Bei der Behandlung der CLL nach Rückfällen wurden bisher nur selten dauerhafte Remissionen erreicht. Die Brutons-Tyrosinkinase (BTK), eine bedeutender Teil des B-Zell-Rezeptorsignalwegs, vermittelt Wechselwirkungen mit der Tumor-Mikroumgebung und fördert das Überleben und die Vermehrung der CLL-Zellen. Eine in "New England Journal of Medicine" veröffentliche multizentrische Phase-1b-2-Studie wurde zur Bewertung von Sicherheit, Wirksamkeit, Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Ibrutinib (PCI-32765), dem ersten oral verfügbaren kovalenten Hemmer für BTK zur Behandlung von B-Zell-Tumorerkrankungen, an Patienten mit wiederkehrender oder gegenüber Behandlung unempfindlicher CLL durchgeführt.
Insgesamt 85 Patienten, die Mehrheit von ihnen mit einer Hochrisikoerkrankung, erhielten einmal täglich Ibrutinib. 51 erhielten 420 mg und 34 erhielten 840 mg.
Ergebnisse
Nebenwirkungen traten überwiegend mit dem geringen Grad 1 oder 2 auf und umfassten vorübergehende Durchfälle, Erschöpfung und Infektionen des oberen Atmungstraktes; so konnten die Patienten erweitete Behandlung mit minimalen Nebenwirkungen im Blutbild weiterführen. Das Ansprechen der beiden Gruppen (420mg und 840 mg) war mit 71% gleich, zusätzlich 20% bzw.15% der jeweiligen Gruppe zeigten ein teilweises Ansprechen mit erhöhter Lymphozytenzahl. Das Ansprechen zeigte sich unabhängig von vor der Behandlung vorliegenden klinischen und genetischen Risikofaktoren, einschliesslich Erkrankungen in fortgeschrittenem Stadium, die Anzahl der vorausgegangenen Behandlungen und der Auslöschung auf Chromosom 17 (17p13.1-Deletion). Nach 26 Monaten betrug das progressionsfreie Überleben geschätzt 75%, das Gesamtüberleben betrug 83%.
Schlussfolgerung
Ibrutinib wurde mit häufigen dauerhaften Remissionen bei Patienten mit rückfälliger oder gegenüber Behandlung unempfindlicher CLL und kleinzelligen B-Zell-Lymphomen in Verbindung gebracht, auch bei Patienten mit Hochrisiko Veränderugen des Genoms.
Diskussion
Das beobachtete Ansprechen auf den kovalenten BTK-Hemmer Ibrutinib zeigte sich dauerhafter als erwartet, wenn man dies mit Erfahrungen anderer Einzelwirkstoff-Therapien für rückfällige CLL vergleicht. Die Pharmakokinetik beider untersuchter Dosen zeigte schnelle Aufnahme und Verstoffwechselung. Darüberhinaus zeigten die Daten der Pharmakodynamik, dass eine tägliche Einzeldosis Ibrutinib eine wirksame und vollständige Belegung von BTK bewirkt.
Ibrutinib bewirkte einen vorübergehenden Anstieg der Lymphozytenzahl im Blut, der mit einer Reduktion der Lymphknotengrösse, der Milzgrösse oder beidem einherging. Die fortgesetzte Behandlung mit Ibrutinib führte zur Auflösung der asymptomatischen erhöhten Lymphozytenzahl, die Patienten wurden gemäss der "2008 Kriterien des internationalen Workshops zu Chronischer Lymphatischer Leukämie" als "klassisch ansprechend" charakterisiert, mit einer Ansprechrate von 71 %. Fünfzehn zusätzliche Patienten (18%) dieser Studie erfuhren ein partielles Ansprechen mit erhöhter Lymphozytenzahl. Die mit der Behandlung in Verbindung gebrachte erhöhte Lymphozytenzahl wurde auch bei nicht auf den B-Zell-Rezeptor abzielenden Wirkstoffen beobachtet; diese Befunde haben mehrere Gruppen von CLL-Experten dazu gebracht, dass eine solche erhöhte Lymphozytenzahl kein Zeichen für ein Fortschreiten der Erkrankung sei.
Die Beobachtungen der Studiengruppe legen einen Ibrutinib-erzeugten pharmakodynamischen Effekt auf die CLL durch Zellmobilisierung von geschütztem Knochenmark, Lymphknoten und Milz, die Stromaelemente enthalten, bei denen gezeigt wurde, das sie mit der Leukämiezell-Vermehrung, Medikamentenresistenz und Überleben in Verbindung stehen.
Trotz des geschwächten Immunsystems derjenigen Patienten, die im Mittel vier vorausgegangene Therapien erhalten hatten, führte die Behandlung mit Ibrutinib nicht zu einer erhöhten Häufigkeit von Infektionen grösser/gleich dritten Schweregrades im Vergleich zu traditionellen Behandlungen. Die Häufigkeit von Infektionen war zu Beginn der Behandlung mit Ibrutinib am höchsten und nahm mit der Fortsetzung der Behandlung ab. Während der Behandlung ergab sich auch eine Verbesserung der Neutrophilenzahl bei Patienten mit einer vorliegenden Neutropenie. (…) Randomisierte Studien, die das Sicherheitsprofil von Ibrutinib mit dem anderer Therapien für CLL vergleichen (z.B. RESONATE-Studie mit Ofatumumab NCT01578707, RESONATE-2-Studie mit Chlorambucil, NCT01722487), laufen momentan. (…)
Ibrutinib hat ein vorteilhafte therapeutische Eigenschaften, die den Einsatz in Kombinationstherapien zur Behandlung der CLL erleichtern könnte. Die dauerhaften Remissionen legen jedochnahe, dass viele Patienten auch erfolgreich in Monotherapie behandelt werden könnten.
Diese Studie wurde finanziert den Unternehmen Pharmacyclic, Janssen sowie der Leukemia and Lymphoma Society und anderen, ClinicalTrials.gov-Nummer NCT01105247.
Quelle
Übersetzung in Auszügen durch NL und Jan, ohne Gewähr auf Richtigkeit
Targeting BTK with Ibrutinib in Relapsed Chronic Lymphocytic Leukemia
John C. Byrd et al,
Erschienen im New England Journal of Medicine, DOI: 10.1056/NEJMoa1215637
http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1215637
Pharmakokinetik
Die Pharmakokinetik beschreibt, wie rasch und in welchem Ausmaß nach der Verabreichung eines Stoffes dieser anschließend im Blutplasma und in den verschiedenen Körpergeweben auftritt und wo und in welcher Weise er wieder ausgeschieden wird.
Pharmakodynamik
Die Pharmakodynamik ist die Lehre über die Wirkung von Arzneistoffen im Organismus. Dies beinhaltet das Wirkprofil, die Dosis-Wirkungs-Beziehung und der Wirkmechanismus.
Wechselwirkung
Arzneimittelwechselwirkungen (auch Interaktionen genannt) können bei gleichzeitiger Einnahme verschiedener Arzneimittel auftreten. Die erwünschte Wirkung eines Medikaments kann dadurch verstärkt, abgeschwächt oder aufgehoben werden, oder zusätzliche Nebenwirkungen können auftreten.
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Ansprechrate
Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung sich durch eine bestimmte Behandlung zurückbildet
Monotherapie
Behandlung mit nur einem Medikament
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Risikofaktor
Umstand, der eine besondere Gesundheitsgefährdung begründet
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
Progression
Das Fortschreiten einer Krebserkrankung
Lymphozyten
Untergruppe der weißen Blutkörperchen, die als Träger immunologischer Funktionen von zentraler Bedeutung für die körpereigene Abwehr sind. Die Vorläuferzellen stammen aus dem Knochenmark, die weitere Entwicklung erfolgt in den lymphatischen Organen. Man unterscheidet B- und T- Lymphozyten, mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben.
Lymphknoten
Kleine, etwa bohnenförmige Organe, die im ganzen Körper entlang der Lymphbahnen angeordnet sind. Sie beherbergen weiße Blutkörperchen (besonders Lymphozyten) mit wichtigen Abwehrfunktionen und dienen als Filter für Bakterien und auch für Krebszellen.
Neutropenie
Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut - bestimmter weißer Blutzellen, die besonders für die Abwehr gegen Bakterien und Pilze wichtig sind
Neutrophile
Untergruppe der Granulozyten mit wichtiger Funktion in der Abwehr von Bakterien- und Pilzinfektionen
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Ibrutinib
Ibrutinib ist ein Bruton-Tyrosinkinasehemmer, der meist zur Therapie von Non-Hodgkin-Lymphomen eingesetzt wird. Er gehört zur Subgruppe der BTK-Inhibitoren.
Deletion
Chromosomenmutation, bei der ein Teil eines Chromosoms fehlt, d.h.
Verlust von genetischem Material. Nomenklatur: beispielsweise bedeutet del(22)(q11) einen Verlust des Bandes q11 auf dem Chromosom 22.
Blutbild
Untersuchung der Zusammensetzung der Blutzellen nach Art und Anzahl, besonders genau im Differentialblutbild
Rezeptor
Bindungsstelle für Signalstoffe, Hormonrezeptor
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
Kinetik
Bewegung oder Geschwindigkeit biologischer Prozesse
Grad 1
geringe Nebenwirkungen.
oral
Den Mund betreffend, am Mund gelegen, durch den Mund
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Randomisierung
Patienten mit einem oder mehreren gleichen Charakteristika (z.B. gleiche Erkrankung, Krankheitsstadium, Geschlecht, Alter) werden nach einem Zufallsverfahren in verschiedene Behandlungsgruppen (Arme der Studie) eingeteilt. Jede Gruppe erhält eine unterschiedliche Behandlung. Das Zufallsverfahren ist erforderlich, um die Ergebnisse bzw. Ansprechraten möglichst objektiv zwischen mehreren gleichartigen Gruppen vergleichen zu können.
Randomisierung
Patienten mit einem oder mehreren gleichen Charakteristika (z.B. gleiche Erkrankung, Krankheitsstadium, Geschlecht, Alter) werden nach einem Zufallsverfahren in verschiedene Behandlungsgruppen (Arme der Studie) eingeteilt. Jede Gruppe erhält eine unterschiedliche Behandlung. Das Zufallsverfahren ist erforderlich, um die Ergebnisse bzw. Ansprechraten möglichst objektiv zwischen mehreren gleichartigen Gruppen vergleichen zu können.
Wechselwirkung
Arzneimittelwechselwirkungen (auch Interaktionen genannt) können bei gleichzeitiger Einnahme verschiedener Arzneimittel auftreten. Die erwünschte Wirkung eines Medikaments kann dadurch verstärkt, abgeschwächt oder aufgehoben werden, oder zusätzliche Nebenwirkungen können auftreten.
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Chromosomen
Träger des Erbguts im Zellkern. Sie enthalten die riesigen Kettenmoleküle der DNA kompakt verdrillt und gefaltet als Aggregate mit speziellen Proteinen. Die Chromosomen dienen unter anderem bei der Zellteilung der gleichen Verteilung des Erbguts auf die Tochterzellen. Die normalen menschlichen Körperzellen haben 46 Chromosomen. Bei Krebszellen kann die Zahl und/oder Struktur der Chromosomen verändert sein.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
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