"Warum verbringe ich nur den Nikolaustag statt mit meiner Familie in den USA", fragte ich mich, als ich am 4. Dezember das Flugzeug in Richtung USA betrat - in Aussicht einer langweiligen 16-Stunden-Reise nach New Orleans, um dann mit Jetlag einige Tage in den dunklen Kellern eines Konferenzzentrums zu verbringen. Jahr für Jahr treffen sich mehr als 20.000
Hämatologen und Leute aus der Gesundheitsbranche zur Jahreskonferenz der "Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie", von Wiederkehrern liebevoll auch "der
ASH" genannt. Die Publikationen sind alle im Internet verfügbar. "Ist es wirklich den Aufwand wert, statt einfach nur meinen Browser zu verwenden", fragte ich mich. Es ist es, definitiv.
Wenn es einen Platz gibt, an dem die neuesten Forschungsergebnisse und Therapien für Bluterkrankungen zu sehen sind, dann ist es "der
ASH". Wenn es ein Meeting gibt, an dem praktisch alle Experten, die in der Leukämieforschung etwas zu sagen haben, vor Ort sind, ist es dieses. Ich kann dem Eindruck nicht widerstehen, dass die Gemeinschaft der
Hämatologen ein Jahr lang Forschungsergebnisse für sich behält, nur um sich auf
ASH einen Wettbewerb um die spannendsten Neuigkeiten zu liefern. Ein unbenannter
Hämatologe gab mir gegenüber zu, dass sie wohl Streichhölzer ziehen müssen, wer zuhause bleiben muss, um die Klinik während
ASH am Laufen zu halten. Ist natürlich etwas übertrieben - aber als ich das Flugzeug in München betrat, hatte ich den Eindruck, ich war fast der einzige, der nicht schon alle anderen im Flieger kannte. Ein Flieger voller
Hämatologen nach Charlotte, USA.
Ich bin also dieses Jahr wieder hingefahren. Insgesamt war es diesmal zeitlich etwas eng, weil ich nicht zu viele Tage vom Büro und meiner Familie entfernt sein wollte. Ich habe daher die Satellitensymposien am Donnerstag sowie die letzten Sitzungen am Dienstag verpaßt. Die restlichen Tage waren aber Hochdruckbetankung. Nachdem ich jetzt wieder in Deutschland bin, versuche ich, die wichtigsten Dinge zusammenzufassen, die ich mitgenommen habe. Ich habe die interessantesten "Abstracts" (veröffentlichte Zusammenfassungen) in einem separaten, englischen Dokument gesammelt, aber die Spannendsten werde ich auch übersetzen (lassen) und auf Leukämie-Online in den kommenden Tagen veröffentlichen. Dieser Bericht hier ist hauptsächlich meine persönliche Zusammenfassung von dem, was für mich am Beeindruckendsten war.
Der Status Quo
Am ersten Tag habe ich an der "CML Education Session" (CML Weiterbildungs-Sitzung) teilgenommen. Diese ist dazu gedacht,
Hämatologen einen Überblick über den Status Quo der CML-Therapie zu geben. Dr. Druker, Talpaz, Goldman und Hughes trugen vor. Im Saal fühlte ich mich wie ein kleines
BCR-ABL-
Gen in einer guten molekularen
Remission - der größte Meetingraum des Konferenzzentrums fast vermutlich rund 10.000 Leute auf einmal, und die an CML Interessierten machen vielleicht ein paar Hundert aus.
Es war beeindruckend, Dr. Druker in seiner Ansprache zu hören, in der er zu Ehren des zehnten Jahrestags von
Imatinib im Einsatz in CML-Patienten sprach. Eine Grafik, wie das Überleben der CML in der Zeit vor
Imatinib war, hat mich wieder berührt. Bevor
Knochenmarktransplantationen in den 80er-Jahren eingeführt wurden, konnte eine CML nur
palliativ behandelt werden, was bedeutet: Reduktion der
Symptome bis zu einem in wenigen Monaten eintretenden Tods. Heute sind die größten Herausforderungen der CML,
Resistenzen und Rückfälle bei den Patienten zu überwinden, die keine gute
Remission erreichen, oder zu untersuchen, ob eine Unterbrechung oder eine weniger starke
Erhaltungstherapie in guter
Remission möglich ist. Gesamtüberlebensraten in früh diagnostizierter CML sind recht nahe an denen der gesunden Bevölkerung. Wir sind schon weit gekommen.
Aber noch nicht weit genug. Manche Patienten werden immer noch
resistent oder vertragen die Therapien nicht, und müssen mit einer lebenslangen Therapie leben. Dr. Talpaz und Dr. Goldman haben recht gut zusammengefasst, wo wir in der CML-Therapie heute stehen:
- Was wir haben: Wirksame Erstlinien- und Zweitlinientherapien
- Was verbessert werden müßte: Nebenwirkungsmanagement, Erhöhung der Ansprechraten und Ansprechdauern, Vermeidung von Resistenzentwicklungen, Klarheit über Therapiewechselkriterien, Mittel für "Archillesfersen"-Mutationen
- Was fehlt: T315I-Hemmung, Elimination der schlafenden leukämischen Stammzellen, und Absetzen der Therapie ohne Rückfälle (= Heilung)
Ich war glücklich, zu sehen, wie aktiv die CML-Forschergemeinschaft ist, die letzten Lücken zu schließen.
Erstlinientherapie
In Bezug auf
Erstlinientherapie nach Diagnosestellung war es die vergangenen vier, fünf Jahre bei CML in
chronischer Phase recht einfach:
Imatinib war der "Goldstandard", das einzige Mittel der Wahl. Es gab klare Behandlungsleitlinien, basierend auf den "
ELN-Empfehlungen", die just diesen Sommer erneut überarbeitet und veröffentlicht wurden. Bei
ASH dieses Jahr schienen alle Experten auf die Kriterien und Empfehlungen dieser Leitlinien zu verweisen, wenn es um Standardtherapie sowie die Definition von suboptimalem Ansprechen, Therapieversagen und Verlaufskontrollen ging.
Nun streben die "Zweitgenerationenmedikamente"
Dasatinib und
Nilotinib nach Zulassung für die Erstbehandlung nach Diagnosestellung. Daher gibt es neue Optionen (und auch Fragen) am Horizont. Auf
ASH 2009 wurde die ersten Daten der Phase-III-Zulassungsstudie vorgestellt, die
Nilotinib und
Imatinib beim Einsatz nach Diagnosestellung in
chronischer Phase untersucht. In der Vergangenheit war ich immer etwas skeptisch gegenüber dem Enthusiasmus, dass
Nilotinib oder
Dasatinib Erstlinientherapie werden könnten: Novartis könnte ja nur zum Ende des
Glivec-Patents 2016 mit etwas ähnlich teurem auf dem Markt sein wollen, und BMS wolle vermutlich nur etwas von dem leckeren (und großen)
Glivec-Kuchen abhaben. Nun gibt es erste Belege, dass eine stärkere Induktionstherapie zu Beginn eventuell Sinn machen könnte.
Die 8-Jahres-Daten der
IRIS-Studie wurden dieses Mal nur mit einem Poster und nicht in einer Präsentation vorgestellt, wodurch klar wurde, dass es auch im achten Jahr in der Langfristbeobachtung keinerlei neue Überraschungen gab. Aus dieser Studie wissen wir auch, dass die meisten Rückfälle binnen der ersten drei Jahre nach Therapiestart passieren: Etwa 6% aller Patienten erleiden in dieser Zeit einen Rückfall - danach fällt die Rückfallrate auf nahe Null. Die neuen Daten der ENESTnd-Studie, die
Imatinib-400mg/Tag,
Nilotinib zweimal 400mg/Tag und
Nilotinib zweimal 300 mg/Tag vergleicht, zeigte, dass es nicht nur schnellere Remissionen gab, sondern dass es unter
Nilotinib in Jahr 1 deutlich weniger Progressionen als unter
Imatinib 1 gab: Von 282 Patienten unter
Nilotinib erlitt nur einer eine
Progression in die
akzelerierte Phase, während von 283 Patienten unter
Imatinib elf Patienten ein Fortschreiten zeigten.
Zusätzlich war die Häufigkeit der Therapieunterbrechungen aufgrund von Nebenwirkungen in allen Therapiearmen vergleichbar. Auf
ASH wurde nur die ersten 12-Monats-Ergebnisse präsentiert, und ein paar Jahre dürften noch vergehen, bis wir Klarheit haben - aber es ist auf jeden Fall eine interessante Perspektive. Die Herausforderungen der Therapietreue bei
Nilotinib aufgrund der zweimal täglichen Einnahme und der Fastenzeiten bleiben jedoch eine Herausforderung.
Inoffiziell hörte ich, dass ähnliche Vergleichsdaten für
Erstlinientherapie mit
Dasatinib oder
Imatinib zu EHA im June 2010 verfügbar sein könnten. Dann wird es richtig spannend, weil wir dann die
Ansprechraten, Rückfallraten, Nebenwirkungsprofile von allen drei Therapieoptionen in Erstlinie vergleichen können.
In dem Zusammenhang fand ich noch spannend, dass
Imatinib-800mg/Tag in der als Erstlinie in der
chronischen Phase etwas aus dem Fokus geraten ist. Während auf dem letztjährigen
ASH einige Experten noch sehr enthusiastisch zu einem "mehr-hilft-mehr" standen und 800mg/Tag als Erstlinie empfahlen, weil es schnelleres Ansprechen zeigte, ist nach 18 Monaten Beobachtung nun Ernüchterung eingetreten: Es scheint nach 18 Monaten keinen Vorteil von 800mg und 400mg/Tag in Bezug auf Ansprechen und Überleben mehr zu geben. Zusätzlich zeigte Dr. Cortes einen Vergleich, dass
Nilotinib und
Dasatinib höhere
Ansprechraten bei gleichzeitig geringeren Nebenwirkungen als
Imatinib-800mg aufwiesen. Daher wird Hochdosis-
Imatinib wohl als
Erstlinientherapie in
chronischer Phase kaum noch in Erwägung gezogen - in fortgeschrittenen Stadien der Krankheit ist das natürlich eine andere Angelegenheit.
Andere Ansätze für
Erstlinientherapien wurden von Prof. Goldman angesprochen: Die Kombination von
Imatinib mit bekannten anderen Wirkstoffen (Cytarabine,
Interferon/
IFN, Omacetaxine, Arsenicals), oder die drei zugelassenen
TKIs in wechselnder Abfolge. Zu den
Interferon-Studien folgt unten mehr.
Resistenzmanagement
Viel wurde in den vergangenen Monaten über die Behandlung von
Imatinib-
Resistenzen veröffentlicht. Obwohl nur ein kleiner Teil (15%) der Patienten in
chronischer Phase eine
Resistenz oder ein suboptimales Ansprechen zeigen, ist die Wahl der vielversprechendsten Folgetherapie ein Thema von hoher Aufmerksamkeit. Mehr als 100 verschiedene
Mutationen der
BCR-ABL-Tasche sind heute bekannt, die zur Resistenzbildung führen. Nur ein kleiner Teil, hauptsächlich die gefürchtete
T315I-
Mutation, die ungefähr 15% aller
Mutationen ausmacht, ist
resistent zu
Dasatinib,
Nilotinib und
Bosutinib. Die meisten anderen
Mutationen können mit
Imatinib-Dosiserhöhung oder einer der drei Medikamente überwunden werden - aber welche dieser Optionen man dann wählt, ist die spannende Frage.
Um ein Werkzeug zur Entscheidungsfindung zu haben, haben Forscher eine Tabelle der Empfindlichkeit einzelner
Mutationen in "
IC50-Werten" entworfen, die den Grad der Hemmung von
BCR-ABL-Zellen im Reagenzglas messen. Es gab jedoch Fragezeichen, als Dr. Laneuville Diskrepanzen zwischen diesen Laborerkenntnissen und den realen
Ansprechraten bei echten Patienten beobachtete. Er sagte, dass offensichtlich einige
Mutationen sich im Körper anders verhielten, als es das Reagenzglas vorhergesagt habe. Nun müsse mehr reale Erfahrung gesammelt und dokumentiert werden.
In Bezug auf die
T315I-
Mutation berichtete Dr. Cortes über Omacetaxine (Homoharringtonine, HHT) als intravenös gegebene
Chemotherapie mit einiger Selektivität gegen CML-Zellen, aber auch mit recht häufigen Nebenwirkungen. Etwa 27% aller Patienten erreichten gute zytogenetische Remissionen, auch wenn diese nicht sehr dauerhaft waren (im Mittel 5 Monate). Mehr als die Hälfte aller Patienten in
chronischer Phase mit
T315I haben eine Reduktion des
T315I-Zellklons gezeigt, aber nur etwa 9% ein völliges Verschwinden.
Viel aufregender waren da zwei neue gezielte Therapien für
BCR-ABL, die einen anderen Wirkmechanismus als
Dasatinib,
Nilotinib und
Bosutinib haben. Sie scheinen wirksam bei der
T315I-
Mutation bei guter Verträglichkeit zu sein: Decipheras DCC-2036 und Ariads AP24534. Dr. Talpaz präsentierte erste Fakten zu dem
oral verabreichten DCC-2036, auch wenn er erwähnte, dass erster Studienergebnisse nicht vor
ASH 2010 verfügbar sein werden. Dr. Cortes präsentierte eine Phase-I Studie mit in Tablettenform gegebenem AP24534, mit dem 43% aller Patienten mit
T315I-
Mutation eine gute zytogenetische
Remission erreichten - sehr ermutigend. Darüber hinaus gab es Berichte zu MK0457 und XL228, die die Aurora-Kinase hemmen, die ebenfalls in der Leukämie-Zellteilung, unabhängig von
BCR-ABL, eine wichtige Rolle spielen. Diese beiden Medikamente müssen jedoch ebenfalls intravenös verabreicht werden.
Trotz allem ist die Erfahrung mit diesen Medikamenten noch sehr gering, und es gibt nur wenige Studien. Dr. Nicolini hat daher präsentiert, dass die Stammzelltransplantation momentan noch die Therapie der Wahl bei Vorliegen einer
T315I und eines passenden Spenders ist.
Geplanter Therapieabbruch
Dr. Hughes präsentierte die "
Imatinib-Stopp-Studie". In dieser Studie wurden 32 Patienten eingeschlossen, die zuvor mindestens zwei Jahre lang eine vollständige molekulare
Remission (
PCR-negativ) zeigten. Von ihnen waren 17 vor
Imatinib mit
Interferon vorbehandelt, und 15 hatten
Imatinib als Ersttherapie. Etwa die Hälfte aller Patienten zeigten innerhalb von 18 Monaten einen Rückfall, die meisten innerhalb der ersten 6 Monate nach Absetzen von
Imatinib, unabhängig davon, ob sie mit
IFN vorbehandelt waren oder nicht.
Dr. Mahon präsentierte die "STIM"-Studie (STop
IMatinib). Für eine Teilnahme an der Pilotstudie mussten Patienten mindestens zwei Jahre lang in kompletter molekularer
Remission (
PCR-negativ) sein. 69 Patienten wurden aufgenommen, 34 mit
IFN-Vorbehandlung vor
Imatinib, und 35 mit
Imatinib-Initialtherapie. Von diesen 69 Patienten erlitten 41 innerhalb der ersten 7 Monate einen Rückfall. Es gab keine signifikanten Unterschiede in Rückfallraten zwischen den
IFN-vorbehandelten Patienten und denen, die direkt mit
Imatinib begannen. Seine Schlussfolgerung war, dass es möglich ist, dass Patienten in vollständiger molekularer
Remission die Therapie abbrechen, aber empfiehlt dies ausschließlich im Rahmen einer
klinischen Studie mit sehr engmaschiger Kontrolle per
PCR.
In der Diskussionsrunde nach der Präsentation der STIM-Studie fragte Dr. Talpaz, wie die Angst der Patienten bei Abbruch der Therapie zu bewerten sei. Dr. Mahon antwortete, dass die Patienten zufrieden gewesen seien, weil die
Imatinib-Nebenwirkungen nach dem Stopp natürlich verschwunden seien. Dies führte zu einer Debatte, da erfahrungsgemäß die Nebenwirkungen bei den meisten Patienten nach mindestens zwei Jahren
Imatinib-Therapie sowieso nur noch verhältnismäßig gering seien.
Imatinib-Interferon-Kombination
Dr. Guilhot präsentierte die französische SPIRIT-Studie mit Aktualisierung der Daten von 695 neu diagnostizierten Patienten nach 12 Monaten. Die Behandlungsarme waren
Imatinib 400mg,
Imatinib 600mg,
Imatinib 400mg+AraC und
Imatinib+PegIFN. Die Daten von 636 Patienten wurden ausgewertet. Nach 24 Monaten ist jetzt ein klarer Vorteil für die
Imatinib+PegIFN-Gruppe zu erkennen: 46% der Patienten befindet sich in optimaler molekularer
Remission (
PCR-Wert für BCR/ABL kleiner 0.1%), während nur 26% der nur mit 400mg-
Imatinib behandelten Patienten ein vergleichbares Ansprechen erreichten. Bei 22% der
Imatinib+PegIFN-Patienten war die
PCR negativ, im Gegensatz zu nur 10% der Patienten unter reiner
Imatinib-Therapie. Insgesamt haben 5-10% der Patienten
Imatinib während des ersten Jahres abgesetzt, 45% der Patienten haben PegIFN abgesetzt. Die durchschnittliche PegIFN-Dosis betrug 54µg/Woche. Dr. Guilhot schloss daraus, dass die Überlegenheit der
Imatinib+PegIFN-Kombination im Bezug auf das molekulare Ansprechen nach 24 Monaten bestätigt wurde. Die wöchentliche PegIFN-Dosis wurde mittlerweile auf 45µg für die ersten 3 Monate der Behandlung reduziert. Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Dauerhaftigkeit der PegIFN-Behandlung und dem Grad des molekularen Ansprechens (was ich persönlich interpretiere als: "besser eine konstant niedrige PegIFN-Dosis als eine hohe, mit dem Risiko von Unterbrechungen verbundene PegIFN-Dosis").
In eine skandinavische Studie (Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden) und einer israelischen multizentrischen Studiengruppe wurden insgesamt 130 neu diagnostizierte Patienten aufgenommen. Die Patienten mussten sich nach drei Monaten
Monotherapie mit 400mg
Imatinib in vollständiger hämatologischer
Remission befinden. Die Studienarme waren
Imatinib 400mg und die Kombination von
Imatinib 400mg mit Peg-IFNa2b (PegIntron, Schering-Plough). Die
Imatinib-Dosis wurde auf 400mg fixiert. Die Peg-
IFN-Behandlung wurde mit 30µg/Woche begonnen, konnte aber je nach Verträglichkeit auf 50µg/Woche erhöht oder auf 15µg/Woche reduziert werden. Die Rate guten molekularen Ansprechens nach 52 Wochen war im
Imatinib+PegIFN-
Arm mit 82% signifikant höher, verglichen mit 54% im
Imatinib-
Arm. Es wurden über keine unvorhergesehenen Komplikationen oder widrige Umstände berichtet.
Interessanterweise kommt die deutsche CML-IV-Studie (Vergleich von
Imatinib 400mg,
Imatinib 400mg+AraC,
Imatinib 400mg+
IFN,
Imatinib 800mg, und
Imatinib nach
IFN-Versagen) nicht zur gleichen Schlussfolgerung. In dieser Studie wurden bisher 954 Patienten untersucht. Die Rate guten molekularen Ansprechens war mit
Imatinib 800mg (61%) höher als mit
Imatinib 400mg (42%) oder
Imatinib 400mg+
IFN (45%). Es wurde keine signifikante Differenz des Gesamtüberlebens zwischen den Studienarmen festgestellt. Als ich später nachfragte, hat ein Experte angenommen, dass der Unterschied zwischen den Studien durch die Verwendung "normalen" Interferons in der CML-IV-Studie verursacht wurde, während die beiden anderen erwähnten Studien pegyliertes Langzeit-
Interferon (PegIFN) verwendeten, was zu besserer Verträglichkeit und damit besseren Einwirkung von PegIFN auf die CML-Zellen führt.
Während in der italienischen GIMEMA-Studie im Vergleich von
Imatinib 400mg mit
Imatinib 400mg+
IFN zunächst Vorteile im Kombinationsarm festgestellt wurden, war nach 24 Monaten kein Unterschied mehr sichtbar. Dies war keine Überraschung, denn der Anteil der mit
IFN behandelten Patienten sank von 41% nach 12 Monaten auf 18% nach 18 Monaten, 13% nach 24 Monaten und 3% nach 36 Monaten. Gegen Ende des vierten Jahres hatten alle Patienten
IFN abgesetzt. Es würden jedoch keine Informationen über die
IFN-Dosierung gegeben (und einige vermuteten, die Dosierung bzw. das Festhalten an einer zu hohen Dosierung war der Grund für die hohe Abbruchrate).
Interferon-Erhaltungstherapie
Dr. Burchert (Marburg) zeigte aktualisierte Daten zur deutschen
Interferon-Erhaltungstherapiestudie, in der 20 Patienten nach einer durch
Imatinib+
IFN erreichten Vollremission nur mit niedrig dosiertem
IFN weiterbehandelt wurden. Er berichtete, dass
Imatinib zwar sehr wirksam sei, aber die Leukämie-
Stammzellen bekanntermaßen nicht auslöschen könne und außerdem leukämiespezifische Immunreaktionen unterdrücke.
Interferon hingegen stimuliere T-
Lymphozyten gegen CML-Zellen. In der Studie wurden 20 Patienten mit
Imatinib+
IFN in Kombination behandelt. Bei Studienbeginn hatten 19 Patienten eine
vollständige zytogenetische Remission, 15 Patienten ein gutes zytogenetisches Ansprechen und 2 Patienten eine negative
PCR erreicht. Die Patienten setzten dann
Imatinib ab, die Therapie wurde nur noch mit
Interferon fortgesetzt. Nach 2.8 Jahren war bei 4 Patienten das Ansprechen noch besser geworden, bei 9 Patienten blieb das Ansprechen stabil und 5 Patienten erlitten einen graduellen Rückfall, die jedoch alle wieder auf
Imatinib ansprachen. Dr. Burchert zog daraus den Schluss, dass das Erreichen einer negativen
PCR keine Vorbedingung für das erfolgreiche Absetzen von
Imatinib und nachfolgender erfolgreicher
IFN-
Erhaltungstherapie sei.
CML bei Kindern
Eine der unvorhergesehen Überraschungen war die Präsentation von Daten über die
Imatinib-Behandlung von Kindern mit CML. CML macht nur 2% aller Leukämiefälle bei Kindern aus und ist extrem selten. Deshalb gibt es auch nur sehr wenige Daten, auf deren Basis man entscheiden könne. Prof. Suttorp aus Dresden zeigte Daten der PAED-II-Studie. 51 Patienten wurden aufgenommen. Das mediane Alter war 11 Jahre (1-20). 48 der Patienten befanden sich in
chronischer Phase, einer in
akzelerierter Phase und 3 in einer
Blastenkrise. 6 von 42 Patienten setzten
Imatinib wegen unzureichenden Ansprechens ab. 4 Patienten bekamen
Tyrosinkinasehemmer der zweiten Generation, bei zweien wurde eine Stammzelltransplantation gewählt. 49 von 51 Patienten sind heute am Leben. Die Forscher beobachteten einen Einfluss auf den Knochenstoffwechsel: Der Effekt ist, dass
Imatinib die Entwicklung und Aktivität der Osteoblasten und damit das Knochenwachstum reduziert. Suttorp zog insgesamt den Schluss, dass
Imatinib bei Kindern hohe
Ansprechraten erreicht, während die Nebenwirkungen gut tolerabel seien. Deshalb sei die Stammzellentransplantation auch bei Kindern mit CML zu einer
Zweitlinientherapie geworden. Die Änderungen im Knochenmarksstoffwechsel und die Beeinträchtigung des Knochenwachstums seien jedoch von besonderer Bedeutung in noch nicht ausgewachsenen jungen Patienten.
Therapietreue
Die Frage der Therapietreue bleibt eine Herausforderung bei Tyrosinkinasehemmern.
Dr. Goldman präsentierte am Hammersmith Hospital gesammelte Daten. In einer Studie erhielten ihre Patienten ihre Medikamente in einer Dose, die einie in den Deckel eingebaute Elektronik enthielt. Die Elektronik registrierte automatisch den Zeitpunkt jeder Öffnung des Deckels. Auf diese Weise wurde beobachtet, dass jeder vierte CML-Patient weniger als 90%, und jeder siebte Patient weniger als 80% der verschriebenen Dosis einnahm. Es wurde eine starke Abhängigkeit des Ansprechens auf die Therapie von der Therapietreue festgestellt: die 6-Jahres-Wwahrscheinlichkeit, gutes molekulares Ansprechen zu erreichen, betrug 28% für Patienten, die weniger als 90% der Dosis nahmen, und 95% für die therapietreuen Patienten. Das gleiche Ergebnis wurde für das Erreichen einer vollständigen molekularen
Remission festgestellt (0% bzw. 44%). Interessanterweise zeigte sich beim Vergleich der elektronischen Messung mit den Aussagen der Patienten bei Befragung, dass die Patienten sich als viel therapietreuer betrachteten, als sie es tatsächlich waren. Das zeigt, dass der Mangel an Therapietreue immer noch stark unterschätzt wird - auch von den Patienten selbst.
Zusammenfassung
Es war wieder eine großartige Zeit beim
ASH: Nicht nur wegen der Gelegenheit, alte Freunde und Spitzenmediziner zu treffen, sondern auch, mit viel Zuversicht nach Hause zu kommen. Obwohl die CML-Therapie während der letzten Jahre bereits radikal verbessert wurde, gibt es weiterhin aufregenden Fortschritt und viel Enthusiasmus, die noch existierenden Lücken zu schließen.
Es ist immer noch viel Raum für Verbesserungen: Ungefähr jeder siebte Patient spricht nicht von Beginn auf
Imatinib an, und etliche Patienten vertragen
Imatinib nicht. Die dieses Jahr gezeigten Daten der
Zweitlinientherapien mit
Nilotinib,
Dasatinib und
Bosutinib scheinen ein guter Schritt vorwärts zu sein. Für die "letzte Bastion" T315I werden eine Reihe neuer, spezifischer, vielversprechender und auch verträglicher Wirkstoffe in Studien untersucht. Das sind für mich im Vergleich zum
ASH 2008 großartige Nachrichten.
Bezüglich der Suche nach einer Heilung könnte es noch mehr Fortschritte geben. Allerdings konnte ich auch Fortschritte bei der auf die "schlafenden
Stammzellen" abzielende Forschung erkennen. Die Mechanismen suboptimalen Ansprechens werden immer besser verstanden. Verbesserte
Erstlinientherapie kann dabei helfen, frühe
Progression vermeiden. Neue (und/oder billigere und/oder besser verträgliche) Langzeit-
Erhaltungstherapien werden untersucht. Im Gegensatz dazu haben mich die "STOP"-Studien aus Frankreich und Australien nicht überzeugt - wenn das Rückfallrisiko 50:50 ist, würde ich bei guter Verträglichkeit der Therapie zögern, auch wenn das Ansprechen nach Wiederaufnahme der
Imatinib-Therapie gut zu sein scheint.
Neue Berichte über Niedrigdosis-
Interferon als
Erhaltungstherapie bei
minimaler Resterkrankung, in Kombination mit
Imatinib oder auch allein, sind vielversprechend, wie in Deutschland und Schweden gezeigt wurde. Vielleicht werden weitere Untersuchungen zeigen, bei wem sich eine Immunantwort auf
Interferon zeigt - diese Patienten könnten dann ein minimales Rückfallrisiko auch nach Absetzen aller Therapien haben. Allerdings scheint es so zu sein, dass niedrigdosiertes
Interferon einfühlsame Dosierungen erfordert: In der italienischen GINEMA-Studie haben alle Patienten innerhalb von drei Jahren
Interferon wegen Nebenwirkungen abgesetzt, wohingegen die schwedische und die zwei deutschen Studien langfristige Vorteile bei gleichzeitig guter Verträglichkeit gezeigt haben.
Aber eine der für mich besten Nachrichten kam mit den Präsentationen zur CML bei Kindern: Bei der Behandlung von Kindern, bei denen die Entscheidungen über die Therapie auf der Basis der Erreichung weiterer 80 Lebensjahre basieren sollten, ist die
Transplantation jetzt auch
Zweitlinientherapie nach
Imatinib-Therapie geworden. Ich hoffe - und glaube - dass dies die Botschaft für alle CML-Patienten ist: Die Experten erwarten, dass die aktuellen Therapien uns langfristig am Leben erhalten. Die Chancen, trotz Leukämie sehr alt werden zu können, scheinen gut zu sein, solange wir die Therapietreue erhalten - lange genug, bis jemand die Munition erfindet, mit der sich auch die kleine
resistente CML-
Stammzellen-Gang erwischen lässt.
All dies ist ermutigend. Und es ist der Grund, warum ich den Nikolaustag wieder in den USA verbracht habe.
Jan Geißler, 13.12.2009.
Mein herzlicher Dank gilt Niko, der mir bei der Fertigstellung des Berichts sehr geholfen hat.
Weitere Informationen
Weitere Berichte zu Ergebnissen von ASH2009:
- ASH 2009 CML-Nachlese - und warum ich wieder hingefahren bin, Leukämie-Online 17.12.2009
- ASH09: Resistenz, Wirkung und Mutationen unter Dasatinib bei CML in chron. Ph, Leukämie-Online 27.12.2009
- Patienten mit Phosphatmangel unter Imatinib oft mit besserem Ansprechen, Leukämie-Online 27.12.2009
- Dasatinib-Intervalltherapie denkbar, wenn Standarddosierung unverträglich ist, Leukämie-Online 27.12.2009
- BCR-ABL-spezifische Impfstoffe könnten Imatinib-Vollremission weiter verbessern, Leukämie-Online 27.12.2009
- Fünf-Jahres-Ergebnisse der deutschen CML-Studie IV, Leukämie-Online 08.01.2010
- Imatinib-Therapieunterbrechung in molekularer Remission: Rückfallrate bei 55%, Leukämie-Online 08.01.2010
- Nilotinib ENACT-Studie mit Nachtrag zu Nebenwirkungen, Leukämie-Online 09.01.2010
- IRIS-Studie: Verlängertes Überleben, geringes Progressionsrisiko nach 8 Jahren, Leukämie-Online 13.01.2010
- Interferon-Imatinib-Kombination: gutes Ansprechen, Therapietreue herausfordernd, Leukämie-Online 13.01.2010
- Nilotinib in Erstlinie: weniger Progression, besseres Ansprechen als Imatinib, Leukämie-Online 13.01.2010
- Langzeitnebenwirkungen von Imatinib: keine Überraschungen, Leukämie-Online 13.01.2010
- SPIRIT-Studie nun mit Fokus auf Imatinib+Peg-IFN vs. Imatinib, Leukämie-Online 13.01.2010
- IFN-Erhaltungstherapie in molekularer Imatinib-Remission könnte funktionieren, Leukämie-Online 13.01.2010
- Therapietreue bei Imatinib ist entscheidend für gutes molekulares Ansprechen, Leukämie-Online 13.01.2010
- Grippe- und Pneumokokken-Impfung bei CML-Therapie, Leukämie-Online 13.01.2010
- Fortsetzung der Erstlinientherapie mit Dasatinib mit nur einer Dosis täglich, Leukämie-Online 13.01.2010
- Imatinib-Studien bei Kindern: Transplantation als Zweitlinientherapie, Leukämie-Online 13.01.2010
Vollständige zytogenetische Remission
Vollständige Normalisierung des Blutbilds. Unreife weiße Blutkörperchen sind nicht mehr nachweisbar. Eine möglicherweise zuvor vergrößerte Milz hat ihre Normalgröße wieder erreicht.
Knochenmarktransplantation
Bei der Knochenmarktransplantation werden einem Empfänger CD34-positive hämatopoetische Stammzellen, entweder eines Spenders (allogen) oder seine eigenen, zuvor entnommenen (autolog), transplantiert.
Zweitlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Erhaltungstherapie
Über eine längere Zeitperiode fortgeführte Chemotherapie, die den Erfolg der Induktions- und Konsolidierungstherapie stabilisieren soll
Erstlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Ansprechrate
Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung sich durch eine bestimmte Behandlung zurückbildet
Monotherapie
Behandlung mit nur einem Medikament
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Blastenkrise
Die dritte Phase der Entwicklung von CML; sie entsteht nach der chronischen und akzelerierten Phase. Ihr Merkmal ist das Vorkommen einer zunehmenden Anzahl von unreifen Blutkörperchen („Blasten") im Blut oder Knochenmark.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
Progression
Das Fortschreiten einer Krebserkrankung
Lymphozyten
Untergruppe der weißen Blutkörperchen, die als Träger immunologischer Funktionen von zentraler Bedeutung für die körpereigene Abwehr sind. Die Vorläuferzellen stammen aus dem Knochenmark, die weitere Entwicklung erfolgt in den lymphatischen Organen. Man unterscheidet B- und T- Lymphozyten, mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben.
IRIS-Studie
Phase-III, in der Imatinib mit Interferon+AraC verglichen wurde, und die zur Marktzulassung von Imatinib führte. Viele der 1106 Patienten werden bis heute weiter in der Studie betreut, wodurch Langzeit-Sicherheitsdaten gesammelt werden. IRIS steht für International Randomized trial of Interferon/Ara-C versus STI571.
Hämatologe
Arzt, der sich auf Erkrankungen des Blutes, darunter auch Leukämien, spezialisiert hat (Der Wortstamm „Häm-" kommt aus dem Griechischen und "bedeutet „Blut")
Interferon
Im Zusammenhang mit Leukämien üblicherweise Interferon-Alpha gemeint. Interferon (von engl. to interfere eingreifen, sich einmischen) ist ein Protein, das eine immunstimulierende und Tumorzellen angreifende Wirkung entfaltet. Es wird als körpereigenes Gewebshormon gebildet, v.a. von Leukozyten, Monozyten und Fibroblasten, kann aber auch als Medikament in körperunüblich hohen Dosen gegen Leukämien eingesetzt werden.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
palliativ
Therapie zur Linderung von Symptomen oder zur Verhütung von Komplikationen bei unheilbaren Krebserkrankungen
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Dasatinib
Handelsname Sprycel, Laborname BMS-354825, hemmt u.a. die BCR-ABL- und SRC-Tyrosinkinasen. Zugelassen in der EU seit 2006 für die Behandlung von CML und Ph+ALL.
Nilotinib
Nilotinib, Handelsname Tasigna, Laborname AMN107, hemmt u.a. die BCR-ABL-Tyrosinkinase. Zugelassen in der EU seit 2007 für die Behandlung der CML und Ph+ALL.
Bosutinib
Bosutinib (Entwicklungsname SKI-606, Handelsname Bosulif), ein Tyrosinkinaseinhibitor der zweiten Generation.
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Blasten
Unreife Zellen, z. B. Blutzellvorläufer im Blut oder Knochenmark
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
T315I
Die T315I-Mutation ist eine Punktmutation, bei der an Position 944 des ABL-Gens Cytosin gegen Thymin ersetzt wird. Dadurch wird im kodierten Protein die Aminosäure Threonin gegen Isoleucin ausgetauscht.
oral
Den Mund betreffend, am Mund gelegen, durch den Mund
Klon
Meist Zellklon gemeint. Gruppe von genetisch identischen Zellen, die alle durch Teilung aus einer einzigen Mutterzelle hervorgegangen sind und identische Merkmale haben
IC50
Der IC50-Wert gibt die Konzentration (Inhibitory Concentration) eines
Enzymhemmers/Inhibitors (wie Imatinib, Dasatinib, Nilotinib) an, die nötig ist, um ein bestimmtes Enzym (wie BCR-ABL) in vitro (im Reagenzglas) zu blockieren. Dabei wird die Konzentration des Wirkstoffs gemessen, bei der die Aktivität des Enzyms auf die Hälfte (= 50%) abgenommen hat.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
PCR
Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction: Untersuchungsverfahren zur schnellen Vervielfältigung (Amplifikation) bestimmter Abschnitte der RNA oder DNA.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Vollständige zytogenetische Remission
Vollständige Normalisierung des Blutbilds. Unreife weiße Blutkörperchen sind nicht mehr nachweisbar. Eine möglicherweise zuvor vergrößerte Milz hat ihre Normalgröße wieder erreicht.
Knochenmarktransplantation
Bei der Knochenmarktransplantation werden einem Empfänger CD34-positive hämatopoetische Stammzellen, entweder eines Spenders (allogen) oder seine eigenen, zuvor entnommenen (autolog), transplantiert.
Minimale Resterkrankung
Eine Art von tiefer Remission bei CML, bei der BCR-ABL dennoch mittels PCR nachweisbar ist
Zweitlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Erhaltungstherapie
Über eine längere Zeitperiode fortgeführte Chemotherapie, die den Erfolg der Induktions- und Konsolidierungstherapie stabilisieren soll
Erstlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Ansprechrate
Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung sich durch eine bestimmte Behandlung zurückbildet
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Hämatologe
Arzt, der sich auf Erkrankungen des Blutes, darunter auch Leukämien, spezialisiert hat (Der Wortstamm „Häm-" kommt aus dem Griechischen und "bedeutet „Blut")
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
T315I
Die T315I-Mutation ist eine Punktmutation, bei der an Position 944 des ABL-Gens Cytosin gegen Thymin ersetzt wird. Dadurch wird im kodierten Protein die Aminosäure Threonin gegen Isoleucin ausgetauscht.
Klon
Meist Zellklon gemeint. Gruppe von genetisch identischen Zellen, die alle durch Teilung aus einer einzigen Mutterzelle hervorgegangen sind und identische Merkmale haben
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
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