Der Wachstumsfaktor IGF1 fördert offenbar die Entwicklung einer bestimmten Leukämieform. Hemmstoffe gegen den
Rezeptor dieses Faktors gibt es bereits. Möglicherweise können sie helfen, Patienten mit dieser Leukämieform besser als bisher zu behandeln und Rückfälle zu vermeiden. Eine große Zahl spezialisierter
Wachstumsfaktoren sorgt dafür, dass Zellen der verschiedenen Gewebe des Körpers sich bei Bedarf teilen und ausdifferenzieren.Die hormonähnlichen Faktoren binden an die jeweils passenden Rezeptoren auf der Oberfläche ihrer Zielzellen und geben damit das Zeichen zur Zellteilung.
Doch eine einzige Erbgutveränderung kann bereits ausreichen, dass das System außer Kontrolle gerät: Ist etwa das Gen für einen Wachstumsfaktor oder für den dazugehörigen Rezeptor überaktiv, so wird die Zelle ständig dazu angeregt, sich zu teilen. Die Folge kann Krebs sein.
Bei vielen Krebsarten gibt es zu viele Wachstumsfaktoren
Solche fehlerhaften Wachstumssignale sind bei vielen Krebserkrankungen von Bedeutung. So bilden zum Beispiel Brustkrebszellen bei etwa 20 Prozent der erkrankten Frauen zu viele Rezeptoren für den Wachstumsfaktor Her2/neu; bei Darmkrebs stellen Ärzte oft eine Überproduktion des Wachstumsfaktors EGF fest, wie es in einer Mitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) heißt.
Gemeinsam mit Kollegen aus Frankreich, Kanada und den USA entdeckten nun DKFZ-Wissenschaftler um Professor Andreas Trumpp, dass auch bei der akuten T-Zell-Leukämie (T-ALL) das bösartige Zellwachstum von einem Wachstumsfaktor angetrieben wird (J Exp Med online, 1. 8. 2011). In diesem Fall ist der insulinähnliche Wachstumsfaktor 1 - kurz IGF1 - entscheidend.
Die Forscher fanden heraus, dass bei der T-ALL zu viele IGF1-Rezeptoren vorhanden sind. Die Leukämiezellen werden dadurch besonders empfindlich für die Signale des IGF1.
Blockierten die Wissenschaftler den IGF1-Rezeptor mit spezifischen Hemmstoffen oder schalteten sie das Gen für den Rezeptor aus, stellten die Blutkrebszellen ihr Wachstum ein. Das funktionierte sowohl bei Krebszellen von Mäusen als auch bei humanen Leukämiezellen.
Die Blockade des IGF1-Signals stoppte aber nicht nur das Wachstum der Krebszellen. Auch die gefährlichen Krebsstammzellen verloren ihre Fähigkeit, sich selbst zu erneuern. Das wiesen die Forscher mit einem klassischen Experiment nach, der seriellen Transplantation: Sie übertrugen T-ALL-Zellen, die nur noch geringe Mengen an IGF1-Rezeptoren auf ihrer Oberfläche bildeten, auf Mäuse.
Während T-ALL-Zellen normalerweise immer eine Leukämie in den Empfängertieren auslösen, erkrankten nach Injektion der veränderten T-ALL nur noch sehr wenige Mäuse an Blutkrebs.
Das war für die Forscher der entscheidende Hinweis darauf, dass die Leukämiestammzellen fehlten oder nicht mehr aktiv waren, denn nur diese sind in der Lage, eine Leukämie auszulösen.
Neue Perspektive für die Krebstherapie
"Wir müssen die Menge an IGF1-Rezeptoren nur wenig reduzieren, um den Krebsstammzellen ihre Fähigkeit zur Selbsterneuerung zu nehmen. Offenbar sind Leukämie-Stammzellen in besonderem Maße von starken IGF1-Signalen abhängig", wird Dr. Hind Medyouf in der Mitteilung zitiert.
Akute lymphatische Leukämien sind die häufigsten bösartigen Erkrankungen bei Kindern, doch auch ältere Erwachsene können betroffen sein. Die Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven für die Behandlung, denn Wirkstoffe, die den IGF1-Rezeptor blockieren, existieren bereits und werden bei anderen Krebsarten, zum Beispiel Brustkrebs bereits in klinischen Studien geprüft.
Stammzell-Spezialist Trumpp erinnert daran, dass gerade ältere T-All-Patienten nach einer zunächst scheinbar erfolgreichen Chemotherapie oft einen Rückfall erleiden. Eine Hemmung des IGF1-Signalweges würde vor allem auf die Leukämie-Stammzellen wirken und könnte daher eine Rückkehr der Erkrankung verhindern.
Ärztezeitung online vom 15.08.2011
Wachstumsfaktoren
Wachstumsfaktoren werden von verschiedenen Zellen gebildet und bewirken den Übergang von Zellen aus der G0-Phase bzw. G1-Phase (Ruhe/Vorbereitungsphase) in den Zellzyklus. Diese Zellhormone regen die Vermehrung von Vorläufern der Blutzellen an und fördern damit die Blutbildung (Hämatopoese).
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Rezeptor
Bindungsstelle für Signalstoffe, Hormonrezeptor
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
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