Die schnellen diagnostischen und therapeutischen Fortschritte in Bezug auf
chronische myeloische Leukämie (CML) in den letzten 10 Jahren haben zu einer zunehmenden Komplexizität der Behandlung von CML-Patienten geführt. Betroffene stehen daher oftmals vor der schwierigen Wahl, sich zwischen
Glivec,
Interferon Alpha oder einer
allogenen Stammzelltransplantation zu entscheiden - oder gar einer Kombination oder Variante dieser Optionen. Auch eine Teilnahme an einer Studie sollte vom Patienten vor Beginn einer Therapie ernsthaft bedacht werden.
In den vergangenen Jahren hat sich die Standardtherapie der CML stark verändert. Jede der heute möglichen Therapieoptionen hat unterschiedliche Erfolgswahrscheinlichkeiten, Ungewissheiten und Nebenwirkungsprofile. Betroffenen ist daher zum Zeitpunkt der Diagnose zu empfehlen, die relativen Vor- und Nachteile der einzelnen Therapieoptionen mit Experten, die sich auf das Gebiet der CML-Therapie spezialisiert haben, zu besprechen. Diese können dann eine auf der aktuellsten Datenlage beruhende Therapiestrategie unter Berücksichtigung des individuellen Risikoprofils entwickeln.
Aktuell in der Praxis und in fortgeschrittenen Studien verwendete Therapiebausteine sind
Imatinib (
Glivec),
Interferon alpha in der konventionellen (Roferon A oder Intron A) oder pegylierten Form ("Langzeit-
Interferon-Alpha" wie Pegasys oder PEG-Intron), und die
allogene Stammzelltransplantation. Die Abfolge verschiedener Therapien und gegebenenfalls auch Kombinationen sollte in einem individuellen ausführlichen Gespräch mit dem CML-Experten diskutiert werden. Langzeitergebnisse (von mehr als sieben Jahren) sind bisher leider nur für die
allogene Stammzelltransplantation und die
Interferon-Therapie bekannt. Trotz sehr guter anfänglicher
Ansprechraten liegen langfristige Überlebensdaten einer Therapie mit
Glivec bisher noch nicht vor; der Beobachtungszeitraum im Rahmen von Studien liegt hierbei erst bei rund zwei Jahren.
Oftmals besteht für den Patienten auch die Möglichkeit der Teilnahme an einer Studie. Die Studien ermöglichen der aktuellen Forschung, nach wiederholbaren Erfolgen einer zukünftigen Therapie zu suchen, die mehr Menschen wirksamer und verläßlicher hilft als die aktuelle Standardtherapie. Dabei erhält der einzelne Patient ein risikoorientiertes Therapiemanagement unter standardisierten hämatologischen, zytogenetischen und molekularbiologischen Kontrollen. Diese Kontrollen sind im Rahmen von Studien oftmals intensiver, als es bei der rein individuellen Therapie unter dem auf den Krankenkassen lastenden Kostendruck möglich wäre. Eine Therapiestudie darf in Deutschland nur nach Zustimmung einer Ethikkommission, die die Ziele streng auf deutliches Verbessrungspotential gegenüber der Standardtherapie überprüft, durchgeführt werden.
Für neu diagnostizierte, nicht vorbehandelte oder mit Hydroxyurea (Litalir oder Syrea) vorbehandelte, CML-Patienten steht in Deutschland momentan die Teilnahme an der "CML-Studie IV" offen, die die Therapiearme
Glivec-
Monotherapie,
Interferon-Alpha-
Monotherapie,
Glivec mit niedrigdosiertem
Interferon-Alpha,
Glivec mit niedrigdosiertem Ara-C gegenüberstellt. Hochrisikopatienten werden dabei nur auf die
Imatinib-Zweige
randomisiert; eine
allogene Stammzelltransplantation wird bei diesen Patienten und bei jungen Patienten unter 20 Jahren bei Vorhandensein eines Spenders baldmöglichst, bei allen anderen Patienten bei mangelhaftem Ansprechen auf
Glivec empfohlen. Seit Start der Studie im Juli 2002 haben sich 160 Patienten - und damit 10% der in einem Zeitraum von vier bis fünf Jahren geplanten Teilnehmerzahl - an verschiedenen CML-Zentren in Deutschland zur Teilnahme an dieser Studie entschlossen.
Weitere CML-Studien mit anderen Varianten sind zur Zeit in Vorbereitung und liegen der Ethikkommission zur Bewertung vor.
ZusammenfassungDie hohe Komplexizität der verschiedenen CML-Therapie-Möglichkeiten erfordert, mit einem CML-Experten mögliche Therapieoptionen und darauf folgende Alternativen zu diskutieren und von diesem eine konsequente hämatologische, zytogenetische und molekulare Kontrolle und Bewertung der Ergebnisse durchführen zu lassen. Die Therapie der CML ist dabei meist gut in der niedergelassenen internistischen oder hämatologischen Praxis durchführbar. Eine Vorstellung in einem hämatologischen Zentrum mit spezialisierten CML-Experten ist zur Planung der langfristigen Therapiestrategie dennoch anzuraten.
KontaktAuskünfte zur
Diagnostik und Therapie der CML und zu aktuellen Studien sind
erhältlich über die
CML-StudienzentraleIII. Medizinische Universitätsklinik
Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg
Wiesbadener Strasse 7-11
68305 Mannheim
Tel.: 0621 383 4168
Fax: 0621 383 4239
e-mail:
Web:
http://www.ma.uni-heidelberg.de/inst/med3/cmlstudi.htmlWeitere Links
allogene Stammzelltransplantation
Bei der allogenen Transplantation handelt es sich um eine Form der Stammzelltransplantation, die bei malignen hämatologischen Erkrankungen zum Einsatz kommt. Dabei werden Blutstammzellen von einem Spender zu einem Empfänger übertragen (Spender und Empfänger sind hierbei nicht dieselbe Person).
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Ansprechrate
Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung sich durch eine bestimmte Behandlung zurückbildet
Monotherapie
Behandlung mit nur einem Medikament
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Diagnostik
Gesamtheit der Untersuchungen, die der Feststellung oder genaueren Abklärung einer Erkrankung dienen
Interferon
Im Zusammenhang mit Leukämien üblicherweise Interferon-Alpha gemeint. Interferon (von engl. to interfere eingreifen, sich einmischen) ist ein Protein, das eine immunstimulierende und Tumorzellen angreifende Wirkung entfaltet. Es wird als körpereigenes Gewebshormon gebildet, v.a. von Leukozyten, Monozyten und Fibroblasten, kann aber auch als Medikament in körperunüblich hohen Dosen gegen Leukämien eingesetzt werden.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Randomisierung
Patienten mit einem oder mehreren gleichen Charakteristika (z.B. gleiche Erkrankung, Krankheitsstadium, Geschlecht, Alter) werden nach einem Zufallsverfahren in verschiedene Behandlungsgruppen (Arme der Studie) eingeteilt. Jede Gruppe erhält eine unterschiedliche Behandlung. Das Zufallsverfahren ist erforderlich, um die Ergebnisse bzw. Ansprechraten möglichst objektiv zwischen mehreren gleichartigen Gruppen vergleichen zu können.
Ansprechrate
Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung sich durch eine bestimmte Behandlung zurückbildet
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
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