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Arsen, genauer Arsentrioxid, das wohl berüchtigste Mordgift der Geschichte, kann– in der richtigen Dosis und zum passenden Zweck eingesetzt – Menschenleben retten. Bei der Promyelozytenleukämie, der einstmals schlimmsten Variante der akuten myeloischen Leukämie, kann Arsentrioxid die Heilungschancen verbessern, wie die Ergebnisse einer Phase-III-Studie im New England Journal of Medicine (2013; 369: 111-121) zeigen.

 

Die akute promyelozytäre Leukämie (APL) führte früher immer zu einem raschen Tod. Infolge einer Gerinnungsstörung verbluteten die Patienten innerhalb weniger Wochen nach der Diagnose innerlich. Die Gefahr eines ausgeprägten hämorrhagischen Syndroms ist auch heute noch Grund für rasches Handeln. Viele Hämatologen warten vor Therapiebeginn nicht einmal die Bestätigung der Diagnose ab.
In den 70er Jahren wurde entdeckt, dass Zytostatika die Promyelozyten abtöten, die der Ausgangspunkt der APL sind. Eine anthrazyklinbasierte Therapie erzielte bei 35 bis 45 Prozent langfristige Remissionen. In den 80er Jahren wurde mit der All-trans-Retinolsäure (ATRA) erstmals eine Therapie eingeführt, die die Promyelozyten nicht abtötet, sondern deren normale Weiterentwicklung zu Granulozyten ermöglicht.
Diese Massen-Differenzierung wird durch Ausschaltung der Translokation t(15;17) erreicht, die vermutlich Ursache der APL ist. Sie fusioniert ein Promyelozytenleukämie-Protein mit dem Retinsäurerezeptor alpha, was die weitere Entwicklung der Promyelozyten einfriert. ATRA löst diese Blockade und war damit ein frühes Beispiel für eine gezielte („targeted“) Krebstherapie. In Kombination mit einer anthrazyklinbasierten Chemotherapie erzielt ATRA bei mehr als 90 Prozent der Patienten eine komplette Remission.


ATRA wurde zuerst in China eingesetzt – vielleicht, weil die Zytostatika nach der Kulturrevolution knapp waren, vielleicht aber auch aus einer konfuzianischen Überlegung heraus, nach der es besser sei, seinen Gegner zu erziehen (zur Differenzierung) statt ihn anzugreifen.

Die dortigen Hämatologen experimentierten dort auch mit Arsentrioxid, ein altes naturheilkundliches Mittel, das sie heute mit ATRA kombinieren. Mit erstaunlichen Erfolgen. So berichteten chinesische Mediziner vor einigen Jahren über 5-JahresÜberlebensratevon 90 Prozent, die westliche Kollegen erneut hellhörig machten. Arsentrioxid soll wie ATRA seinen Angriffspunkt am Fusionsprotein haben. Die Wirkung ist jedoch anders. Neben einer Differenzierung kommt es auch zum Absterben von Tumorzellen durch Apoptose.

Eine gemeinsame Studie der Gruppo Italiano Malattie Ematologiche dell’Adulto (GIMEMA) und der Deutsch-Österreichische Studiengruppe Akute Myeloische Leukämie (AMLSG) hat an 156 APL-Patienten mit niedrigem bis intermediärem Risiko untersucht, ob Arsentrioxid die Anthrazyklin-basierte Chemotherapie als Partner einer ATRATherapie ersetzen kann. Die Ergebnisse, die Francesco Lo-Coco von der Universität Tor Vergata in Rom und Mitarbeiter jetzt publizieren, sind vielversprechend. Alle 77 Patienten erzielten unter der ATRA-Arsentrioxid-Kombination eine komplette Remission im Vergleich zu 75 von 79 Patienten unter der ATRA–Chemotherapie-Kombination. Das rechnerische 2-Jahres-ereignisfreie Überleben beträgt laut Lo-Coco unter der ATRAArsentrioxid- Kombination 97 Prozent gegenüber 86 Prozent unter der ATRA–Chemotherapie-Kombination. Auch das Gesamtüberleben war mit 99 Prozent gegenüber 91 Prozent besser.

Die Vorteile der ATRA-Arsentrioxid-Kombination seien dabei weniger auf eine bessere antileukämische Wirkung zurückzuführen, als auf eine geringe Hämatotoxizität, vermutet Lo-Coco. Die ATRA-Arsentrioxid-Kombination war jedoch nicht in allen Punkten besser verträglich. Es kam häufiger zu Leberschäden (laut Lo-Coco aber reversibel) und zu einer Verlängerung des QT-Intervalls im EKG, die Ausgangspunkt von Herzrhythmusstörungen sein kann. Auch wenn nach einer mittleren Beobachtungszeit von 34,4 Monaten noch keine sicheren Aussagen möglich sind, könnte es dank der ATRA-Arsentrioxid-Kombination erstmals möglich sein, die APL auch ohne konventionelle Chemotherapie zu heilen. Ein nächster Schritt könnte der Verzicht auf die ATRA-Komponente sein. Zwei Kliniken aus Indien und dem Iran haben in den letzten Jahren über erfolgreiche Versuche einer Monotherapie mit Arsentrioxid berichtet. Westliche Zentren haben sich das offenbar noch nicht getraut.

aerzteblatt.de vom 11.07.2013

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