Berichtet auf der Konferenz der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie (ASH) 2015.
Einleitung: Ponatinib ist ein potenter, oral verabreichter Tyrosinkinasehemmer, zugelassen für Patienten mit refraktärerer CML und Ph+-ALL einschließlich derjenigen Patienten mit der resistenten BCR-ABL-T315I-Mutation. Um zu bewerten, ob sich die Patientencharakteristik und die Therapieergebnisse abhängig vom Ausmaß der Vorbehandlung mit anderen TKI unterscheidet, untersucht diese post hoc-Analyse die Ergebnisse der CML-Patienten in chronischer Phase, die in die Phase-2 PACE-Studie (NCT01207440) eingeschrieben wurden, entsprechend der Anzahl der TKI, mit denen die Patienten vor dem Eintritt in diese Studie vorbehandelt wurden. Aktualisierte 4-Jahresdaten werden vorgestellt.
Methoden: Patienten mit CML oder Ph+ALL, mit Resistenzen oder Unverträglichkeiten gegenüber Dasatinib oder Nilotinib oder mit der T315I-Mutation, wurden eingeschrieben (N=449) Die Ausgangsdosis von Ponatinib betrug 45 mg einmal täglich. Die Patienten mit CML in chronischer Phase wurden nach der Zahl der vorausgegangenen Behandlungen mit 1,2,3 oder 4 TKI für die Behandlung von CML in chronischer Phase bewertet (Imatinib, Dasatinib, Nilotinib und Bosutinib). Die Daten dieser Zusammenfassung wurden bis zum 2. Februar 2015 erfasst.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 270 Patienten mit CML in chronischer Phase in PACE eingeschrieben und behandelt. Die Patientencharakteristik und deren Disposition unterschied sich entsprechend der Anzahl der vorausgegangenen Behandlungen mit TKI (Tabelle 1). Sowohl der Altersmedian und der Median der Zeit seit der Diagnose stieg mit der Zahl der vorausgegangenen TKI-Behandlungen. Der Dosismedian war am höchsten bei Patienten, die erst mit einem TKI vorbehandelt waren. Die häufigsten Gründe für das Absetzen der Behandlung waren Nebenwirkungen und Rückzug aus der Studie auf Wunsch des Patienten. Das Ansprechen in Abhängigkeit von der Zahl der Vorbehandlungen mit TKI wird in Tabelle 2 dargestellt. Die Anteile zytogenetischen und molekularen Ansprechens waren höher, je weniger TKI-Vorbehandlungen durchgeführt worden waren. Während die Häufigkeit der Nebenwirkungen keinem konsistenten Trend folgte, hat sich die Häufigkeit der Nebenwirkungen ≥ Grad 3 anscheinend mit der Zahl der Vorbehandlungen erhöht (jeweils 68%, 86%, 89% und 100%).; Nebenwirkungen ≥ Grad 3 waren bei insgesamt ≥ 10% der CML-Patienten Thrombozytopenie (35%), Neutropenie (17%), Bluthochdruck (13%), Lipaseanstieg (12%) und Unterleibsschmerzen. Ein ähnliches Muster war für schwerwiegende Nebenwirkungen erkennbar, die bei jeweils 58%, 53% 62% und 92% der Patienten mit1,2,3 oder 4 der zugelassenen TKI vorbehandelt worden waren. Schwerwiegende Nebenwirkungen bei ≥5% der CML-Patienten in chronischer Phase insgesamt waren Bauchspeicheldrüsenentzündungen (7%), Angina Pectoris (5%) und Lungenentzündungen (5%). Die Häufigkeit arterieller Verschlusserkrankungen betrug 32% (6 von 19), 26% (25/98), 28% (39/141) und 42% (5/12) mit zunehmender Zahl der TKI-Vorbehandlungen. Die angepassten Auftretenswahrscheinlichkeiten waren jeweils 11.75, 10.4, 12.6 und 33.3 Vorfälle pro 100 Patientenjahre.
Schlussfolgerung: Nach vier Jahren Beobachtungsdauer ist Ponatinib immer noch vorteilhaft für die in der PACE-Studie verbliebenen Patienten mit CML in chronischer Phase. Die Untersuchung der Behandlungsgeschichte deutet darauf hin, dass Patienten, die weniger TKI vor Eintritt in die Studie erhalten haben, eine bessere Wirksamkeit und Verträglichkeit zeigen. Trotzdem sollten die Behandlungsentscheidungen primär aufgrund individueller Patienten- und Krankheitsfaktoren gefällt werden, einschließlichdes Mutationsstatus, und die Ärzte sollten Nutzen und Risiken einer Verschreibung von Ponatinib abwägen.
Tabelle 1: Patientencharakteristik und Zusammenstellung nach Anzahl der Vorbehandlungen mit TKI.
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1 TKI
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2 TKI
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3TKI
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4TKI
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n=19
|
n=98
|
n=141
|
n=12
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Altersmedian zu Beginn (Jahre)
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52
|
58
|
63
|
67
|
Median von Diagnose bis zur ersten Ponatinib-Dosis, Jahre
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2.8
|
5.2
|
7.9
|
12.4
|
Dosismedian (mg/d)
|
34
|
28.7
|
29.9
|
31
|
Mutationen zu Beginn der Studie, %
|
68
|
51
|
43
|
75
|
T315I zu Beginn der Studie, %
|
63
|
31
|
16
|
0
|
Vorbehandlungen
|
|
|
|
|
Imatinib, %
|
68
|
97
|
100
|
100
|
Dasatinib, %
|
21
|
66
|
96
|
100
|
Nilotinib, %
|
5
|
36
|
96
|
100
|
Bosutinib, %
|
5
|
1
|
7
|
100
|
Verbleib in der Studie, %
|
53
|
48
|
40
|
8
|
Abgesetzt, %
|
47
|
52
|
60
|
92
|
Haupgrund für das Absetzen
|
|
|
|
|
Nebenwirkungen, %
|
16
|
18
|
17
|
33
|
Patientenwunsch, %
|
5
|
11
|
11
|
25
|
Progression der Erkrankung, %
|
16
|
5
|
13
|
0
|
Mangelnde Wirksamkeit, %
|
0
|
2
|
9
|
8
|
Tod, %
|
0
|
2
|
3
|
17
|
Andere*, %
|
11
|
13
|
8
|
8
|
Median der Beobachtungsdauer, Monate
|
42.3
|
42.9
|
42.1
|
28.2
|
* Einschliesslich mangelnder Therapietreue, Entscheidung des Arztes, Verstoss gegen das Protokoll und andere Gründe.
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Tabelle 2: Ansprechen auf Ponatinib nach Anzahl der Vorbehandlungen mit TKI
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1 TKI
|
2 TKI
|
3 TKI
|
4 TKI
|
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n=16**
|
n=98
|
n=141
|
n=12
|
MCyR
|
12 (75%)
|
69 (70%)
|
69 (49%)
|
7 (58%)
|
CCyR
|
12 (75%)
|
63 (64%)
|
63 (45%)
|
4 (33%)
|
MMR
|
10 (63%)
|
41 (42%)
|
51 (36%)
|
1 (8%)
|
MR4
|
6 (38%)
|
30 (31%)
|
38 (27%)
|
1 (8%)
|
MR 4.5
|
4 (25%)
|
22 (22%)
|
34 (24%)
|
1 (8%)
|
** 16 von 19 Patienten konnten für die Wirksamkeitsauswertung herangezogen werden.
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Thrombozytopenie
Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten), kann eine Blutungsneigung mit kleinfleckigen Blutungen in Haut und Schleimhäuten oder in Organen hervorrufen
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Disposition
Ererbte oder erworbene besondere Anfälligkeit bzw. Bereitschaft des Organismus, auf bestimmte Schädlichkeiten außergewöhnlich - meist im Sinne einer Erkrankung ? zu reagieren, u. zwar in Abhängigkeit von allgemeinen u. individuellen Faktoren.
Progression
Das Fortschreiten einer Krebserkrankung
Neutropenie
Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut - bestimmter weißer Blutzellen, die besonders für die Abwehr gegen Bakterien und Pilze wichtig sind
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Zytopenie
Zellzahlverminderung im Blut. Je nach dem, welcher Zelltyp verringert ist, spricht man auch von z.B. Leuko-, Granulo-, Lympho-, Mono-, Erythro- oder Thrombozytopenie.
Dasatinib
Handelsname Sprycel, Laborname BMS-354825, hemmt u.a. die BCR-ABL- und SRC-Tyrosinkinasen. Zugelassen in der EU seit 2006 für die Behandlung von CML und Ph+ALL.
Nilotinib
Nilotinib, Handelsname Tasigna, Laborname AMN107, hemmt u.a. die BCR-ABL-Tyrosinkinase. Zugelassen in der EU seit 2007 für die Behandlung der CML und Ph+ALL.
Ponatinib
Ponatinib (Entwicklungsname AP24534, Handelsname Iclusig), ein Tyrosinkinaseinhibitor der dritten Generation
Bosutinib
Bosutinib (Entwicklungsname SKI-606, Handelsname Bosulif), ein Tyrosinkinaseinhibitor der zweiten Generation.
Protokoll
Gebräuchlicher Ausdruck für ein Behandlungsschema; bei klinischen Studien auch Prüfplan genannt
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Phase I
Die klinische Erprobung eines Medikaments erfolgt in der Regel in drei Phasen, um Menschen vor noch unbekannten gefährlichen und unerwünschten Nebenwirkungen zu schützen und um die finanziellen Mittel möglichst effizient einzusetzen. In einer Phase-I-Studie wird ein Medikament von wenigen Testpersonen eingenommen. Dabei wird untersucht, ob das Medikament gut verträglich ist, welche Nebenwirkungen auftreten und welche Dosierungsart optimal ist. Diese Studien werden ohne Kontrollgruppe durchgeführt.
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Grad 3
starke Nebenwirkung, Unterbrechung der Therapie oftmals notwendig
Lipase
Eine Lipase ist ein Enzym, das Fett in deren Bestandteile zerlegt.
T315I
Die T315I-Mutation ist eine Punktmutation, bei der an Position 944 des ABL-Gens Cytosin gegen Thymin ersetzt wird. Dadurch wird im kodierten Protein die Aminosäure Threonin gegen Isoleucin ausgetauscht.
oral
Den Mund betreffend, am Mund gelegen, durch den Mund
CCyR
Sinkt die Zahl der Leukämiezellen mit Philadelphia-Chromosom in der Folge unter die Nachweisgrenze zytogenetischer Methoden, bezeichnet man dies als vollständige zytogenetische Remission: CCyR.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
MMR
Gutes molekulares Ansprechen, bei der die BCR-ABL-Transkripte weniger als 0,1% (nach Internationaler Skala IS) der insgesamt untersuchten Gentranskripte ausmachen
MR4
Tiefe molekulare Remission, bei der die BCR-ABL-Transkripte weniger als 0,01% (nach Internationaler Skala IS) der insgesamt untersuchten Gentranskripte ausmachen
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
MR
Molekulares Ansprechen (= molecular response (engl.). Es wird ausgedrückt durch die Anzahl der CML-spezifischen Gene im Blut
Philadelphia-Chromosom
Charakteristisches Merkmal der chronisch myeloischen Leukämie. Die Chromosomenmutation entsteht durch Transfer des Hauptteils des langen Arms von Chromosom 9 nach Chromosom 22 (= Translokation).
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Protokoll
Gebräuchlicher Ausdruck für ein Behandlungsschema; bei klinischen Studien auch Prüfplan genannt
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
T315I
Die T315I-Mutation ist eine Punktmutation, bei der an Position 944 des ABL-Gens Cytosin gegen Thymin ersetzt wird. Dadurch wird im kodierten Protein die Aminosäure Threonin gegen Isoleucin ausgetauscht.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
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