes haben die Onkologen jedoch erneut zeigen können.
Quelle: Ärzteblatt.de vom 16.02.2007Weiterführende Informationen:
Antisense-Molekül
Ein Antisense-Molekül ist ein spiegelbildlich zu einem funktionellen DNA-Strang aufgebautes DNA- Molekül. Man geht davon aus, dass sich das Antisense-Molekül an sein Spiegelbild anlagert, wobei dies sowohl DNA wie auch mRNA sein kann. Durch diese Paarbildung wird der DNA- oder RNA- Strang inaktiviert, so dass das entsprechende Protein nicht mehr gebildet werden kann.
Thrombozytopenie
Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten), kann eine Blutungsneigung mit kleinfleckigen Blutungen in Haut und Schleimhäuten oder in Organen hervorrufen
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Splenomegalie
Milzvergrößerung (splen = die Milz, megas = groß, riesig), bei Krankheiten, die mit dem Immunsystem in Beziehung stehen, wie z.B. bei
den Leukämien, ist die Vergrößerung der Milz oftmals zu beobachten. Bei Vorliegen einer Vergrößerung kann ein geübter Arzt die Milz ertasten. In Befunden bei Leukämie steht daher oft Splenomegalie palpabel, d.h. eine vergrößerte Milz ist durch Tasten an der Körperoberfläche fühlbar.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
Indikation
Begründung der Verordnung eines bestimmten diagnostischen oder therapeutischen Verfahrens in einem bestimmten Krankheitsfall
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Zytopenie
Zellzahlverminderung im Blut. Je nach dem, welcher Zelltyp verringert ist, spricht man auch von z.B. Leuko-, Granulo-, Lympho-, Mono-, Erythro- oder Thrombozytopenie.
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
Apoptose
Durch die Zelle aktiv ausgelöster (programmierter) Zelltod.
Rezidiv
Neuauftreten akuter Krankheitszeichen, Rückfall nach einer Remission
maligne
Bösartig (z. B. von Gewebsveränderungen)
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
Bcl-2
Bcl-Proteine sind eine Familie von Regulatorproteinen für die Apoptose. Bcl steht für "B-cell lymphoma". Der wichtigste Vertreter der Bcl-Proteine ist das Protein Bcl-2: Das anti-apoptotische Protein Bcl-2 ist bei vielen Krebserkrankungen überexprimiert. Zu diesen gehören u.a. das Melanom, der Brust-, Prostata- und Lungenkrebs sowie Lymphome und Leukämien. Eine Translokation des Bcl-2-Gens führt zu einer verstärkten Bcl-2-Expression und somit zu einem verminderten Ansprechen der betroffenen Zellen auf Apoptose-Stimuli.
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
FDA
Amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde (Food and Drug Administration)
Randomisierung
Patienten mit einem oder mehreren gleichen Charakteristika (z.B. gleiche Erkrankung, Krankheitsstadium, Geschlecht, Alter) werden nach einem Zufallsverfahren in verschiedene Behandlungsgruppen (Arme der Studie) eingeteilt. Jede Gruppe erhält eine unterschiedliche Behandlung. Das Zufallsverfahren ist erforderlich, um die Ergebnisse bzw. Ansprechraten möglichst objektiv zwischen mehreren gleichartigen Gruppen vergleichen zu können.
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Zytostatikum
Medikamente bzw. Zellgifte, die die Zellvermehrung verhindern oder deutlich verzögern. Sie wirken gegen Tumorzellen bzw. sich schnell teilende Zellen ausgeprägter als gegen gesunde bzw. sich langsam teilende Zellen. Diese Art Zellgifte werden üblicherweise im Rahmen einer Chemotherapie eingesetzt.
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
maligne
Bösartig (z. B. von Gewebsveränderungen)
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
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