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Im wissenschaftlichen Programm des EHA-Kongresses in Stockholm hat Giora Sharf, einer der Gründer des CML Advocates Network, die Ergebnisse der weltweiten Befragung von 2546 CML-Patienten aus 79 Ländern vorgestellt, an der auch Leukämie-Online teilgenommen hat. Die Ergebnisse sind ernüchternd: rund ein Drittel der CML-Patienten vergaß im letzten Monat die Einnahme von durchschnittlich 3 Tabletten, jeder zehnte nahm sogar mit Absicht die Therapie nicht wie verschrieben ein. Dabei ist aus früheren Studien bekannt, dass schon das Vergessen von mehr als 10% der verschriebenen Dosis, also mehr als 3 Tabletten pro Monat, das Ziel einer Vollremission gefährden kann.

Um die Mechanismen besser zu verstehen, hat eine von Giora Sharf und Jan Geissler initiierte Arbeitsgruppe von CML-Patientenorganisationen und zwei CML-Forschern im Jahr 2012 einen Fragebogen in 12 Sprachen entwickelt, der die Beweggründe der fehlenden Therapietreue untersuchen und mögliche Handlungswege aufzeigen sollte. Das CML Advocates Network, ein Verbund von 77 CML-Patientenorganisationen in 61 Ländern, erhielt zwischen dem Welt-CML-Tag am 22.09.2012 und dem 30.01.2013 insgesamt Antworten von 2546 CML-Patienten in 79 Ländern. Hiervon waren 345 Antworten aus Deutschland. Während in den meisten Ländern die Befragung online erfolgte, wurden in Deutschland, Frankreich und Italien mit Unterstützung der CML-Studiengruppen zusätzlich Papierfragebögen mit frankierten Rückumschlägen verteilt.

Das Therapietreueverhalten wurde mit der wissenschaftlich validierten Morisky-Therapietreueskala (MMAS-8) erfragt, die die Einordnung von Patienten in niedrige, mittlere und hohe Therapietreue erlaubt und die bereits in andereren Erkrankungen wie Diabetes erfolgreich eingesetzt wurde. Der Algorithmus bezieht Faktoren wie Vergessen, den absichtlichen Stopp wegen Unwohlsein, das Unterbrechen von üblichen Tagsabläufen wie z.B. Reisen, das Stoppen bei gefühltem Behandlungserfolg oder pure Bequemlichkeit mit ein.

Die Antworten wurden von Patienten zuhause erfasst und anonymisiert an ein unabhängiges Datenzentrum zur Analyse übermittelt. Insgesamt wurden 2546 Fragebögen von volljährigen CML-Patienten in Tyrosinkinasehemmer-Therapie analysiert. 2151 Fragebögen wurden online beantwortet, 395 erfolgten in Papierform. 52.4% der Teilnehmer waren männlich. Das Durchschnittsalter war 50 Jahre (Bereich 18-96 Jahre). Nach Morisky-Therapietreueskala waren 33% der Patienten höchst therapietreu, während 47% und 21% den mittleren und unteren Therapietreuegruppen zuzuordnen waren. Verschiedene Faktoren beeinflussten die Therapietreue: Männer waren häufiger therapietreu als Frauen (57.3% vs. 42.7%). Weniger therapietreue Patienten waren im Durchschnitt jünger (wenig therapietreu 44.8 Jahre, mittel 50.6 Jahre, sehr therapietreu 58.8 Jahre). Patienten, die mit einem Partner oder Familienmitglied zusammen leben, sind therapietreuer, was nahelegt, dass Therapietreuemaßnahmen nicht nur auf Patienten, sondern auch auf ihre Verwandten abgestimmt werden sollten.

Imatinib scheint mit höherer Therapietreue als Nilotinib verbunden zu sein. So waren unter Nilotinib nur 25% aller Patienten sehr therapietreu und 27% wenig therapietreu, während unter Imatinib 36% sehr therapietreu und 19% wenig therapietreu waren. Bei Dasatinib waren die Anteile 33% und 21%. Dies mag auch daran liegen, dass Nilotinib von den meisten Patienten zweimal täglich eingenommen wird (91.2% aller Nilotinib-Patienten), während Imatinib und Dasatinib meist nur einmal täglich verabreicht werden (Imatinib 86.8% einmal täglich, 92.5% Dasatinib einmal täglich). Die Häufigkeit der Einnahme war ein statistisch signifikanter Einflussfaktor für die Therapietreue. Interessant ist, dass die Abenddosis von den wenig therapietreuen Patienten etwas häufiger vergessen wurde als eine Morgendosis.

Die Hauptgründe für unabsichtliche Nichteinnahme sind Vergessen (41%) und Unterbrechung der täglichen Einnahmeroutine (27%), z.B. durch Reisen oder Veranstaltungen. Mehr als zwei Drittel aller Patienten gaben an, dass ein routinemäßiger Ablauf des Tages oder der Einnahmeprozedur ihre Therapietreue stark unterstützt.

Als Maßnahmen zur Erhöhung der Therapietreue werden 43% von Familienmitgliedern an die Einnahme erinnert, 40% nutzen spezielle Tablettenschachteln, und 24% nutzen Erinnerungen auf Mobiltelefonen. Interessanterweise gab jeder vierte Patient an, dass Erinnerungen über Handys und Smartphone-Apps genutzt würden, wenn sie verfügbar wären.

Die große Mehrheit der Patienten (85.7%) ist sich der Bedeutung der CML-Therapie für ihre Gesundheit im Klaren. Interessanterweise hatte jeder fünfte Patient, der sich selbst auf einer Skala von 1-5 mit "5" als absolut therapietreu einschätzte (79% aller Patienten), im vergangenen Monat die Einnahme von Tabletten vergessen, was einen Unterschied zwischen Selbstwahrnehmung und Realität wiederspiegelt. Die Hauptgründe waren Unwohlsein (35%) und der Wunsch, Nebenwirkungen zu reduzieren (26%), von welchen 4 von 5 Patienten Magen-Darm-Nebenwirkungen und 17% Haut-Nebenwirkungen als Grund für das Unterlassen der Einnahme angaben. Patienten gaben an, dass die Medikation ihr Arbeitsleben (26%) und ihr Sozialleben (23.5%) beeinflusst - beide Faktoren sind verbunden mit dem Maß der Therapietreue. Die wenig therapietreuen CML-Patienten machen sich durchschnittlich weniger Sorgen über die medizinischen Auswirkungen der Nichteinnahme, und haben durchschnittlich größere Bedenken bzgl. Langzeitnebenwirkungen der Medikation.

Ärzte haben eine maßgebliche Rolle auf die Therapietreue ihrer CML-Patienten. Patienten, die ihren Arzt als zugänglich beschrieben, und der ausreichende Informationen über die Erkrankung und Therapie bereitstellt, waren therapietreuer als Patienten mit geringerer Zufriedenheit mit ihrem Arzt. Aktive ärztliche Unterstützung beim Bewältigen von Nebenwirkungen erhöhte ebenfalls die Therapietreue. 85% der sehr therapietreuen Patienten spricht mit ihren Ärzten über Therapietreue, während dies in der wenig therapietreuen Gruppe weniger als die Hälfte tun. Von den sehr therapietreuen Patienten sind über zwei Drittel sehr zufrieden mit der ärztlichen Information (69%) und nur 4% sehr unzufrieden, während weniger als die Hälfte der wenig therapietreuen Gruppe sehr zufrieden war, und jeder siebte dieser Gruppe war sogar sehr unzufrieden.

Zusammenfassung

Dies ist die bisher umfassendste Studie zum Verständnis der Beweggründe für fehlende Therapietreue bei CML. Bessere Informationen über die Erkrankung, Therapie und die Behandlung von Nebenwirkungen, unterstützt durch Hämatologen, ist bedeutend für die Verbesserung der Therapietreue.

Ärzte sollten die Therapietreue ihrer Patienten nicht grundsätzlich annehmen. Sie haben eine zentrale Rolle, diese zu verbessern, indem sie mit ihren Patienten über Nebenwirkungen und Lebensqualität sprechen und ihnen die medizinischen Auswirkungen fehlender Therapietreue auf den Behandlungserfolg erklären.

Regelmäßige Einnahmeabläufe ("Routinen") können die Therapietreue unterstützen. Besonders jüngere Patienten, Patienten mit jahrelanger Einnahme sowie zweimal täglicher Einnahme oder starken Nebenwirkungen sollten in dieser Richtung besonders betreut werden. Unterstützende Maßnahmen - beispielsweise Tablettenschachteln, Erinnerungen auf dem Handy, ab - können helfen, am erfolgsversprechendsten ist jedoch, die Mentalität zur Einnahme positiv zu beeinflussen.

Quelle: "NON-ADHERENCE IN CHRONIC MYELOID LEUKEMIA: RESULTS OF A GLOBAL SURVEY OF 2546 CML PATIENTS IN 79 COUNTRIES". EHA Abstract S1104. Giora Sharf, Verena Hoffmann, Felice Bombaci, Mina Daban, Fabio Efficace, Joëlle Guilhot, Jana Pelouchová, Euzebiusz J. Dziwinski, Jan de Jong, Anthony Gavin, Jan Geissler, sowie Präsentation aus dem EHA-Kongress.

 

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