Die Gesamtzahl der Sterbefälle durch Krebs geht in Deutschland weiterhin zurück, während die Zahl der Krebsneuerkrankungen steigt, so die Veröffentlichung "Krebs in Deutschland" der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (GEKID) und dem Robert-Koch-Institut Veröffentlichung. Epidemiologische Krebsregister sind unverzichtbar, um Informationen über die Verbreitung von Krebs zu gewinnen und Daten für die Suche nach Krebbsursachen zu erhalten. Trotz großer Fortschritte in der Krebsregistrierung existieren aber noch Erfassungsdefizite bei bestimmten Krebskrankheiten, insbesondere bei Leukämien und Lymphomen. Jährlich erkranken insgesamt etwas mehr als 10.250 Menschen in Deutschland an Leukämien. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 60 Jahren für Männer und 65 Jahren für Frauen. 

Die Gesamtzahl der Sterbefälle durch Krebs geht in Deutschland weiterhin zurück. Sie hat im Jahr 2002 rund 209.000 betragen. Im Jahr 1998 lag sie bei 212.000 krebsbedingten Sterbefällen. Gestiegen ist dagegen die Zahl an Krebsneuerkrankungen. Das Robert Koch-Institut schätzt die Zahl der Krebsneuerkrankungen in Deutschland im Jahr 2002 auf circa 425.000, davon 218.000 bei Männern und 206.000 bei Frauen. Damit konnte eine ältere Schätzung (aus dem Jahr 2004) angepasst werden. Die neue Schätzung für den Gesamtzeitraum von 1980 bis 2002 liegt um 30.000 Erkrankungsfälle höher. Sie basiert auf der breiter gewordenen Grundlage der Daten vollzählig erfassender epidemiologischer Krebsregister der Länder.

Die Zunahme der Erkrankungsfälle ist im wesentlichen Ergebnis der vermehrten, frühzeitigen Entdeckung bestimmter Krebskrankheiten die nicht zuletzt bedingt ist, durch die Teilnahme am Krebs- Früherkennungsprogramm der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die von der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (GEKID) und dem RKI gemeinsam erstellte Veröffentlichung "Krebs in Deutschland, Häufigkeiten und Trends" erscheint Ende Februar in 5. Auflage und ist vorab im Internet abrufbar. Unter allen im Einzelnen untersuchten Krebskrankheiten wiesen nur Krebskrankheiten der Speiseröhre, der Bauchspeicheldrüse und besonders der Lunge jeweils bei Frauen während der letzten zehn Jahre sowohl zunehmende Erkrankungs- als auch Sterberaten auf. Ein Zusammenhang mit dem Zigarettenrauchen ist wahrscheinlich. Im Übrigen gilt, dass insgesamt heute bei mehr Männern und Frauen Tumoren aufgespürt werden, an denen jedoch zunehmend weniger sterben müssen.

"Das zeigt wie wichtig die Früherkennung von Krebs ist. Deshalb muss die begonnene flächendeckende Einführung des Mammographie-Screening zügig fortgeführt werden. Und wir müssen neue Möglichkeiten der Früherkennung in die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung einbeziehen, wie es bei der Früherkennung von Darmkrebs erfolgt ist", sagt Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit.

Epidemiologische Krebsregister sind unverzichtbar, um Informationen über die Verbreitung von Krebs zu gewinnen und Basisdaten unter anderem für die Suche nach Ursachen von Krebs oder für die Bewertung von Versorgungsmaßnahmen wie zum Beispiel für die Mammographie zu erhalten. Die Daten, die die Krebsregister der Bundesländer sammeln, werden im RKI zusammengeführt und übergreifend ausgewertet.

Zur aktuellen Schätzung haben mehr Krebsregister als noch vor zwei Jahren mit ihren Daten beigetragen. Dadurch hat die Schätzung an Sicherheit und Repräsentativität gewonnen. Durch die Fortschritte bei der vollzähligen Erfassung von Krebserkrankungen werden auch andere Vorhaben möglich, etwa eine Studie zur Effektivität der Darmspiegelung zur Früherkennung von Darmkrebs. "Diese positive Entwicklung ist auch den Anstrengungen der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (GEKID) zu verdanken", betont Ulla Schmidt. Der im April 2004 gegründeten GEKID gehören neben allen epidemiologischen Krebsregistern in Deutschland auch Wissenschaftler aus dem Bereich der Krebsepidemiologie an.

Trotz großer Fortschritte in der Krebsregistrierung existieren aber noch Erfassungsdefizite bei bestimmten Krebskrankheiten, insbesondere bei Leukämien und Lymphomen. Erst bei einem Erfassungsgrad von mindestens neunzig Prozent aller auftretenden Krebsfälle ist eine effektive Nutzung der Daten möglich. Deshalb ist die Mitarbeit aller Ärzte und Zahnärzte, die an der Diagnostik, Therapie oder Nachsorge beteiligt sind, entscheidend. "Ich fordere alle Ärztinnen und Ärzte auf, sich an der Datensammlung für die Krebsregister in Deutschland zu beteiligen", sagt Ulla Schmidt. Auch Patienten können dazu beitragen, indem sie ihren Arzt zur Meldung an das Krebsregister auffordern.

Auszug zum Thema Leukämien aus der 108-seitigen Veröffentlichung "Krebs in Deutschland" (hier Download der kompletten PDF-Datei, ca. 6,5 MB):

Leukämien

Verbreitung: Leukämien haben ihren Ursprung im Knochenmark und werden nach akuten und chronischen Verlaufsformen sowie dem Befall unterschiedlicher Zellarten klassifiziert. Die Hauptentitäten – akute lymphatische Leukämie (ALL), akute myeloische Leukämie (AML), chronisch myeloische Leukämie (CML) und chronisch lymphatische Leukämie (CLL) – weisen wesentliche Unterschiede im Hinblick auf Epidemiologie, Erkrankungsbiologie und Prognose auf. Besonders anzumerken ist, dass auf Grund neuerer molekularbiologischer Erkenntnisse CLL als niedrig maligne, leukämisch verlaufende Lymphome klassifiziert werden. Hieraus ergibt sich eine Unschärfe in der Abgrenzung der Leukämien zu den Non-Hodgkin-Lymphomen. Jährlich erkranken insgesamt etwas mehr als 10.250 Menschen in Deutschland (ca. 5.500 Männer und 4.750 Frauen) an Leukämien. Das mittlere Erkrankungsalter liegt auf Grund der Altersverteilung mit zwei Gipfeln bei vergleichsweise niedrigen 60 Jahren für Männer und 65 Jahren für Frauen. Während chronische Leukämieformen nur im Erwachsenenalter vorkommen, tritt die ALL am häufigsten im Kindesalter auf. Die AML kommt in jedem Lebensalter vor, erreicht ihren Häufigkeitsgipfel aber erst bei alten Menschen.

EU-Vergleich: Im europäischen Vergleich liegen die für Deutschland ermittelten Erkrankungsraten der Männer im mittleren Drittel. Höhere Raten beobachtet man zum Beispiel in Luxemburg, Dänemark und Belgien. Die niedrigsten Raten für beide Geschlechter sind in Finnland und Polen zu beobachten, wobei die Unterschiede insgesamt gering sind. Bei den Frauen wurden für Frankreich, Malta und Dänemark höhere Raten ausgewiesen.

Risikofaktoren: Für viele Leukämien kann kein direkter Ursache-Wirkungs-Bezug hergestellt werden. Bekannte, aber vergleichsweise selten tatsächlich nachweisbare Auslöser akuter Leukämien sind ionisierende Strahlung, Zytostatika und verschiedene Chemikalien wie zum Beispiel Benzol. Auch wird diskutiert, ob ein ungenügendes Training des Immunsystems im Kindesalter zur Risikosteigerung beiträgt. Seltene genetische Veränderungen können das Erkrankungsrisiko erhöhen. Der Einfluss von Viren wird diskutiert, gilt jedoch nicht als eindeutig belegt. Ein Zusammenhang mit der Exposition gegenüber niederfrequenten elektromagnetischen Feldern konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Die Ursachen der chronischen Leukämien, den häufigsten leukämischen Erkrankungen der Erwachsenen, sind weitgehend ungeklärt. Derzeit beforscht werden (erworbene oder ererbte) genetische Veränderungen, die möglicherweise zu einem erhöhten Risiko beitragen.

Trend: Die Neuerkrankungsraten in den 1970er und 1980er Jahren im Saarland steigen für Männer deutlich, für Frauen weniger deutlich an, während für die DDR kein Trend erkennbar ist. Gemäß der aktuellen Schätzung veränderten sich die Erkrankungsraten für Männer und Frauen in den letzten 10 Jahren kaum, wenngleich die Inzidenz bei den Männern höher liegt als bei den Frauen. Die Mortalitätsraten zeigen sich bei Männern seit Anfang der 1980er Jahre, bei Frauen schon ab Mitte der 1970er Jahre deutlich rückläufig.

Prognose: Die relative 5-Jahres-Überlebensrate beträgt für Männer 46%, für Frauen 44%, nach 42% 7 bis 9 Jahre zuvor. Im Mittel sind die Überlebensaussichten von Kindern weit besser als von Erwachsenen. Am ungünstigsten sind die Überlebensaussichten mit AML im Alter über 65 Jahren.

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Quelle: "Krebs in Deutschland: Häufigkeiten und Trends" , GEKID, RKI 2006



Herausgeber:
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Quelle:
IDW-Mitteilung des RKI vom 17.02.2006

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